An der Theodor-Heuss-Straße in der Waldkolonie Putzbrunn soll eine neue Asylbewerberunterkunft für 100 bis 120 Personen entstehen.
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Putzbrunn/Landkreis · Asylbewerber nach Putzbrunn Themenseite zur »Bürgerinitiative Putzbrunn/ Ottobrunn für eine gerechte Verteilung der Asylbewerber im gesamten Landkreis«
Bei der turbulenten Infoveranstaltung des Landratsamts München (LRA) und der Gemeinde Putzbrunn, wurde letzte Woche heftige Kritik laut. Vorerst hat aber der Gemeinderat das letzte Wort in dieser Sache.
Fakt ist, dass im Landkreis München 7,2 Prozent der Asylbewerber aus dem Zuweisungsbereich der Region von Oberbayern untergebracht werden müssen. Das sind aktuell 336 Personen, Tendenz steigend. 96 davon müssen im Sommer aus ihrer derzeitigen provisorischen Unterkunft in Ottobrunn ausziehen und brauchen eine andere Bleibe. 28 von ihnen sind Kinder. Für weitere 44 Asylbewerber sucht das Landratsamt noch dringend Unterkünfte.
Erstmals konnten sich Bürger letzte Woche über die Pläne zur »Schaffung einer Asylbewerberunterkunft in Putzbrunn« informieren. Die 400 Besucher im Bürgerhaus Putzbrunn reagierten dabei heftig auf die unverhältnismäßig große Zahl an Asylbewerbern, die die 6.000-Seelen-Gemeinde Putzbrunn, eine der kleinsten des Landkreises, unterbringen soll.
Die Gemeindegröße spiele keine Rolle, Grundlage sei die von Ex-Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) unterzeichnete Durchführungsverordnung zum Asylbewerberleistungsgesetz, erklärte ihnen Landrätin Johanna Rumschöttel (SPD). Entsprechend bevorzuge die Landesregierung sogenannte Gemeinschaftsunterkünfte (GU) mit mindestens 100 Plätzen und verlange von den Landkreisen gleiches. »Wir sind nur Helfer in der Not!«, stellte Rumschöttel dar und betonte mehrfach »wir unterstützen die dezentrale Unterbringung nach Kräften«.
Aktuell sind von der Regierung von Oberbayern 119 Personen in der Gemeinschaftsunterkunft in Höhenkirchen-Siegertsbrunn untergekommen, die vom Landkreis untergebrachten 173 Personen verteilen sich unter anderem auf Gräfelfing (20), auf Oberschleißheim, Pullach und Brunnthal (je fünf), auf Ottobrunn (94), auf Unterföhring und Unterschleißheim (je elf) Grünwald (bis zu zwölf) und einen weiteren Standort.
Die Erfahrungen mit den auf mehrere Standorte verteilten Asylsuchenden, die schreckliche Schicksale hinter sich haben, sind gut, wie Polizeihauptkommissar Armin Ganserer, der Leiter der zuständigen Polizeiinspektion 28, betonte. Man müsse »nicht von einem Hort von Kriminellen ausgehen!«, betonte der Polizeichef und versicherte, die Polizei werde in dem sensiblen Bereich einer neuen Unterkunft »verstärkte Präsenz« zeigen. Das bescherte ihm Hohngelächter aus dem Saal.
Das vorgesehene, kreiseigene Baugrundstück in der Theodor-Heuss-Straße am Westrand von Putzbrunn liegt in einem besonders sensiblen Bereich. Westlich des Theodor-Heuss-Wohnparks (Betreutes Wohnen) und in Nachbarschaft zum Clemens-Maria Kinderheim, dem Salberghaus und der Lebenshilfe soll ein zweistöckiges Gebäude für etwa 100 bis 120 Personen entstehen. Gedacht ist an eine Modulbauweise, die optisch und qualitativ höherwertiger ist als Container.
Zum Betreuten Wohnen hin bleibt ein etwa 25 Meter breiter Waldstreifen, an der Nord- und Westgrenze des
Geländes ein 50 Meter breiter Streifen Wald stehen. Ein Kinderspielplatz ist vorgesehen.
Die 28 Kinder aus Ottobrunn sollen weiterhin auf die Ottobrunner Schulen gehen, wo sie bereits Anschluss gefunden haben. Die Landrätin hält den Standort für gut, zumal er eine in der Veranstaltung stark belachte - Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr hat. Um die Asylanten wird sich weiterhin der Arbeitskreis Asyl der Pfarrgemeinde St. Magdalena in Ottobrunn kümmern, wie sein Leiter, Diakon Karl Stocker, und einige seiner Mitstreiter betonten. »Wir geben unsere Asylanten nicht her, wir brauchen sie, wir mögen sie!«, so Klaus Heller vom Arbeitskreis als zu vorgerückter Stunde die ablehnenden Äußerungen die Diskussion dominierten. Insbesondere die Bewohner der Waldkolonie fürchten um den Wert ihrer Grundstücke und um sozialen Frieden. Bewohner der Seniorenwohnanlage fragten gar, ob noch Platz für sie bliebe und betonten zugleich »wir sind nicht ausländerfeindlich«. Als Zufahrtsstraße für die Asyl-Unterkunft dient die Parkstraße. In ihr gehe man auf der Straße mit Rollatoren spazieren, betonten mehrere Senioren. Bürgermeister Edwin Klostermeier (SPD) versicherte, man werde sich um sichere Wege für sie kümmern.
Diskussionen um angemessene Zahlen
Für ihn gehe es auch um die Frage: »Wie viel verträgt Putzbrunn?«, sagte Klostermeier. Einhellig empfand der Saal, dass eine zentrumsnähere Unterbringung in kleineren Gruppen für Integration, Akzeptanz und Verhinderung einer Ghettobildung besser sei als eine Massenunterkunft. Die CSU warf Klostermeier indes vor, sich ohne die Interessen der Putzbrunner Bürger zu vertreten und ohne Beschluss des Gemeinderats abzuwarten, zustimmend zu den Plänen der Landrätin Rumschöttel geäußert zu haben. Das verneinte Klostermeier heftig. Ihm sprang inzwischen der Putzbrunner FDP-Ortsvorsitzende Martin Koch mit einer Pressemeldung bei, in der es heißt, die CSU in Putzbrunn »belügt ihre Mitbürger durch Verschweigen« von »nicht unerheblichen Fakten«, genauer gesagt der oben genannten Durchführungsverordnung. Sie sagt in §7 Abs. 5 zudem, »die Verteilung und die Zuweisung soll die Bereitschaft zur Rückkehr in das Heimatland fördern«.
Dabei ist offiziell noch gar nichts entschieden. Das LRA wird in Kürze einen Bauantrag bei der Gemeinde stellen. Der Putzbrunner Gemeinderat wird darüber in mit Sicherheit heftiger - Diskussion entscheiden und kann ihn ablehnen, wenn triftige Gründe vorliegen. Das müsste allerdings ein Verstoß gegen den Flächennutzungsplan sein, der den Baugrund seit 2001 als »Sondergebiet für soziale, schulische und kulturelle Nutzungen« festsetzt, oder ein Verstoß in Höhe, Bauart oder Ausdehnung des geplanten Gebäudes gegen festgesetzte Maximalmaße. Bei einem zweistöckigen, containerähnlichen Bau ist dies nicht zu erwarten. Doch »wenn kein Bauantrag genehmigt ist, rücken wir nicht zum Bauen dort an«, gab Walter Schuster vom LRA auf Nachfrage zu. Angela Boschert