Veröffentlicht am 23.03.2022 00:00

Der Clooney-Effekt


Von Susanne Hauck [ha] (susanne.hauck.icking@gmx.de, sha)
Hans und Hansi am Ufer des Starnberger Sees. (Foto: privat)
Hans und Hansi am Ufer des Starnberger Sees. (Foto: privat)
Hans und Hansi am Ufer des Starnberger Sees. (Foto: privat)
Hans und Hansi am Ufer des Starnberger Sees. (Foto: privat)
Hans und Hansi am Ufer des Starnberger Sees. (Foto: privat)

Die Autorin Doris Fuchsberger hatte von klein auf ein Faible für Hans Albers. Schon in der Kindheit sei ihr dessen Schlager „La Paloma“ im Ohr geblieben, weil es wieder und wieder beim Hörerwunschkonzert in Bayern 2 gespielt wurde. Das Lied stammt aus dem Film „Große Freiheit Nr. 7“. Davon hat sich Fuchsberger auch zu ihrem Buchtitel inspirieren lassen, freilich ergänzt mit einem vieldeutigen Fragezeichen: „Große Freiheit am Starnberger See? Die Hans-Albers-Villa in historischer Parklandschaft“. Seit Langem habe sie die Frage nicht losgelassen, warum einer der größten Filmstars der NS-Zeit „so gradlinig“ gewesen sei, erzählt sie bei der Buchvorstellung, die zusammen mit der Infosprechstunde der Petentinnen Lucie Vorlickova und Stefanie Knittl vor dem Eingang zur Albers-Villa stattfand. Nun hat die Münchnerin das Geheimnis gelüftet, warum es den Hanseaten überhaupt nach Bayern verschlagen hat. Albers, der bekanntlich mit der jüdischen Schauspielerin Hansi Burg liiert war, war zu den Nationalsozialisten stets auf Distanz gegangen. Bezeichnenderweise gibt es in all den Jahren kein Foto, wo Albers zusammen mit NS-Größen posiert. Dass er sich in Bayern niederließ, hat einerseits viel damit zu tun, dass er dort weitab vom Schuss war, weil ihn Goebbels zunehmend auf dem Kieker hatte, andererseits mit der Filmindustrie in Geiselgasteig, von der er sich mehr Freiheiten erhoffte. Fuchsberger arbeitet anschaulich heraus, dass die Berliner Ufa unter Leitung von Alfred Hugenberg schon seit Ende der 1920er-Jahre mit den Nationalsozialisten sympathisierte, während es sich die Filmgesellschaft Bavaria erlauben konnte, noch weitaus länger einen eigenständigeren Kurs zu fahren. Die Bavaria war vor 1938 nicht gleichgeschaltet.

In Bayern unbehelligter

Albers aber hatte die von Ludwig Loé errichtete Villa schon 1934 erworben. Während der Umbauten wohnte er in der drehfreien Zeit in Begleitung von Hansi Burg im Feldafinger Hotel Kaiserin Elisabeth. In Bayern rollte man für ihn quasi den roten Teppich aus. Die Autorin zieht einen treffenden Vergleich von Albers zu einem amerikanischen Schauspieler unserer Tage: „Die Ansiedlung von Deutschlands berühmtesten Filmstar wertete Geiselgasteig und die Region um den Starnberger See gewissermaßen auf, ähnlich dem ‚Clooney-Effekt‘ am Comer See.“ Nach dem Krieg führten Albers und Burg ein gastfreundliches Haus, es wurde mit Kollegen viel gefeiert, und bei Abendgesellschaften beeindruckte der Garten, um den sich gleich drei Gärtner kümmerten, durch farbige Illumination. Albers ließ sich im Cadillac um den See fahren, und kämpfte gegen den Alkohol. Hansi Burg, deren Familie Opfer des Holocaust geworden war, suchte Trost bei Psychopharmaka. Sie ist auf dem alten Friedhof in Tutzing begraben, Hans Albers in seiner Heimatstadt Hamburg.

Es geht um den ideellen Wert

Als Mitglied des „Denkmalnetz Bayern“ hat Doris Fuchsberger zwei Jahre lang recherchiert. In ihrem Buch erarbeitet sie aber auch eindrucksvoll die Einbindung der von Ludwig Loé erbauten und lange im adligen Besitz befindlichen Villa in die historische Parklandschaft am Starnberger See. Es geht hier auch um den ideellen Wert. Dass die Villa auf Wunsch des Freistaats eine Art „Wochenendhäusl für die TU“ werden soll, hält die Autorin für unangemessen. Das Buch unterstreicht die Bedeutung des Hauses für die Allgemeinheit. Als eindringlichen Appell ist der Sonderdruck an die Politiker verschickt worden. Die Restauflage der Hardcover-Ausgabe gibt es in den Buchhandlungen Held in Tutzing und Bücherjolle in Starnberg, eine günstige broschierte Ausgabe ist in Kürze über „Books on demand“ erhältlich.

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