Veröffentlicht am 08.06.2005 00:00

Au · Untergrund wird bunt


Von red

Schon vorher bot das großflächige Wand-Provisorium Kunst, allerdings war die einfach gehaltene Filzstift-Typografie eher der Art »Kevin ich libe dich ends!«. Jetzt aber wird es richtig wertvoll auf der Staubschutzwand am U-Bahnhof Marienplatz: Junge Künstler verschönern die Ummantelung der Baustelle des neuen Umsteigebahnhofs, der die Münchner U-Bahn künftig entlasten soll – vor allem während der Fußball-WM im nächsten Jahr.

»Das wird die meistbesuchte Galerie Münchens!«, jubelte Astrid Weindl vergangene Woche bei der Vorstellung des Projektes im Rathaus. Weindl ist Leiterin der »Färberei«, einem Kulturhaus des Kreisjugendrings München-Stadt an der Claude-Lorrain-Straße, das sich vornehmlich der Graffiti-Kultur annimmt, Künstler betreut und eben nun auch die Koordination, Organisation und Durchführung der temporären Galerie im U-Bahnhof übernimmt.

Ursprünglich kam die Idee zur Wandgestaltung von zwei Kunststudenten, die sich immer wieder an dem tristen Grau störten. Nun nehmen sich 15 junge Künstlerinnen und Künstler zwei Wochen lang der Tristesse an. Verschiedenste Techniken setzen sie ein: Collagen und Montagen, Malerei, Kalligraphie, und selbstverständlich kommt auch und vor allem die Sprühdose zum Einsatz. Jedem der Kreativen stehen 100 Quadratmeter Wandfläche bei völliger künstlerischer Freiheit zur Verfügung. Die Materialfinanzierung übernimmt das Baureferat.

Oberbürgermeister Christian Ude freute sich bei der Präsentation des Vorhabens sichtlich. Das Gekritzel auf den kahlen Wänden sei recht armselig gewesen, »während die künstlerischen Arbeiten recht interessant zu werden versprechen«.

Auch betonte er, dass durch solche Projekte der Graffiti-Kunst legaler Raum geboten werde. Das sei wichtig, denn gleichzeitig würde nun mal illegales Sprayen kompromisslos verfolgt. Genau diesem Anliegen widmet sich Astrid Weindl nach eigenem Bekunden »seit 20 Jahren« – nicht der Verfolgung, sondern der legalen Unterstützung. 1999 wurde der Beistand der oftmals ins kriminelle Eck gestellten Sprüher-Szene häuslich: »Der Bedarf war groß, die Finanzierung klappte, und wir hatten dieses wunderbare alte Färberei-Haus gegenüber des Schyrenbads gefunden. So konnte dort ein Werkstatthaus mit Ateliers, Ausstellungsräumen und allem Drum und Dran entstehen«, erinnert sich Weindl.

Momentan geht die Energie in den Untergrund – aber eben nicht in den außergesetzlichen: Derzeit lässt sich also der bunte Fortschritt an den Wänden des U-Bahnhofs Marienplatz beobachten. Im Oktober werden die letzten Galeriestücke wieder abmontiert sein.

Doch bis dahin sollte man die Gelegenheit genützt haben, die »Zwangsgalerie« (so ein teilnehmender Künstler) zu besichtigen.

Florian Falterer

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