Veröffentlicht am 23.03.2010 00:00

Berg am Laim · Bürger protestieren


Von red
Zwischen Metzgerei und Apotheke und gegenüber vom Maibaum: In dem ehemaligen Hotel sollen jugendliche Irakis betreut werden.	 (Foto: gh)
Zwischen Metzgerei und Apotheke und gegenüber vom Maibaum: In dem ehemaligen Hotel sollen jugendliche Irakis betreut werden. (Foto: gh)
Zwischen Metzgerei und Apotheke und gegenüber vom Maibaum: In dem ehemaligen Hotel sollen jugendliche Irakis betreut werden. (Foto: gh)
Zwischen Metzgerei und Apotheke und gegenüber vom Maibaum: In dem ehemaligen Hotel sollen jugendliche Irakis betreut werden. (Foto: gh)
Zwischen Metzgerei und Apotheke und gegenüber vom Maibaum: In dem ehemaligen Hotel sollen jugendliche Irakis betreut werden. (Foto: gh)

Hoch her ging es bei der Bürgerversammlung in der ESV-Turnhalle in der letzten Woche. Fast 300 Bürger waren gekommen, und beinahe alle waren nur an einem Thema interessiert: Der von der Stadt geplanten Belegung des Hotels Eisenreich in der Baumkirchner Straße durch irakische Jugendliche. Das Objekt war der Stadt vom Besitzer zur Vermietung angeboten worden.

Zusammenleben der Berg-am-Laimer und der jugendlichen Flüchtlingen

Berg am Laim · Jugendliche Flüchtlinge im ehemaligen Hotel Eisenreich Themenseite zu den Vorbehalten mancher Berg-am-Laimer gegen die Unterbringung von jugendlichen Flüchtlingen im ehemaligen Hotel Eisenreich in der Baumkirchner Straße

Der Plan der Stadt: Bis zu 35 männlichen irakischen Jugendlichen im Alter zwischen 16 und 21 Jahren soll es im Rahmen eines betreuten Wohnprojektes ermöglicht werden, ihr Leben ohne ihre im Irak verbliebenen Eltern in den Griff zu bekommen.

Zur Aufnahme der Flüchtlinge ist die Stadt verpflichtet. Zu dem Standort gibt es laut Sozialreferat keine Alternative, auch nicht das ehemalige Asylbewerberobjekt Neumarkter Straße 47. Rudolf Stummvoll, beim Sozialreferat verantwortlich für Flüchtlingsunterbringung: »Die Lage des Objektes ist zwar klasse, aber es ist marode und außerdem unglaublich teuer.«

Der Bezirksausschuss 14 (BA) habe bei der ersten Beratung Ende Januar »auch nicht Juhu geschrieen«, so BA-Vorsitzender Josef Koch, sei damals aber aus gesamtstädtischer Sicht und auch unter menschlichen und sozialen Gesichtspunkten für eine Befürwortung gewesen, allerdings unter Bedingungen. Es sollte jeden Tag bis 24 Uhr Betreuungspersonal vor Ort sein, am Wochenende rund um die Uhr. Bei baulichen und Nutzungsänderungen sollte der Stadtrat einbezogen, und der Mietvertrag nach fünf Jahren erneut geprüft werden.

Bei Kochs Stellungnahme gab es allgemeines Rumoren und laute Zwischenrufe: »Uns ist’s egal wo’s hin kommt, aber nicht zu uns!«, »Das glauben wir nicht!« und »Gelogen!« Josef Koch: »Ihr fahrt’s alle gern in die schönsten Länder, aber wenn ein Ausländer zu uns kommt, gibt’s an Aufstand!« Das aber lässt die eigens wegen der Eisenreich-Sache gegründete »Initiative besorgter Bürger von Berg am Laim« nicht gelten. Deren Wortführer Klaus Luschtinetz: »Wir distanzieren uns ausdrücklich von ausländerfeindlicher Gesinnung.« und weiter: »Aber wir wollen wissen, warum gerade im Ortskern von Berg am Laim dieses Projekt durchgesetzt werden soll.«

Es gab bei der Versammlung insgesamt 19 Wortmeldungen bzw. Anträge, 14 davon betrafen das Hotel Eisenreich. Viele Bürger ärgerten sich auch deswegen, weil das Thema in der Tagesord-

nung versteckt und nach hinten gesetzt worden war.

Sauer waren sie auch über die schlechte Informations­politik. Der Berg am Laimer Reinhard Götz: »Wer ­Integrationsleistungen von ­Bürgern einfordert, muss diese von Anfang an gut ­informieren, wenn er nicht Misstrauen ernten will.« Die Zuhörer antworteten mit starkem Applaus. Eine Bürgerin befürchtete: »Das wird ein ständiger sozialer Brennpunkt sein.« Und Klaus Luschtinetz ergänzte: »Diese Jugendlichen werden keine sinnvolle Beschäftigung haben, da muss es doch zu Spannungen kommen.«

Rudolf Stummvoll vom Sozialreferat versuchte, die Gemüter zu beruhigen. »In 16 Jahren Arbeit in ähnlichen Einrichtungen der Stadt gab es nie größere Probleme. Kein einziger Anlass für polizeiliche Ermittlungen. Ab und zu war es zu laut, aber ein Anruf beim Betreuungspersonal hat immer ausgereicht, um für Ruhe zu sorgen.« Die jungen Menschen hätten einen geregelten Tagesablauf. Sie besuchten einen schulanalogen Unterricht, etwa an der VHS, wo sie auch Deutsch lernen und ihre Hauptschulabschlüsse machen könnten, was die meisten auch schafften. »Die werden richtig gut betreut, unser Konzept basiert auf 16 Jahren Erfahrung.«

Auch diese Erläuterungen wurden von vielen im Publikum mit erbosten Zwischenrufen quittiert. Allein eine Bürgerin traute sich, gegen die vorherrschende Stimmung bei der Versammlung zu argumentieren. Petra Tuttas plädierte für die Unterbringung der Flüchtlinge unter den genannten Bedingungen: »Denken Sie doch an die Menschen! Wir haben so gute Erfahrungen mit unseren ausländischen Mitbürgern gemacht, dann werden wir es auch noch schaffen, diese 35 Jugendlichen aufzunehmen.« Dafür gab es Buh-Rufe, aber auch Applaus. Bei der Abstimmung über die Anträge, die alle in unterschiedlichen Formulierungen eine Ablehnung der Unterbringung forderten, gab es daher keine Überraschungen, alle wurden mit Mehrheit angenommen.

Wie geht es nun weiter? Der BA hatte bei der letzten Sitzung dem Projekt doch noch seine Zustimmung verweigert. Er traute den Zusagen des Sozialreferats nicht. Josef Koch: »Wir erwarten eine neue Vorlage.«

Auf Nachfrage des »Haidhausener Anzeigers« bestätigte Rudolf Stummvoll: »Ich bin mir sicher, dass wir uns auf eine neue Vorlage verständigen werden.« Diese wird dann am 13. April im Kinder- und Jugendhilfeausschuss der Stadt erstmals beraten werden und Ende April in die Vollversammlung gehen. Das Sozialreferat sehnt die Entscheidung herbei. »Die Jungs sind schon da; ihre Unterbringung in der Baierbrunner Straße ist unzumutbar.«, so Rudolf Stummvoll. gh

north