Der künstlerische Leiter des Münchner Motettenchors, Benedikt Haag, präsentiert am Karfreitag in St. Matthäus das selten aufgeführte Passionsoratorium von Carl Loewe.
Am Karfreitag kann man praktisch überall Bachs Johannes- oder Matthäuspassion hören. Sie haben heuer für den 15. April in der Matthäuskirche mit dem Münchner Motettenchor etwas anderes, fast Unbekanntes auf dem Programm: Carl Loewes Passionsoratorium „Das Sühnopfer des neuen Bundes”. Wie kamen Sie darauf?
Benedikt Haag: Für viele ist der Konzertbesuch am Karfreitag eine wichtige Tradition. Neben den Klassikern von Johann Sebastian Bach gibt es eine Vielzahl anderer Passionen. Ich finde, die Passion von Carl Loewe hat es verdient, in prominentem Rahmen aufgeführt und angehört zu werden.
Worauf kann man sich da besonders freuen, was erwartet den Zuhörer an Neuem oder gibt es auch Bekanntes?
Benedikt Haag: Loewes Komposition ist anrührend und bewegend. Es gibt wunderschöne Arien, die zu Herzen gehen und für mich etwas Tröstendes haben. Auch die Härte und Dramatik einer Passionserzählung kommen nicht zu kurz: beispielsweise die „Lass ihn kreuzigen”-Rufe des Volkes oder die Schilderung der Ereignisse nach Jesu Tod, wenn Loewe zur Darstellung des Erdbebens eigens Pauken mitspielen lässt.
Für die Solisten ist es ja auch etwas anderes ohne einen ausdrücklichen Evangelisten?
Benedikt Haag: Richtig, es gibt keine Figur, welche als Erzähler durch die Passionsgeschichte führt. Den Sänger:innen sind feste Personen zugewiesen, sie übernehmen deren Worte und dazu auch die einleitenden und erzählenden Parts.
Der Münchner Motettenchor ist erstmals nach der Coronapause wieder in voller Größe zu hören. Es gab lange Chorproben in reduzierter Sängerzahl. Hat sich das auf den Chor und Gesangsqualität ausgewirkt?
Benedikt Haag: Endlich kann der Chor wieder in großer Besetzung auftreten. Für das Gemeinschaftsgefühl ist das enorm wichtig. Aber auch die Arbeit mit kleinen Gruppen war wertvoll und hat den Chor weiterentwickelt. Trotzdem: ich bin dankbar, dass der Münchner Motettenchor nun wieder in gewohnter Stärke in Erscheinung treten kann. Als künstlerischer Leiter freue ich mich daher sehr auf dieses Karfreitagskonzert, bei dem ich wieder mit dem gesamten Chor musizieren darf.