Fußballfans in Deutschland stünden seit Jahren in allen Ligen unter einem „enormen Repressionsdruck”, schreibt der Verein Dachverband der Fanhilfen. Obgleich der Besuch eines Fußballspiels aus ihrer Sicht absolut sicher sei, würden von der Politik auf irrationaler Basis immer schärfere Sicherheitsmaßnahmen gefordert, kritisieren die Fanvertreter. Es müsse ein Umdenken stattfinden. Man erwarte von der neuen Bundesregierung, dass Missstände behoben werden, heißt es in einer Presseerklärung.
Der Dachverband ist ein bundesweiter Zusammenschluss von Fußball-Fanhilfen und vertritt die gemeinsamen Interessen seiner Mitglieder. So fordern die Vertreter: „Die voranschreitende Militarisierung der Polizei rund um Fußballstadien erleben viele Fußballfans jedes Wochenende. Wir sprechen uns daher für einen Schusswaffen-Verzicht der Polizei und ein Pfefferspray-Verbot in den Stadien aus. Diese Einsatzmittel sind in vollbesetzten Fußballstadien ungeeignet und gefährlich.”
Die Rechte von Fußballfans seien nach Meinung der Fanhilfen aber nicht nur in den Stadien bedroht. Sie finden: „Fußballfans sind keine Versuchskaninchen für wildgewordene Sicherheitsfanatiker.” Gemeint sind damit Politikvertreter, die sich immer wieder über das Thema Fußballfans zu profilieren suchen würden. Deren Forderungen bezeichnet der Sprecher der Fanhilfen, Oliver Wiebe, als „blanke Form von Populismus”. In der Spielzeit 2023/24 besuchten in Summe 28,65 Millionen Menschen die Spiele der ersten bis dritten Liga sowie des DFB-Pokals. Dabei verzeichnete die Polizeistatistik insgesamt 1.338 Verletzte.
Der Dachverband fordert die Ablehnung der sogenannten „Chatkontrolle” auf EU-Ebene. Deutschland soll bei anderen EU-Mitgliedsstaaten für ein Nein werben. Das in Abstimmung befindliche EU-Gesetz bezweckt im Kern, dass Diensteanbieter im Internet verpflichtet werden können, sämtliche Inhalte auf ihren Plattformen technisch automatisiert zu durchsuchen. Im Zentrum steht dabei die Suche nach Missbrauchsbildern. Der Dachverband der Fanhilfen ist jedoch überzeugt, dass „die Totalüberwachung der Kommunikation durch die Einführung der Chatkontrolle sehr schnell auch Fans treffen würde”.
Weiters solle es künftig ein Zeugnisverweigerungsrecht auch für Sozialarbeitende geben. 2024 waren drei Sozialarbeiter des Fanprojekts Karlsruhe zu Geldstrafen verurteilt worden, die eine Zeugenaussage verweigert hatten, um das Vertrauensverhältnis zu ihren Klienten nicht zu verlieren. In Deutschland steht ein Zeugnisverweigerungsrecht Journalistinnen, Priestern und Rechtsanwälten zu. Darüber hinaus solle die Politik das neu geschaffene Amt des Polizeibeauftragten des Bundes unbedingt erhalten, stärken und seine Kompetenzen erweitern. Das Recht zur Akteneinsicht der Polizeibeauftragten in laufende Strafverfahren müsse in der Strafprozessordnung verankert werden.
Sorgen machen den Fanvertretern auch Überwachungsbegehrlichkeiten der Polizeibehörden. Diese dürften nicht ausgeweitet werden. Die Fanhilfen nehmen hier vor allem auf den Einsatz künstlicher Intelligenz Bezug, die in Video- und Echtzeitüberwachung „die Anonymität im öffentlichen Raum für alle zunichtemache.“ Die sogenannte Datei „Gewalttäter Sport“ war im Herbst 2024 vom Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig eingestuft worden. Über einen Zeitraum von fast 30 Jahren speicherten Polizeibehörden nach undurchsichtigen Kriterien mutmaßliche Gewalttäter im Zusammenhang mit Sportveranstaltungen in dieser Datei. Der Dachverband der Fanhilfen fordert eine sofortige und ersatzlose Abschaffung dieser Praxis.
Ebenfalls ein Anliegen ist den Fanvertretern eine Kennzeichnungspflicht für die Bundespolizei. Für deren uniformierte Einheiten müsse eine individualisierte und leicht erkennbare Kennzeichnungspflicht eingeführt werden. Ohne diese gäbe es für Fans keine Möglichkeit, offensichtliches Fehlverhalten der Polizei anzuzeigen. (as)