Ein Sturm der Entrüstung fegte dieser Tage durch eine idyllische Laimer Oase. Er hinterließ im Kleingartenverein SW 52 ein aufgeregtes, aus Gerüchten erwachsenes Durcheinander. Das sorgte auch im Bezirksausschuss Laim (BA 25) für empörte Reaktionen. „Wir wussten Null“, so Josef Linzmeier von der CSU-Fraktion. „Alle Mitglieder des BA waren entsetzt darüber, dass sie nicht informiert worden waren.“ Worüber hätten sie informiert werden sollen? Was war passiert? Erst kürzlich hatte der Verein SW 52 in der Laimer Wilhelm-Riehl-Straße sein 92-jähriges Bestehen gefeiert. Schon entstanden in den Köpfen der Mitglieder Pläne fürs 100-Jährige. Die jedoch waren mit einem Schlag wie ausgelöscht. Die Kleingärtner befürchteten das Aus für ihre Anlage, weil Klaus-Heinrich Lübbe, ihr Vorsitzender, ihnen erklärte, auf der „Hundewiese” – das ist ein brachliegendes Grundstück neben der Anlage – solle bald ein Bauwagen aufgestellt werden. Von dem aus wollten in Zukunft Streetworker „Problemjugendliche“ aus dem Viertel betreuen. Es sei bereits ein Treffen mit Vertretern der Jugendbehörde, dem Bezirksausschuss und Streetworkern geplant. Die Gartler sollten ebenfalls zu dem Vorhaben gehört werden. Diese „sinngemäß” weitergegebene Information, erklärte der Vereinsvorsteher schriftlich, stamme von einem unbekannten jungen Mann. Der habe Waltraud Korger, eine Gartlerin, die zum Zeitpunkt des Gesprächs „wohl allein” in der Anlage war“, über das geplante Treffen unterrichtet.
Bei den Gartlern gingen daraufhin alle roten Lampen an. Lübbe: „Wir befürchten das Schlimmste für unsere Kleingartenanlage.“ Aus einem kleinen Bauwagen werde ein größerer und danach ein Gebäude werden, mutmaßten die Kleingärtner. In einer „Zusammenfassung der Ereignisse im Zusammenhang mit Problemjugendlichen auf unserer sogenannten Hundewiese“ schreibt Lübbe, der Presse sei schon vor Wochen zu entnehmen gewesen, „dass die Stadt München die Einrichtung eines Heims für schwer erziehbare Jugendliche genehmigt hat”. Für das habe sie nur noch keinen Standort gefunden. Es drohten jetzt „wie in den 1980er und 1990er Jahren … Drogenprobleme rund um den angrenzenden Burgerplatz”. Das habe die Menschen im inzwischen informierten Viertel aufgescheucht. Lübbe: „Am Mittwoch um 18 Uhr waren circa 30 bis 35 Gartler und Anwohner aus den umliegenden Häusern (bei einer dazu einberufenen Versammlung, die Red.) anwesend.“ Von den Initiatoren sei jedoch weit und breit niemand zu sehen gewesen. Zufällig habe ein Gartler am Zaun des Hortes einen Zettel gefunden, auf dem der „REGSAM-AK“ (Regionale Netzwerke für Sozialarbeit in München-Arbeitskreis) – vertreten durch Alexandra Heiland und Erika Sturm – mitgeteilt habe, wegen des herrschenden schlechten Wetters falle das Treffen ins Wasser. Alles nur ein Sturm im Wasserglas?
Grit Schneider, REGSAM-Moderatorin für Laim und die Schwanthalerhöhe, versteht die Aufregung nicht. „Wir haben lediglich laut darüber nachgedacht, was wir an dem Platz möglicherweise für Jugendliche tun können? Wie er aufzuwerten sei?“ Bislang sei dort nicht viel los gewesen. Einzig und allein das habe der Arbeitskreis mit den Ämtern – unter anderem mit dem für den Gartenbau zuständigen – klären wollen: „Das ist eine ganze Menge zuviel Aufregung zum jetzigen Zeitpunkt.“ Schneider rät: „Niedriger hängen!“ Sobald es konkrete Überlegungen gebe, würden die Gartler mit eingebunden werden. Zunächst einmal aber müsse überhaupt geklärt werden, ob die Fläche geeignet sei. Die REGSAM-Moderatorin hat, was das betrifft, ihre Zweifel, „nachdem es jetzt schon Nachbarschaftskonflikte gibt.“ Zu etwaigen Plänen der Stadt teilt Monika Niedermayer von der Pressestelle des Sozialreferates mit: „Bei einer Sitzung des REGSAM-Facharbeitskreises wurde die Grünfläche im Hinblick auf mögliche Verbesserungen besichtigt. Dabei wurde die Idee eingebracht, es könne dort ein Bauwagen aufgestellt werden.“
Im Jahr 2007 hätten fünf Einbrüche in ihre Gartenhäuser die Gartler aufgeschreckt, erzählen Klaus-Dietrich Lübbe und Walter Korger. Falls Jugendliche unmittelbar in ihre Nachbarschaft zögen, fürchten sie weiteres Ungemach. Fußballspielende Kinder allerdings störten sie „überhaupt nicht”. Die Gartler machen sich Sorgen um ihre gärtnerische Zukunft. Lübbe: „Wir können die Anlage nur so lange nutzen, wie die Stadt München das Grundstück nicht für andere Zwecke braucht. Zum Beispiel für eine Schule.“ Im kommenden Jahr solle darüber entschieden werden, was mit den Gärten geschehe. Schlimmstenfalls bedeute das, sie müssten bis zum Jahr 2015 geräumt werden. Eine 88-jährige Gartlerin, die seit fünfzig Jahren täglich von früh bis spät in ihrem Garten anzutreffen sei, vertraute Lübbe an, so erzählt er: „Es wäre mein Todesurteil, wenn ich meinen Garten aufgeben müsste.“