Noch in diesem Jahr werden in Sauerlach zwei weitere Asylbewerberunterkünfte gebaut: eine Am Otterloher Feld, vis-à-vis des Jugendzentrums, und eine weitere an der Sommerstraße nahe des Bahnhofs.
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Gerade letzterer Standort erregt die Gemüter. Eine Bürgerinitiative legte dagegen im Rathaus eine Liste mit 254 Unterschriften vor. Der Gemeinderat gab dem Vorhaben trotzdem grünes Licht.
Mehr als 60 Bürger kamen ins Sauerlacher Rathaus. So viele wie selten zuvor. Vor der Tür ein Streifenwagen, Beamte der Polizei im Foyer. Ein ungewohntes Bild, auch das hat es hier noch nie gegeben. Auslöser der Maßnahme waren Handzettel im Vorfeld der Sitzung, in denen zu einer nicht autorisierten Demonstration gegen den Standort Sommerstraße aufgerufen wurde. Sie fand allerdings, wie sich später herausstellte, nicht statt. Die Vorsicht der Beamten war unbegründet gewesen. Allerdings hatten Unruhen im Bauausschuss in der Woche zuvor bereits für Aufregung gesorgt. Mit zahlreichen Zwischenrufen begleiteten etwa 50 Bürger die Sitzung, machten laut ihrer Empörung Luft. »Wir sagen Nein zu einer möglichen Flüchtlings-Unterkunft auf dem Biotop an der Sommerstraße« das hatten viele im Vorfeld mit ihrem Namen unterschrieben.
Stein des Anstoßes: Der Gemeinderat hatte im Januar das Thema Asylunterkünfte bereits beraten und im nicht-öffentlichen Teil beschlossen. Das war durchgesickert, Gerüchte gingen um. Als Anwohner dann auch noch Probebohrungen auf besagtem Areal beobachteten, war das für Manchen der ausstehende Beweis. Seit der aktuellen Sitzung des Gemeinderats liegen nun alle Karten auf dem Tisch. Bürgermeisterin Barbara Bogner (UBV) zu den Fakten: Wegen noch nicht geklärter Grundstücksangelegenheiten sei der Beschluss in nicht-öffentlicher Sitzung gefallen. Dies sei allgemeines Recht. Laut Anweisung vom Landratsamt hat Sauerlach zu den bereits dort wohnenden 64 Flüchtlingen am Lindenweg weitere 140 Menschen aufzunehmen. Die Gemeinde will eine Ghettoisierung vermeiden und untersuchte deshalb verschiedene gemeindliche Grundstücke. Beinahe zehn standen zur Wahl. Gemeindliche deshalb, weil die in der Regel erschlossen seien und die Zeit wie immer dränge, erläuterte Bogner. »Die erste der beiden neuen Unterbringungen soll schon im Juni, die zweite zeitnah darauf bezugsfertig sein.« Zu jeder werde es im Vorfeld eine Informationsveranstaltung geben, so wie zuvor am Lindenweg. Im Oktober 2014 waren damals die Pläne im Rathaus ausgehängt worden, standen Mitarbeiter des Landratsamtes Rede und Antwort. Im Juni 2015 waren alle Sauerlacher dann zur Besichtigung vor Ort eingeladen gewesen.
Die Bürgermeisterin bestätigte die erfolgten Probebohrungen. »Im Bereich des Geländes an der Sommerstraße befand sich eine später wieder verfüllte Kiesgrube«, so Bogner. Die Festigkeit des Areals steht auf dem Prüfstand. Das erste der Projekte, das in Angriff genommen werden könnte, sei vermutlich aus Zeitgründen jenes Am Otterloher Feld. Beim Areal an der Sommerstraße, bei dem es sich um ein Biotop mit Baumbestand handele, habe das Amt für Landwirtschaft und Forsten wegen der Rodungserlaubnis noch ein Wort mitzureden.
Das besagte Biotop befindet sich fußläufig in der Nähe des Ortszentrums, des Bahnhofes und liegt direkt zwischen Gleiskörpern und der Straße, in nächster Nähe des so genannten »Vierjahreszeiten-Viertels« mit Frühling-, Sommer-, Herbst- und Winterstraße. Hier wohnen die meisten der Bürger, die sich gegen den Standort wenden. Wertverlust der eigenen Immobilien, der Wegfall des Grünstreifens, Angst vor Übergriffen und Ruhestörung: Lang ist die Liste der Einwendungen, die bislang das Rathaus erreichten.
Die Anschläge von Paris und die Übergriffe in Köln hinterlassen auch in Sauerlach Spuren. »Es gibt viele diffuse Ängste, das ist schon klar«, räumte Bürgermeisterin Barbara Bogner ein. Sie hoffe deshalb auf das Kommen von Flüchtlingsfamilien, so wie in der Unterbringung am Lindenweg. Auch optisch sollen sich die neuen Unterkünfte gleichen. Barbara Bogner lobte die Integrationsbemühungen, die dank des engagierten Helferkreises sehr gut liefen. Sie hoffe nur, dass zwischen den Eröffnungsterminen beider Einrichtungen mindestens drei Monate liegen. »Unser Helferkreis schafft das sonst womöglich nicht«, so die Bürgermeisterin. Sie versprach, die Gemeinde werde zeitnah über den Sachstand informieren. Unterdessen schrieb Landrat Christoph Göbel einen Rundbrief an alle Bürgermeister des Landkreises, bat darin weiter um Unterstützung. Eine Entspannung der Situation sei nicht in Sicht.
Weiter heißt es im Schreiben: »Selbst bei einer gleichbleibenden Zuweisung von wöchentlich 56 Personen, von der wir realistischer Weise nicht ausgehen können, werden wir zwischen 7.000 und 8.000 Menschen dieses Jahr beherbergen müssen«. Hinzu kämen die anerkannten Flüchtlinge und der zunehmende Familiennachzug. »Von unserer Planzahl 9.000 können wir daher zum jetzigen Zeitpunkt nicht abrücken und uns demnach auch keine Verzögerung oder ein Nachlassen unserer Bemühungen erlauben«, so Christoph Göbel. Er bittet weiterhin herzlich um Mithilfe. kko