Veröffentlicht am 06.11.2020 04:12

Am Samstag bebt der "Tropical Beach"

Die Basketballer aus Oberhaching empfangen am Samstag den FC Bayern. Ein Sieg muss her, sind sich die sportlichen Hünen einig.  (Foto: TSV Oberhaching)
Die Basketballer aus Oberhaching empfangen am Samstag den FC Bayern. Ein Sieg muss her, sind sich die sportlichen Hünen einig. (Foto: TSV Oberhaching)
Die Basketballer aus Oberhaching empfangen am Samstag den FC Bayern. Ein Sieg muss her, sind sich die sportlichen Hünen einig. (Foto: TSV Oberhaching)
Die Basketballer aus Oberhaching empfangen am Samstag den FC Bayern. Ein Sieg muss her, sind sich die sportlichen Hünen einig. (Foto: TSV Oberhaching)
Die Basketballer aus Oberhaching empfangen am Samstag den FC Bayern. Ein Sieg muss her, sind sich die sportlichen Hünen einig. (Foto: TSV Oberhaching)

Es ist ein veritables Basketball-Wunder, das sich hier am „Tropical Beach“ im Oberhaching abseits der ganz großen Fanströme abspielt. Am Samstag, 21. Dezember treffen die Oberhachinger Basketballer auf den FC Bayern. Los geht es um 19 Uhr. Seit Jahren sorgen beim heimischen Traditionsverein TSV vor allem auch die Basketballer für Schlagzeilen. Binnen weniger als einem Jahrzehnt waren die heimischen Korbjäger von den Niederungen der Kreisklasse auf schnellen Pfaden und in Serienaufstiegen bis in die Erste Regionalliga und damit in Deutschlands höchste Amateurklasse nach oben geklettert. An sich schon ein „Top-Act“. Doch mit der Meisterschaft dort und vor allem dem Aufstieg in die Zweite Bundesliga ProB hatten die Wurfkünstler vom Kyberg heuer im Frühjahr ein noch größeres Ausrufezeichen gesetzt. Rein sportlich zeichnete sich dieser Erfolgsweg einer homogenen Truppe mit erstklassigem Teamgeist und gewachsenen Freundschaften auch außerhalb des Spielfeldes bereits relativ früh in der vergangenen Saison ab. Doch der Verein hatte weit mehr zu leisten beim Sprung ins kalte Wasser des Profi-Basketballs. Eine Handvoll Macher um den seit Jahren rührig wirkenden TSV-Vorstand und Basketball-Chef Bernd Schubert sowie dessen sportlichem Leiter und Erfolgscoach Mario Matic wagte das handfeste Abenteuer. Mittlerweile kann man sagen. Die Arbeit am „Tropical Beach“, wie die Freigeister ihr heimatliches Umfeld in einem seltenen Anfall von Verträumtheit bezeichnen und deshalb als gelbgewandete „Tropics“ Zeitgeist-Basketball durch die Hallen pfeifen lassen – ja, diese Arbeit hat sich mittlerweile ausbezahlt.

Klar, rein sportlich plagt sich der Aufsteiger noch etwas. Zuletzt mit zwei Erfolgen in Serie hat der aktuell Tabellenvorletzte Anschluss gefunden an die Mittelfeldränge in der Tabelle. Die endgültige sportliche Entscheidung über den möglichen Verbleib in der „ProB“ wird wohl aber erst nächstes Jahr in den Abstiegs-Playoffs fallen, in denen die Fachwelt die Gelbhemden ultimativ erwartet. Positives Aufsehen erregt der „Dorfclub“ im besten Wortsinne aber in jedem Fall. Während in der ProB vor allem die Großclubs aus der Ersten Basketball-Bundesliga BBL ihre Toptalente und Nachwuchs-Nationalspieler durch das Stahlbad Zweite Liga jagen und weitere Clubs mit bisweilen stattlichen Etats ganze Körbe werfende Legionärs-Abteilungen mit Ex-US-Collegeakteuren und früheren Euroleague-Profis von Frankreich bis zum Balkan beschäftigen, zeichnet sich das Projekt am Tropical Beach ganz bewusst mit einem bescheidenen Mittelansatz, aber einer umso engagierteren Herangehensweise auf dem Feld und drum herum aus. Als anschauliches Beispiel mag der Absatz von Fan-Trikots vor der Spielzeit eins im professionellen Ballwurf-Zirkus gelten. „Wir hatten zu Beginn der Saison 80 von diesen Leibchen verkauft“, beschreibt Mario Matic eine nur auf den ersten Blick bescheiden wirkende Entwicklung. Denn: „In der Regionalliga wären wir schon froh gewesen, wenn wir eines an den Mann oder die Frau gebracht hätten“. Ein Merchandising zwar, das beim großen Nachbarn FC Bayern mitleidvolles Schmunzeln generieren mag, insgesamt aber den Erfolgsweg der Basketball-Asterixe vom Hachinger Bach recht anschaulich zahlen-verdeutlicht.
Das mit den farbvoll gelb strahlenden „Leibchen“ der Tropics ist aber eher so eine Randnotiz. Zum einen haben sie mittlerweile bei deren Absatz noch einmal deutlich nachgelegt, zum anderen hatten die Macher des Clubs eine wahre Flut an umfangreichen Aufgaben zu bewältigen, ehe die Truppe überhaupt die notwendige Liga-Lizenz zugesprochen bekam. „Im Sommer rauchten uns die Köpfe, wir wußten gar nicht, wo wir anfangen sollten“, gestehen Schubert und Matic ein. Aller Anfang war die Spielhalle. Für die alte Heimspielstätte im Oberhachinger Gymnasium hatte die Liga die Lizensierung aus Gründen fehlender Zuschauerkapaziäten, Fluchtwege und Logistik verweigert. Das Abenteuer Profi-Basketball eines zutiefst breitensportlich ausgerichteten Ortsvereins stand schnell auf der Kippe. Doch die Gemeinde Oberhaching sprang ein, zeigte sich hoch kooperativ und offerierte dem TSV die sanierte Grundschul-Sporthalle Deisenhofen als Alternative. Notwendige Umbauten tätigte man hemdsärmelig im Schulterschluss zwischen TSV und gemeindlichem Bauhof. Doch damit nicht genug. Die Segnungen moderner Übertragungstechnik mit Video und WLAN-Schalte hatte der Verein ebenfalls nachzurüsten. Heimspiel für Heimspiel wird seither die ohnehin umfangreich bespielte Schulturnhalle jeweils an den Samstagabenden in einen echten Zweitliga-Standort verwandelt. Wo anderswo Multifunktionshallen grüßen, sorgen beim TSV fleißige Helfer für eine wundersame Teilzeit-Hallenwandlung“ mit Zusatz-Stuhlreihen direkt am Spielfeld. Die technischen Standards, die notwendige Zuschauerkapazität und ein dickes Buch weiterer Lizensierungsanforderungen haben sie beim TSV Punkt für Punkt abgearbeitet während intensiver Arbeitsphasen vor und während der neuen Spielzeit.
Überhaupt: Dieser Mario Matic. Mit enormem Fachwissen der Korbjäger-Branche aus langen Spiel- und Trainerstationen ist einer gesegnet, der bereits diverse andere Clubs wie etwa Nördlingen aus den Tiefen des Amateursports in lichte Profi-Regionen befördert hatte. In Oberhaching schrieb der Coach in den letzten Jahren mit einem hoch motivierten Feierabend-Team seine ehrgeizige Erfolgsgeschichte fort. Aber nicht nur das. Mit erstklassigen Kontakten in der „Sport-Branche“ war Matic auch neben dem Court wichtiger Inspirator bei der zunächst schwierigen Suche nach potenten Sponsoren und bei der langfristigen Entwicklung einer professionellen Nachwuchsförderung. Ein eigener Jugendkoordinator wurde mittlerweile hauptamtlich installiert, die Jugendarbeit im Coaching professionalisiert und eine Matrix der Zusammenarbeit mit Schulen aus der Region entwickelt, um begeisterten Nachwuchs an den Tropical Beach zu bringen. Dazu wurde das Scouting professionalisiert. Nur über verbesserte Nachwuchs-Findungswege kann ein Verein des bescheidenden Oberhachinger Zuschnitts gehen und macht dies aus Überzeugung wie Notwendigkeit, weil ihm die großen Etat-Gelder weiterhin fehlen. Weshalb große Sprünge auch beim Personal der Regionalliga-Top-Mannschaft auch vor dem Start in Liga zwei nicht möglich waren. Behutsam und durch fachkundigen Dreh an wenigen personellen Stellschrauben haben Matic und Co den erfolgreichen Regionalligakader um die beiden „Leithammel“ und Ex-Profis Moritz Wohlers und John Boyer qualitativ verdichtet. Bemühungen kreisten um Akteure, welche die finanziell potenteren Clubs entweder nicht auf dem Radar hatten oder die durchs Scouting-Netz gefallen waren. „Gute Jungs haben wir hinzu gewonnen“, wertet Matic mit Blick auf ein halbes Dutzend neuer Spieler. Dabei ist der Traum vom Höhenflug längst einer anstrengenden Realität gewichen. Nach einer echten Verletzungsserie ist das Team derzeit ziemlich ausgedünnt. Umso bemerkenswerter ist der Umstand, dass sich die Tropics in fast allen Partien sehr konkurrenzfähig zeigten und trotz einiger unglücklicher Niederlagen den Anschluss an die für den Klassenerhalt relevanten Ränge immer noch halten. Einem enormen Team-Spirit ist das hier geschuldet. Die Jungs agieren nicht nur auf dem Feld als Einheit. Als echte Combo von Freunden verbringen sie auch viel Freizeit abseits des stressigen Trainings- und Spiele-Kanons miteinander. Das dicke Geld verdient hier keiner. Alle haben sie „Brot-Berufe“ oder eilen als Studenten hauptberuflich durch die Hörsäle. Die harten Übungsabende unter den durchaus gestrengen Taktik-Augen des so umsichtig agierenden Mario Matic sind aber Pflicht auf diesem ungewöhnlichen Erfolgsweg. Als schweißtreibende Kür darf man die spannenden Partien am Wochenende bezeichnen. Besonders bei der Ausgestaltung der Heimpartien hat man in Oberhaching ohnehin zugelegt. Statt weniger Wurstsemmeln für die wenigen, fast handverlesenen Getreuen zu Regionalligazeiten gibt es mittlerweile ein langes Buffet der Leckereien. In den Pausen treten leistungsstarke Tanz- und Cheerleader-Gruppen auf und blasen mit ihren Choreographien in die sportlich orientierte Stimmung mit meist rund 300 Zuschauern auch einen kulturellen Touch. Ein eigenwilliges, aber umso stärkeres und wertvolles Projekt ist dieses Oberhachinger Basketball-Wunder, das sie gerne möglichst lange konservieren würden. Aus diesem Traum wollen die Verantwortlichen und Spieler jedenfalls nicht so schnell erwachen.
Traum ist auch das richtige Stichwort in Richtung Weihnachten und mit Blick auf einen finalen Ligaauftritt 2019, der es in sich hat. Denn am kommenden Samstag (19 Uhr, Grundschule Deisenhofen) gastieren die „Roten“ bei den Gelben. Der große FC Bayern kommt mit seiner an Top-Talenten reichen Back-Up-Truppe in den Landkreis. Ein Highlight aus Oberhachinger Sicht und gelebter Abstiegskampf. Denn anders als die verlustpunktfreie Erste Mannschaft in der Eliteliga sind die „kleinen Bayern“ nur einen Rang vor den Tropics platziert. Ein Spiel mit enormer tabellarischer Bedeutung. Wie knapp es mittlerweile zwischen dem FC Bayern und dem TSV Oberhaching unter den Körben zugeht, offenbarte bereits die erste Partie der beiden Kontrahenten. Im gut gefüllten Audi-Dome unterlag Oberhaching hauchdünn erst nach doppelter Overtime (Verlängerung). „Das wollen wir dieses Mal korrigieren“, betont Mario Matic. Der Mann ist dazu fest entschlossen. Nicht nur die Spieler werden alles geben. Auch die Fans dürften für tolle Stimmung sorgen. Ihre gelben Leibchen in mittlerweile durchaus stattlicher Zahl und leuchtenden Farben dürften den „Tropical Beach“ zum Erstrahlen bringen. Zumindest einen weiteren Samstagabend lang. RedHe

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