Die Zeit drängt: Am 27. Oktober muss der Bayerische Landtag einen neuen Ministerpräsidenten wählen. Werden wird es ein Mann, der bei der Landtagswahl auf keiner Liste stand: Bundeslandwirtschaftsminister Horst Seehofer. Dazu sagt Hubert Aiwanger, Landesvorsitzender der Freien Wähler, die immerhin die drittstärkste Fraktion stellen: „Es wäre an der Zeit, ernsthaft darüber nachzudenken, ob man den Ministerpräsidenten zukünftig nicht wie einen Bürgermeister oder Landrat direkt vom Volk wählen lässt. Dann weiß der Wähler vor der Wahl, wen er wählt.”
„Seehofer ist kein Neuanfang, sondern das letzte Aufgebot einer abgewirtschafteten Partei. Er ist das personifizierte 'Weiter so'. Was für ein Wetterfähnchen der neue starke Mann der CSU ist, hat Seehofer nicht zuletzt beim Thema Gentechnik gezeigt: Keine klaren Positionen, nur starke Posen und eine gehörige Portion Populismus. Mit diesem Ministerpräsidenten wird es der CSU nun wirklich nicht gelingen, das verlorene Wählervertrauen zurück zu gewinnen”, erklären die Grünen-Fraktionsvorsitzenden Margarete Bause und Sepp Daxenberger.
Der „neue starke Mann” muss nun unter hohem Zeitdruck Koalitionsverhandlungen führen und hat sich dabei auf die FDP als Partner festgelegt. Die Partei, die sich im Wahlkampf als „deutlichster Kontrast zu schwarz” angepriesen hatte, verhandelt nun mit der CSU über Kompromisse. Bei den Sonderparteitagen der beiden Parteien am 25. und 26. Oktober soll der Koalitionsvertrag abgesegnet werden.
Beim Rauchverbot, das die CSU viele Wählerstimmen gekostet hat, kann Seehofer nun ohne Gesichtsverlust auf einen liberaleren Kurs einschwenken: Münchner Wirte gehen davon aus, dass künftig in Gaststätten mit mehreren Räumen ein Zimmer als Raucherbereich deklariert werden kann und bei Kneipen mit nur einem Raum der Wirt entscheiden darf, ob er eine Raucher- oder eine Nichtraucherkneipe führen will.
Bei der Bildungspolitik wird es schon schwieriger. Die FDP will eine verlängerte gemeinsame Grundschulzeit bis zur 6. Klasse, um den frühen Auslesedruck abzumildern. Das lehnt die CSU aber kategorisch ab. Einig sind sich alle in der Forderung nach mehr Lehrern, kleineren Klassen und Ausbau der Ganztagsschulen. Das kostet allerdings Geld. Die FDP würde für ihre Bildungsziele notfalls auch neue Schulden aufnehmen, was die CSU aber unbedingt vermeiden will.
Schlechte Nachrichten für Gegner der dritten Startbahn am Münchner Flughafen: Die FDP hält diese ebenso wie die CSU für unverzichtbar. Stoppen würden die Liberalen gerne die Öffnung des Flughafens Oberpfaffenhofen für Geschäftsflieger, doch das dürfte aufgrund der Rechtslage schwierig werden.
Beim Thema Innere Sicherheit hoffen die Liberalen, dass sich die CSU bewegt. „Wir können ja nicht in eine Staatsregierung eintreten, die Gesetze vertritt, die wir in Teilen für verfassungswidrig halten“, erklärte FDP-Generalsekretär Martin Zeil. In der Diskussion sind dabei vor allem die Online-Durchsuchungen durch Polizei und Verfassungsschutz sowie das bayerische Versammlungsrecht. Auch die FDP habe das Ziel, den hohen Sicherheitsstandard in Bayern zu halten, betonte Zeil. „Wir wollen die Ausstattung der Polizei in Bayern verbessern. Aber die Gesetze müssen so gestaltet werden, dass sie freiheitlichen Geist atmen.“