Die Kirche St. Gabriel in der Versailler Straße zählt auf den ersten Blick eher zu den unscheinbaren Gotteshäusern in München. Viele Anwohner wissen gar nicht, dass sich hinter den massiven Backsteinmauern so manches Kunstwerk verbirgt.
Weitgehend unbekannt ist auch, dass hier einst der spätere Papst Benedikt XVI. predigte. Bei der Festwoche zum 90. Kirchenjubiläum von Sonntag, 10., bis Sonntag, 16. Oktober, können interessierte Bürger mehr über die Kirche und ihre Geschichte erfahren.
Im Gegensatz zu St. Johann Baptist oder der Mariahilfkirche gehört St. Gabriel nicht unbedingt zu den Bauten, die das Stadtbild des Bezirks Au-Haidhausen prägen. Die Katholische Pfarr- und Klosterkirche inmitten der Häuserzeilen an der Einmündung der Versailler Straße in die Prinzregentenstraße kennen fast nur Ortskundige.
Erbaut wurde sie von März 1925 bis März 1926 von dem Architekten Otho Orlando Kurz (1881 1933), dem Schöpfer der Milbertshofener Pfarrkirche St. Georg und der Pfarrkirche St. Sebastian in Schwabing. Die Gemeinde St. Gabriel, die sich von der Pfarrei St. Johann Baptist abgespalten hatte, bestand zu diesem Zeitpunkt bereits seit rund vier Jahren. Eingeweiht worden sei das Gotteshaus am 31. Oktober 1926 durch Kardinal Faulhaber (1869 1952), dem damaligen Erzbischof von München und Freising, berichtet Gabriele Stemmer, Kirchenpflegerin und ein echtes St. Gabrielskind. Wie das Gebäude damals ausgesehen hat, zeigt am Dienstag, 11. Oktober, ab 19.30 Uhr ein Diavortrag im Pfarrheim. Im Rundbau neben dem Hauptgebäude, der sogenannten Apsis, habe sich ein Mosaik des Künstlers Josef Eberz (1880 1942) befunden, und auf dem Dach habe es eine große Kuppel gegeben, erzählt Stemmer.
Im Zweiten Weltkrieg seien 1944 jedoch weite Teile des Gotteshauses durch eine Fliegerbombe zerstört worden: »Die Wiedererrichtung der Kuppel und des Mosaiks scheiterten danach an den Kosten.«
Thema werden bei dem Vortrag neben der Baugeschichte aber auch die Biografien der insgesamt zehn Pfarrer der Gemeinde sein sowie besondere Ereignisse, die in St. Gabriel stattfanden.
Etwa habe 1952 zur Firmung einmal der junge Josef Ratzinger in der Kirche gepredigt, der zu dieser Zeit Kaplan in Bogenhausen gewesen sei, sagt Stemmer. Die Kanzel, auf der der spätere Papst Benedikt XVI. gestanden habe, sei jedoch im Zuge der Renovierung des Hauses Anfang der 1980er Jahre verschwunden.
Allerdings gibt es in St. Gabriel auch heute noch einige Kunstwerke zu sehen. Zum Inventar gehören unter anderem Figuren des Bildhauers Sebastian Osterrieder (1864 1932), der Anfang des 20. Jahrhunderts der bis dato in Vergessenheit geratenen Weihnachtskrippe zu einer Renaissance verhalf, die Altäre von Roland Friederichsen (1910 1992), der unter anderem den Baumbrunnen in Bogenhausen und die Nashörner am Arabellapark gestaltet hat, die Altarinsel von Max Faller (1927 2012), der maßgeblich für die Innenausstattung der Münchner Frauenkirche verantwortlich war, sowie eine historisch bedeutsame Taufkapelle und ein Kreuzweg. All das wird den Anwohnern bei einer Kirchenführung am Samstag, 15. Oktober, ab 16.30 Uhr vorgestellt. Daran anschließend gibt es um 17.45 eine Orgelführung mit dem Kirchenmusiker Pascal Caldara.
Wie die Orgel klingt, können die Besucher der Festwoche beim Abschlussgottesdienst am Sonntag, 16. Oktober, ab 10 Uhr erleben. Gespielt wird die Krönungsmesse von Mozart. Ein weiteres Jubiläumskonzert findet am Sonntag, 23. Oktober, um 17 Uhr statt. Der Eintritt ist für sämtliche Veranstaltungen frei.
Das vollständige Programm der Festwoche ist im Internet unter www.sanktgabriel.de - Rubrik »Termine« abrufbar. Julia Stark