Veröffentlicht am 28.12.2011 00:00

Philipp auf der Insel


Von red
„Ich packe meinen Koffer ...“		 (Foto: phil)
„Ich packe meinen Koffer ...“ (Foto: phil)
„Ich packe meinen Koffer ...“ (Foto: phil)
„Ich packe meinen Koffer ...“ (Foto: phil)
„Ich packe meinen Koffer ...“ (Foto: phil)

Um mich herum, Philipps dunkelblauen Koffer, wird es nun wirklich hektisch. Soeben hörte ich noch besinnliche Weihnachtslieder, feierliche Kirchenglocken und frohe Stimmen. Für lange Stille und Besinnlichkeit ist jedoch dieses Jahr nicht viel Zeit. Philipp und ich gehen nämlich auf lange Reise.

Goodbye Germany, England we’re coming

Philipp auf der Insel - Kolumne: Austauschschüler Philipp berichtet im Münchner SamstagsBlatt drei Monate lang über seine Erlebnisse und den Unterschieden bzw. Gemeinsamkeiten von Deutschen und Engländern

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So lange ist unser Auslandsaufenthalt „auf der Insel“ nun schon geplant und doch kommen der Abschied und der Aufbruch gar so plötzlich. Philipp hatte schon sehr lange den Traum, in einer der höheren Klassen einige Monate in dem traditionellen stilvollen England zu leben. Im Mai fing er an sich über die bestehenden Möglichkeiten und Angebote zu informieren. Viele Kataloge erreichten in den folgenden Wochen unseren Briefkasten. Nach der Wahl des passenden Angebotes vergingen die Monate wie im Fluge, wenngleich der Aufbruch in das unbekannte Neue weit entfernt zu sein schien.

Ab Dezember aber jagten sich die Neuigkeiten: Wir erfuhren, in welcher Stadt wir die Zeit in „Great Britain“ verbringen werden. Es ist Lancaster, Hauptstadt einer der traditionsreichsten Grafschaften; wir bekamen erstmals Post aus England. Philipps Gastmutter, der 17-jährige Sohn und die 19-jährige Tochter stellten sich vor und schickten Fotos des Hauses und der Umgebung. Viele E-Mails und Telefonate folgten, um schon vor der Ankunft „warm“ zu werden und ein großes Stück Vertrautheit zu gewinnen. Ebenso fand ein Gruß des „Principal“, des Direktors Philipps High-School, den Weg in unseren Briefkasten.

Mittlerweile liege ich geöffnet in der Mitte Philipps Zimmer – das für mich immer das Zeichen ist, dass es bald auf Reise geht – und warte darauf mit all den um mich herumliegenden Dingen bepackt zu werden. Philipp und ich sind schon viel gemeinsam herumgekommen, doch irgendwas ist diesmal anders als sonst. Der Inhalt des Geldbeutels scheint verändert zu sein. Bei unauffälliger näherer Betrachtung fällt mir auf, dass die Geldscheine ein komplett anderes Aussehen haben. Na klar, Philipp erzählte doch vorgestern, dass er noch unbedingt Geld wechseln müsse, da Großbritannien seine Währung auch nach der Euro-Einführung behalten hat. Anstatt vertrauten Euros kann ich nunmehr ausschließlich Pounds im Portemonnaie entdecken.

Am meisten gespannt bin ich darauf, ob sich die vielen Klischees bewähren oder ob wir das glatte Gegenteil antreffen. Diese verbreiteten Vorurteile reichen von dem Wetter und dem Kälteempfinden der rauen Briten über die auszulegende Pünktlichkeit bis zum eintönigen Essen. Philipp und ich haben uns aber entschlossen, so viel wie nur möglich aufzunehmen und Neues zu entdecken und kennenzulernen und falls das eine oder andere Klischee sich bewahrheiten sollte, werden wir die Eigenart mit Schmunzeln selbst übernehmen. Heute Abend wird Philipp wohl keine Zeit mehr finden, um sich um mich zu kümmern, denn heute wird sein Abschied mit Freunden groß gefeiert. Ein letztes Mal in gewohnter Umgebung, bevor wir uns in eine komplett neue Welt begeben, die trotz geographischer Lage alles andere als europäisch ist. Ich werde so lange das Spiel „Ich packe meinen Koffer…“ selbst spielen und hoffe das Höchstgewicht für den Check-In nicht zu überschreiten.

Mir bleibt nur zu sagen: „Kofferdeckel zu, Goodbye Germany, England we’re coming, God save the Queen!“

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