Als ein weiterer Baustein im „Stadtentwicklungskonzept Germering“ wurde am Mittwochabend vergangener Woche zur „Bürgerwerkstatt“ in den Orlandosaal der Stadthalle Germering eingeladen. War die Beteiligung der Germeringer Bürgerinnen und Bürger an der nachhaltigen Stadtentwicklung bisher mit zahlreichen schriftlichen Rückmeldungen und rund 120 Teilnehmern bei der „Stadt(ver)führung“ überdurchschnittlich hoch, so blieben diesmal im Orlandosaal bei wiederum etwas mehr als 100 Beteiligten sehr viele Sitze leer. „Wir haben uns tatsächlich eine deutlich größere Beteiligung erhofft“, sagt denn auch Roland Eichmann vom Augsburger Managementberater für strategische Stadtentwicklung „Identität & Image, der den Prozess des Stadtentwicklungskonzeptes in Germering moderiert und leitet.
Die geringe Teilnehmerzahl sei jedoch mit Sicherheit nicht auf nachlassendes Interesse zurückzuführen, betont Roland Eichmann, sondern auf das beginnende lange Wochenende mit schulfreiem Donnerstag und herrlichem Biergartenwetter. In seiner kurzen Begrüßungsrede wandte sich Germerings Oberbürgermeister an die anwesenden Bürgerinnen und Bürger: „Sie kennen am besten die Stärken, aber auch die Schwächen von Germering. Der Stadtentwicklungsprozess lebt vom Austausch zwischen Ihnen, dem Stadtrat und der Verwaltung.“ Der jetzt ablaufende Prozess zum „Stadtentwicklungskonzept Germering“ sei ein ganz neuer, ein strukturierter Prozess; man wolle Germering weiterentwickeln im Rahmen seiner Möglichkeiten und „in Konkurrenz mit unseren Nachbargemeinden“.
Roland Eichmann stellte danach Vorgehen und Ziele des Prozesses „Stadtentwicklung Germering“ sowie bisher Erarbeitetes vor. Anhand einer kleinen Geschichte vom König mit seinen sechs weisen, jedoch allesamt blinden Gelehrten zog er das Fazit: „Nur wer den Blick für das Ganze hat, wird auch das Ganze erkennen!“ - und damit sei man vielleicht auch gleich bei der schwierigsten Aufgabe: Die Stadt Germering als Ganzes zu sehen, nicht immer nur in Teilabschnitten. Die langfristige Ausrichtung sei „Strategie statt Aktionismus“, um Reibungskonflikte zu verringern, müsse „Dialogkultur statt unnötiger Streit“ vorherrschen, um Effizienz und Wirksamkeit zu steigern, bedürfe es des Projektmanagements, und um die „Potentiale vor Ort strukturiert nutzen“ zu können, der Kreativität von Bürgerinnen und Bürgern.
Man müsse den Ist-Zustand feststellen, den Soll-Zustand definieren sowie den Weg vom Ist zum Soll bestimmen, um Veränderungen zu erreichen und neue Lösungen zu finden. Bevor stünden nun die beiden Zukunftskonferenzen im Juni und Juli mit den acht Thementischen. Diese seien nicht öffentlich, es handle sich um eine Klausur, um Menschen gezielt anzusprechen, die „bestimmte Bevölkerungsgruppen in der Stadtgesellschaft vertreten“. Das Prinzip laute: „Das ganze System Germering in einem Raum zusammenbringen“ – und zwar vom Rückblick in die Vergangenheit über die Gegenwart zur Vision.
Erste Ergebnisse des Stadtentwicklungskonzeptes sind seit dem Beginn im Frühjahr: Die Klausurtagung des Stadtentwicklungsausschusses in Holzhausen, bei der die Themenfelder für die acht Thementische erarbeitet und Handlungsfelder diskutiert wurden; dann die drei Gruppen der „Stadt(ver)führung“ mit nördlicher Innenstadtroute, südlicher Innenstadtbegehung und einer „Bus-Gruppe“, die viele Diskussionspunkte erbrachten, sowie natürlich die Einzelhandelsanalyse (siehe Werbe-Spiegel-Ausgabe 21 vom 20. Mai 2009), die von Manfred Heider vorgestellt wurde. Am auffallendsten sei hier das fehlende Zentrum, Germering habe eine „sehr ungewöhnliche Struktur in der Innenstadt“; Shopping-Elemente fehlten nicht ganz, es sei aber für die Größe der Stadt „fast nichts da“ beim üblichen Innenstadt-Sortiment wie zum Beispiel Bekleidung und Schuhe oder auch attraktive Cafés.
Das erbrachte auch der anschließende Teil der Bürgerwerkstatt, bei dem alle Anwesenden aktiv werden durften. Roland Eichmann bat die Bürgerinnen und Bürger um „ihre Einschätzung der heutigen Situation“. Dazu galt es je eine grüne und eine gelbe Karte auszufüllen und den acht festgelegten Themenfeldern zuzuordnen: Ein Stichwort oder ganz kurzes Statement auf der grünen Karte sollte das Thema „Worauf ich in Germering besonders stolz bin“ betreffen, die gelbe Karte das Thema „Wo ich in Germering den größten Handlungsbedarf sehe“ aufgreifen.
Nicht unerwartet war hier, dass die Themenfelder „Stadtgestalt, Siedlungsentwicklung und Verkehr“ sowie „Einzelhandel, Gastronomie und Hotellerie“ die meiste Kritik abbekommen haben und auf der positiven Seite der Themenbereich „Zusammenleben und gesellschaftlicher Wandel“ mit vielen grünen Zetteln punkten konnte. „Sehr interessant“, fand Roland Eichmann bei der abschließenden Diskussionsrunde, dass es hier sehr schnell „in Richtung Identität“ ging, die ersten zehn Beiträge handelten alle davon, „was Germeringer selbst von ihrer Stadt denken“. Schwächen und Stärken seien eher abstrahiert dargestellt worden; eindeutige Ergebnisse seien erwartungsgemäß auf der einen Seite das Lob für die funktionierende Infrastruktur, auf der anderen Seite die Kritik am fehlenden Zentrum.