Wer am Sonntagabend im Bayerischen Fernsehen „Blickpunkt Sport” laufen hatte, wurde Zeuge einer bizarren Konversation zwischen Moderator Markus Othmer und dem zugeschalteten Studiogast Hasan Ismaik. Was die beiden zu besprechen hatten, brachte eine Situationskomik mit sich, die noch in Jahren als Running Gag in Fankreisen kursieren dürfte.
Vor Ort im Studio in München-Freimann saß – wie schon oft in seinem Leben – Uli Hoeneß, der Patron und Ehrenpräsident des FC Bayern. Anlass war die Jubiläumssendung „Best of 50 Jahre Blickpunkt Sport”. Knapp eine halbe Stunde war vergangen, historische Bilder aus den 1970er Jahren flimmerten über den Bildschirm, Hoeneß sprach über die Finanzen seines Klubs („pumperlgesund”), als Moderator Othmer thematisch zum Lokalrivalen TSV 1860 München überleitete. Der Gast durfte die bekannte Geschichte erzählen, er habe 1969 auch ein Angebot der Löwen gehabt, sich damals aber wegen Trainer Udo Lattek für den FC Bayern entschieden.
Plötzlich erschien auf einem riesigen Monitor im Hintergrund Hasan Ismaik, der Anteilseigner und Kreditgeber des TSV 1860 München. Er war live aus Abu Dhabi zugeschaltet. Offenbar hielt man das in der BR-Sportredaktion für eine tolle Idee, hatte doch der jordanische Fußball-Investor einem eigens für Filmaufnahmen (ARD-Doku-Serie „Rise&Fall of 1860”) zu ihm gereisten TV-Team erklärt, er wolle sich nach 14 Jahren von seinen Anteilen an der Profifußball-Gesellschaft der Münchner Löwen trennen. Die Fernsehmacher witterten einen Scoop. Nun sollte Ismaik sein Vorhaben mit Hilfe eines Dolmetschers öffentlich vor Publikum in der Sendung erläutern.
Doch das Gespräch wirkte von Anfang an „lost in translation”. Ismaik sprach gebrochenes Englisch, das ein im Thema nicht sonderlich sattelfest wirkender Übersetzer frei zu interpretieren versuchte. Hoeneß machte den Eindruck, während er mit einem Grinsen im Gesicht dem immer seltsamer werdenden Dialog zwischen Othmer und Ismaik lauschte, als hätte er soeben realisiert, bei „Die versteckte Kamera” hereingelegt zu werden.
Zunächst ließ Ismaik die Zuschauer wissen, er habe schon eine Menge Angebote zum Kauf seiner Anteile erhalten, von denen ihm aber bislang noch keines richtig zugesagt habe („I don't take anyone serious”). Außerdem sei es ihm eine Freude, Herrn Hoeneß in der Sendung zu treffen, den er auch prompt wissen ließ: „Wenn Sie von Bayern München weggehen und zu 1860 kommen, dann heiße ich Sie willkommen.”
Moderator Othmer: „Sie haben gesagt, dass Sie sich eine Entwicklung bei 1860 München vorstellen, also der Investor soll einen Plan haben – wohin wandert denn das Geld, wenn wir jetzt über 18 Millionen Euro sprechen, die Sie investiert haben und möglicherweise ein Vielfaches davon erzielen wollen: wer bekommt das Geld?”
Ismaik irritiert: „What is your question? I don´t understand.”
Moderator Othmer wiederholt sich: „Meine Frage ist: Sie haben 18 Millionen Euro investiert, ich glaube aber nicht, dass Sie mit weniger zufrieden wären, aber wahrscheinlich mehr dafür wollen, für diese Anteile, an wen geht dieses Geld? Geht das an Sie, geht das an den Verein, geht das in Teilen an den Verein?”
Langsam dämmert es Ismaik. Der Moderator und seine Redaktion scheinen anzunehmen, aus dem Verkauf der Anteile an der TSV München von 1860 GmbH & Co. KGaA ließe sich ein ordentlicher Gewinn erwirtschaften und wollen deshalb schon mal wissen, was mit dem Ertrag geschehen solle und ob möglicherweise auch die Löwen finanziell davon profitieren würden. Die nüchterne Erkenntnis, dass die Anteile an einem bilanziell überschuldeten Fußball-Drittligisten ohne eigenes Stadion einen überschaubaren Liebhaberwert haben und Ismaik den Großteil seiner Kredite nie mehr wiedersehen wird, scheint sich noch nicht bis nach München-Freimann herumgesprochen zu haben.
Ismaik antwortet sichtlich überrascht: „All go for the club…”, erläutert aber vorsichtshalber noch kurz, welchen Umfang seine Darlehen angenommen haben und man nicht nur von der Kaufsumme sprechen könne, die im Jahr 2011 bei besagten 18 Millionen Euro lag.
Der anschließende Appell des Jordaniers im TV: „Wenn irgendjemand diesen Verein kaufen will, dann müssen sie mir ein faires Angebot machen und ich möchte auch das Ziel des Investors sehen. Was ist der Plan? Wenn er keinen Plan hat, wenn er nur die Anteile haben und 1860 einfach nur so halten will, dann bin ich nicht bereit zu verkaufen, dann bleibe ich gerne drin. Aber, wenn ich jemanden finde, der eine Lösung anbieten kann mit ‚Pro‘ (Anmerkung: gemeint ist wohl die Faninitiative PRO1860) und Ultras und das profitabel machen kann und noch Mittel für den Bau einer Arena zu Verfügung stellt (…), dann werde ich das unterstützen.”
Auf so jemanden will Ismaik nun warten. Der 73-jährige Hoeneß erklärte zum in der Sendung erhaltenen Angebot, doch vom FC Bayern zum TSV 1860 München zu wechseln: „Indem man darüber auch nur nachdenkt, daran sieht man schon, dass er vielleicht in einer anderen Welt lebt.” (as)
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