Mit einem Eintrag ins goldene Buch der Gemeinde Planegg begann Finanzminister Peer Steinbrück seinen Besuch im Martinsrieder Innovations- und Gründerzentrum (IZB). Im Rahmen der SPD-Veranstaltungsreihe „Deutschland-Dialog: Nah bei den Menschen“ folgte Steinbrück einer Einladung junger Biotechnologie-Firmen, die mit dem Minister über die oft schwierigen Finanzprobleme junger Start-Up-Unternehmen sprechen wollten.
„Wir sind der Funke, der die Ideen zum Überspringen bringt“, erklärte IZB-Sprecherin Nathalie Schröder das Konzept des Zentrums. Seit 13 Jahren stehe das IZB für Wachstum und hohe internationale Anerkennung. Zu Recht besitze der Standort Weltruhm. Doch die lange Durststrecke, bis die intensive Forschung Ergebnisse zeigt, muss beständig finanziell überbrückt werden. Die aktuelle Unternehmenssteuerreform erschwere aber in großem Maße die Investitions- und Expansionsabsichten der jungen Biotechler.
„Wir befürchten, dass wachsende Biotech-Firmen die Zeche für die Steuervergünstigungen an anderer Stelle zahlen”, meinte Enno Spillner von der 4SC AG in der Diskussionsrunde mit dem Minister. Es vergehen oft zehn bis zwölf Jahre, bis ein Entwicklungsprodukt auf dem Mark zugelassen sei. „Um Investoren über diese lange Zeit bei Laune zu halten, müssen wir ständig unsere Unternehmensstruktur ändern. Das aber kollidiere mit den Gesetzgebungen.”
Peter Buckel, CEO von Suppremol GmbH, ergänzte: „Wagniskapitalgeber würden uns sofort Geld geben, wenn wir in Österreich, Frankreich oder der Schweiz säßen.” Auch für Reinhold P. Linke, Anymed GmbH, gab es viel Kritikpunkte an die Ministeradresse: „Wir sind eine kleine Branche, die ständig durchs Raster fällt. Wir leben schuldenfrei ausschließlich von unseren Einnahmen. Doch für große Investitionen müssen wir Geld borgen. Schließen Sie die Lücke, die das Venture Capital hinterlassen hat!“, forderte Linke mit Blick auf das Unterbinden des so genannten Heuschreckengeldes.
Einhellige Meinung der IZB-Manager: An der Schwelle zum Unternehmenswachstum stießen sie regelmäßig auf Schwierigkeiten, geeignete Finanzierungen in Deutschland zu finden. „Wir müssen uns international um Geld bewerben, um die Früchte unserer Arbeit auch zu ernten“, stellte Friedrich Erath, Kinaxo Biotechnoogies GmbH, abschließend fest.
Der Finanzminister verwies auf die wenig verbreitete Aktienkultur, die die Geldgeber in Deutschland abschrecke. Die bestehenden Rahmenbedingungen würden zudem oft künstlich schlecht geredet. „Die Kapitalbeschaffung gestaltet sich in Deutschland schwierig, das gebe ich zu. Allerdings haben wir enorm viel für Steuerentlastungen von Personen- und Kapitalgesellschaften getan“, merkte Steinbrück an.
Er wolle sich nicht auf Änderungen in den aktuellen Gesetzgebungen festlegen lassen, bevor nicht zwei oder drei Jahren Erfahrungen vorlägen. „Ich bin bereit nachzujustieren, wenn sich zwingende Gründe ergeben“, so Steinbrück. Das deutsche Steuerrecht dürfe dabei keines Falls immer komplizierter werden. Auch müsse stets der gesamte nationale Markt betrachtet werden, um einseitige Schieflagen zu vermeiden. Doch betonte Steinbrück, die Sorgen der kleinen, aufstrebenden Biotech-Branche ernst zu nehmen und ihre Sorgen im Auge zu behalten. Andererseits sei es unmöglich, jede Forschungs- und Entwicklungsaktivität zu fördern.
Bürgermeisterin Annemarie Detsch stellte dem Berliner Besuch dar, wie wichtig der Ausbau des Standortes ist. IZB und die angrenzende Uni zögen viele Fachleute mit internationalem Ruf an. Entsprechende Wohn- und Lebensbedingungen könnten vor Ort geschaffen werden. Doch nun müssten auch die infrastrukturellen Angebote mithalten. Die Gemeinde wolle daher den U-Bahn-Anschluss Martinsried forcieren. „Ich hoffe, Sie nehmen ganz positiven Einfluss und unterstützen unsere Förderanträge unmittelbar“, redete Detsch dem Minister ins Gewissen.
Zum Abschluss der Besuchsrunde besichtigte Steinbrück die Kindertagesstätte Biokids. Er betonte die Wichtigkeit einer funktionierenden Kinderbetreuung: „Der Frauenanteil in Forschung und Entwicklung steigt. Wir müssen mit flexiblen Möglichkeiten reagieren, die Kinder unterzubringen.“ Bei den Biokids sei sowohl die Flexibilität der Betreuung als auch die Nähe zu den Arbeitsstätten optimal, lobte Steinbrück.