Veröffentlicht am 06.11.2020 09:17

Ein klarer Friedensauftrag

Gedenken und erinnern: Der Krieger-und Soldatenverein Günzenhausen feiert heuer hundertjähriges Bestehen. (Foto: VA)
Gedenken und erinnern: Der Krieger-und Soldatenverein Günzenhausen feiert heuer hundertjähriges Bestehen. (Foto: VA)
Gedenken und erinnern: Der Krieger-und Soldatenverein Günzenhausen feiert heuer hundertjähriges Bestehen. (Foto: VA)
Gedenken und erinnern: Der Krieger-und Soldatenverein Günzenhausen feiert heuer hundertjähriges Bestehen. (Foto: VA)
Gedenken und erinnern: Der Krieger-und Soldatenverein Günzenhausen feiert heuer hundertjähriges Bestehen. (Foto: VA)

Bayern steht heute wie kaum ein anderes Land für die Verbindung von Moderne und Tradition. Wie definiert sich also im Jahr 2019 in diesem Kontext ein Krieger- und Soldatenverein? In einer Zeit, in der die Kriegsteilnehmer in den Vereinen, wenn überhaupt noch am Leben, dann an einer Hand abzuzählen sind? Wenn nicht automatisch Soldaten durch die aufgehobene Wehrpflicht vom 3. Januar 2011 neu dazukommen können? Und wenn das Wissen um die beiden Weltkriege nach über 70 Jahren Frieden nach und nach verblasst?

Die Reaktionen der Krieger- und Soldatenvereine (kurz KSV) im Landkreis Freising auf diese Tatsachen sind durchaus unterschiedlich. Da gibt es die Umbenennung in "Traditionsverein", die Zusammenlegung mehrerer Vereine, aber auch Vereinsauflösung.
Für den Günzenhausener Krieger- und Soldatenverein, der heuer hundert Jahre existiert, steht an erster Stelle die Verpflichtung, einen Beitrag zu leisten, um eine Wiederholung von Kriegen in jeder Form zu vermeiden. Dies ist ein klarer Friedensauftrag. Genau dies geschieht in Günzenhausen im Verbund mit den anderen Vereinen.

"Denn nur, wenn dies aus der Basis der Bevölkerung heraus erfolgt, findet diese Botschaft Eingang bei den Menschen in den Orten", so der Verein. Dies wird durch über einhundert Mitglieder klar zum Ausdruck gebracht. Gesellschaftspolitisch gesehen ist der KSV eine Institution ohne Heldenverehrung, aber mit Gedenken an die toten Soldaten und an die zivilen Opfer der Kriege. "Der Traditionsname Krieger- und Soldatenverein sollte deshalb erhalten bleiben, um einen klaren Bezug zu gewährleisten. Soldaten der Bundeswehr übernehmen als Berufsarmee nach wie vor die passiven Aufgaben der Verteidigung und viele aktiven Aufgaben bei Auslandseinsätzen im europäischen Verbund", äußert sich der Verein.

Vorsitzender Dieter Migge blickt auf die Hundertjahresfeier zurück: "Die Feier lief trotz des sehr heißen Wetters an allen drei Veranstaltungstagen wie geplant ab. Wir werten das Jubiläum als großen Erfolg ohne jegliche Abstriche. Die Beteilung der örtlichen Vereine, der geladenen Vereine und Gäste sowie der Menschen, die einfach aus Interesse an der Feier gekommen sind, war großartig", sagt er. Wer die Veranstaltung verpasst hat, darf sich auf etwas freuen: "Es gibt Überlegungen, das sehr umfangreiche Bildmaterial des Jubiläums zum 101-jährigen in einer Ausstellung zu zeigen. Vermutlich wird dies verbunden mit dem jährlich durchgeführten Kriegerjahrtag."
Wo sieht Migge den Verein in Zukunft? "Mit 100 Mitgliedern ist der Verein im Landkreis zu den mitgliederstarken Vereinen zu rechnen. Mindestvorstellung der Vorstandschaft ist es, den Mitgliederbestand zu erhalten. Eine Expansion ist in erster Linie durch persönliche Kontakte innerhalb des Günzenhausener Vereinsnetzwerkes denkbar und bisher auch erfolgreich in der Umsetzung. Für den Frieden einzutreten ist eine Aufgabe des Vereines, aber zugleich auch eine moderne Positionierung in der Gesellschaft", äußert er sich als Stellvertretender des Vereins. Wie skeptisch sieht er die Konflikte auf der Welt heutzutage? "Die aktuellen Konflikte weltweit verdienen größte Aufmerksamkeit sowie ständige politische und friedenspolitische Beobachtung. Im europäischen Raum sind die Annektierung der Krim und die europäische Uneinigkeit in der Flüchtlingspolitik Konflikte von hoher Brisanz." Leider wiederholt sich die Geschichte ständig.

Die kriegsfreie Zeit zwischen den beiden Weltkriegen betrug nur 21 Jahre. Wie in so vielen bayerischen Dörfern waren innerhalb einer Generationenfolge in nahezu jeder Familie hiesiger Ortsteile der Verlust eines Sohnes, Bruders oder Vaters zu beklagen. Manche Familien waren sogar mehrfach oder auch in beiden Weltkriegen betroffen. Am Ende beider Weltkriege waren durch 70 Gefallene und Vermisste aus Günzenhausen die Lebenslinien dieser Familien zerstört. Nach Ende des 1. Weltkrieges wurde für die Kriegsteilnehmer der Gemeinde Günzenhausen, inklusive Ottenburg, Deutenhausen und Hörenzhausen eine Heimkehrfeier veranstaltet. Von den 81 Kriegsteilnehmern fielen 20 Kameraden. Weitere 7 starben an den Folgen der Verletzungen noch nach dem Krieg. Am 27. April 1919 wurde sodann von 70 Gründungsmitgliedern der „Krieger- und Soldatenverein Günzenhausen" ins Leben gerufen. Bereits am 24. Oktober 1920 erfolgte die Enthüllung des ersten Kriegerdenkmals.
Am 2. Weltkrieg nahmen 163 Kameraden aus der Gemeinde Günzenhausen teil. 31 Kameraden mussten ihr Leben lassen, 19 Kameraden sind vermisst. Nach dem 2. Weltkrieg wurde der Verein dann als Heimkehrerverein geführt. Seit dem 6. März 1952 besteht wieder der Vereinsname "Krieger- und Soldatenverein Günzenhausen".
Weitere Informationen gibt es auf der Webseite des Ortsteils unter www.guenzenhausen.com

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