Veröffentlicht am 21.11.2006 00:00

Schwabing · Platz für Unfugspotential


Von red
Die Schule als Kriegskaserne. 	 (Foto: Kulturgipfel, Schule)
Die Schule als Kriegskaserne. (Foto: Kulturgipfel, Schule)
Die Schule als Kriegskaserne. (Foto: Kulturgipfel, Schule)
Die Schule als Kriegskaserne. (Foto: Kulturgipfel, Schule)
Die Schule als Kriegskaserne. (Foto: Kulturgipfel, Schule)

Ohne die Schwabinger Hermann-Frieb-Realschule wäre Michael Lerchenberg nicht das, wofür er heute berühmt und beliebt ist: »Die Schule hat mein Berufsbild entscheidend geprägt«, erzählt der Schauspieler und Intendant der Luisenburg-Festspiele. Derzeit steht der Münchner für »Der Bulle von Tölz« vor der Kamera, viele kennen ihn als »Stoiber«.

Am 3. Dezember liest der 53-Jährige beim ersten »Münchner Rathauskonzert« Texte von, um und über München.

Lerchenbergs Leidenschaft fürs Theater keimte im Jugendstilbau an der Hohenzollernstraße 140, dessen 100. Geburtstag vor kurzem gefeiert wurde. Sein damaliger Lehrer Bernd Ritzler empfahl dem jungen Lerchenberg, er solle doch »sein Unfugspotential in geeignete Bahnen lenken«. So führte der Weg zunächst in Ritzlers Schultheatergruppe, später über die Falckenberg-Schauspielschule auf große Bühnen, ins Fernsehen und zum Polit-Singspiel am Nockherberg.

»Ich hab ja einige Schulen erlebt«, erzählt Lerchenberg. Er wohnte damals am Josephsplatz und kam 1968 mit 15 Jahren nach einem Intermezzo am Gymnasium (»Latein hat mir das Genick gebrochen«) auf die damalige Knaben-Realschule, hängte nach dem Abschluss aber noch das Abi dran. »Doch bei denen war das kulturelle Leben gleich Null.« Die Hermann-Frieb dagegen, übrigens derzeit die einzige Realschule Bayerns mit künstlerichem Schwerpunkt: zwar alt, aber keine ehrwürdige Lehranstalt, sondern »vollkommen aus der Art geschlagen, geprägt von der Umbruchszeit um 1968«, schwärmt Lerchenberg. »Hier herrschte Basisdemokratie. Wir setzten die Schülersprecher-Wahl per Vollversammlung mit vorausgehendem Wahlkampf durch« – heute wie damals außergewöhnlich.

Das galt seit 1910, als Reformpädagoge Georg Kerschensteiner in dem damals hochmodernen Bau und am äußersten Stadtrand eine Versuchsschule eröffnete mit dem Motto: »Lernen mit Herz und Hand«. Der erste Weltkrieg setzte dem ein Ende, Soldaten zogen ein. Von 1920 bis 1938 erneut »Versuchsschule« wurde das Gebäude im Zweiten Weltkriegs zum Lazarett. 1945 bis 1960 diente es als »Chirurgisches Krankenhaus München-Nord«. Seine Mutter habe dort mal als Krankengymnastin gearbeitet, fällt Lerchenberg ein. An die wechselvolle Geschichte des Hauses hätten zu seiner Zeit noch die Bettenaufzüge erinnert. Seinen Namen nach dem Münchner Nazi-Widerstandskämpfer Frieb erhielt das Gebäude 1962, zwei Jahre nach Wiedereröffnung als »Mittelschule für Knaben«.

Auch Lerchenberg drückte zunächst nur mit Jungs die Schulbank. Einige davon sind auch keine Unbekannten. Mit dem späteren Bundesligakicker Willi Bierofka spielte er Fußball und mit Kinderstar Hansi Kraus im Schultheater: seine allererste Rolle als Klamaukduo Bob- und Dobschinski in Gogols »Revisor«. Und obwohl er kurz darauf in der ersten gemischten Klasse der Schule saß: Mädls wurden zunächst nicht vermisst, versichert Lerchenberg. »Es gab ja Karl Marx, Bolzplatz und Theater.«

M. Schmid/A. Boschert

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