Veröffentlicht am 10.03.2010 11:19

„Jenseits der Alpen”

Die Südtirolerin Giacinta Covi (r.), auf dem Bild mit der ehrenamtlichen Helferin Renate Lepszy, hat das Team des ASZ Aubing acht Wochen lang tatkräftig unterstützt. (Foto: pi)
Die Südtirolerin Giacinta Covi (r.), auf dem Bild mit der ehrenamtlichen Helferin Renate Lepszy, hat das Team des ASZ Aubing acht Wochen lang tatkräftig unterstützt. (Foto: pi)
Die Südtirolerin Giacinta Covi (r.), auf dem Bild mit der ehrenamtlichen Helferin Renate Lepszy, hat das Team des ASZ Aubing acht Wochen lang tatkräftig unterstützt. (Foto: pi)
Die Südtirolerin Giacinta Covi (r.), auf dem Bild mit der ehrenamtlichen Helferin Renate Lepszy, hat das Team des ASZ Aubing acht Wochen lang tatkräftig unterstützt. (Foto: pi)
Die Südtirolerin Giacinta Covi (r.), auf dem Bild mit der ehrenamtlichen Helferin Renate Lepszy, hat das Team des ASZ Aubing acht Wochen lang tatkräftig unterstützt. (Foto: pi)

„Es wird für mich schwierig sein, wieder nach Hause zu fahren”, sagt Giacinta Covi leicht betrübt. Auch Klaus Böck, Leiter des Alten- und Service-Zentrums (ASZ) Aubing, bestätigt: „Wir werden Frau Covi sehr vermissen.” Die 59-jährige Südtirolerin ist die erste Teilnehmerin eines neuen Projektes der Caritas: Für insgesamt acht Wochen ist sie im Januar nach München gekommen, um ehrenamtlich die Arbeit im ASZ Aubing zu unterstützen. Sie hat keine festen Aufgaben, sondern packt immer dort an, wo gerade eine helfende Hand gebraucht wird: „Bevor ich nach München kam, hatte ich etwas Angst, dass ich den eingespielten Ablauf im Team stören werde, weil ich keinen festen Platz habe”, berichtet sie.

Doch schließlich war alles viel einfacher als Covi zunächst gedacht hatte. In den letzten Wochen hat sie das Team des ASZ und die anderen ehrenamtlichen Helfer bei der Vorbereitung und Durchführung des Mittagstisches unterstützt, Kartoffeln geschält und natürlich auch italienisch gekocht. „Ich arbeite gerne in der Küche und habe schon im Alter von 15 Jahren in Südtirol freiwilligen Küchendienst geleistet”, erzählt sie. Auch heute noch hilft sie der Caritas in Bozen bei der Essensausgabe. Zudem ist sie ehrenamtlich als Regionalleiterin und Ausbilderin bei den Pfadfindern tätig. Im ASZ Aubing ist sie auch mit den Besuchern ins Gespräch gekommen und hat sich Zeit für sie genommen. „Es gibt inzwischen sogar einige italienische Senioren, die uns regelmäßig besuchen, seit Frau Covi hier ist”, erzählt Böck.

Sechs Freiwillige aus Südtirol

Giacinta Covi ist eine von sechs Ehrenamtlichen aus Südtirol, die in diesem Jahr von der Caritas eingeladen sind, acht Wochen freiwillig eine von acht sozialen Münchener Institutionen, darunter Kindergärten, Behindertenwerkstätten oder eben auch Alten- und Service-Zentren, zu unterstützen. Eine Zimmer mit Frühstück wird ihr für die Dauer ihres Aufenthaltes zur Verfügung gestellt. Im Gegenzug werden sechs freiwillige Helfer aus München nach Bozen fahren, um dort in verschiedenen Einrichtungen mitzuhelfen.

Die Idee zu diesem Austauschprojekt kam ursprünglich aus Italien, wie Winfried Leisgang vom Caritas Freiwilligen-Zentrum München Innenstadt bestätigt. „Die Caritas in Bozen hat Kontakt mit dem Landescaritasverband Bayern aufgenommen und die haben wiederum uns angesprochen, ob wir das Projekt in München verwirklichen können”, erzählt er. Finanziert wird der Freiwilligenaustausch durch die Europäische Union (EU), denn das Projekt ist im Grundtvig-Programm der EU angesiedelt, dessen Aufgabenbereich die allgemeine Erwachsenenbildung und die Erweiterung und Vertiefung des Wissens und der Kompetenzen erwachsener EU-Bürger ist.

„Wie es ein Tourist nie erlebt”

Für Covi war es der erste längere Aufenthalt in München und vor allem an den Wochenenden hat sie die Gelegenheit genutzt, sich die Stadt anzusehen und verschiedene Sehenswürdigkeiten zu besichtigen. „Durch das Austauschprojekt hatte ich aber auch die Möglichkeit, München so kennenzulernen, wie es ein Tourist nie erlebt”, erzählt sie. Durch den engen Kontakt mit den ehrenamtlichen Helfern und durch ihre Gespräche mit den Besuchern des ASZ habe sie die Stadt und ihre Bewohner von einer viel persönlicheren Seite erfahren.

Jetzt wo sich ihr Aufenthalt in München dem Ende entgegen neigt, fällt Giacinta Covi der bevorstehende Abschied sichtlich schwer: „Da sind jetzt schon einige Tränen geflossen”, berichtet sie. Trotzdem habe es auch Vorteile, wenn man nur für eine begrenzte Zeit in einer solchen Institution mitarbeitet: Man müsse die Dinge weitgehend so akzeptieren, wie sie sind, denn in der kurzen Zeit des Aufenthalts habe man sowieso nicht die Möglichkeit, viel zu verändern. „Deshalb kann man in bestimmten Bereichen auch etwas mehr Geduld aufbringen als die anderen ehrenamtlichen Helfer”, erklärt Covi. Viele Geschichten der Besucher seien den langjährigen Freiwilligen beispielsweise schon sehr vertraut. Covi höre sie jedoch zum ersten Mal und könne den Erzählungen der Besucher mit ganz anderem Interesse lauschen.

Mittagstisch mit Ritual

Auch Klaus Böck ist mit dem Ablauf des Projektes sehr zufrieden: „Frau Covi hat sich bei uns gut eingebracht und konnte uns auch auf bestimmte Schwierigkeiten hinweisen, die wir einfach nicht mehr wahrgenommen haben, weil man im täglichen Betrieb eben manchmal Scheuklappen trägt.” So hat sich das Team des ASZ Aubing nun zum Beispiel vorgenommen, mehr Ruhe in den regelmäßig stattfindenden Mittagstisch zu bringen. „Da dort meist mehr als 25 Senioren zusammenkommen, kann es oft etwas hektisch und laut zugehen. Darauf hat uns Frau Covi aufmerksam gemacht”, erklärt Böck. Deshalb soll der Mittagstisch in Zukunft mit einem kleinem Ritual eingeleitet werden, das die Besucher auf das gemeinsame Essen einstimmt. „Wir haben auch nicht die Weisheit mit Löffeln gefressen und können immer noch etwas von anderen lernen”, resümiert Böck.

Unter anderem darum soll es in dem Austauschprojekt auch gehen: „Die ehrenamtlichen Helfer sollen nicht nur eigene Erfahrungen sammeln, sondern wir wollen auch mehr über die Freiwilligenarbeit jenseits der Alpen erfahren und sehen, ob wir von unseren italienischen Nachbarn etwas lernen können”, erklärt Leisgang. Deshalb wird jeder der Freiwilligen nach seinem Aufenthalt über seine Erfahrungen berichten, die dann von der Caritas ausgewertet werden. Und noch sind nicht alle Plätze vergeben. „Eingeladen, am Projekt teilzunehmen, sind alle Menschen ab 50 Jahren, die bereits in Deutschland Freiwilligenarbeit geleistet haben und bereit sind, sich für acht Wochen und sechs Stunden täglich in einer der gemeinnützigen Organisationen in Bozen zu engagieren”, erklärt Leisgang.

Anstieg des Engagements

Im Caritas Freiwilligen-Zentrum München Innenstadt berät er seit 2003 Bürger, die sich freiwillig engagieren möchten. „Und im vergangenen Jahr haben wir so viele Menschen beraten wie nie zuvor”, berichtet er. Leisgang führt diese Entwicklung unter anderem auf die Wirtschaftskrise zurück. „Die schwierige globale Lage hat anscheinend zu einer neuen Sinnorientierung geführt. Die Menschen wollen mit ihrer Freizeit etwas Sinnvolles anstellen und anderen Bürgern unter die Arme greifen.”

Wer am Freiwilligenaustauschprogramm mit Südtirol teilnehmen möchte, der wendet sich an Winfried Leisgang unter Tel. 50035516 oder an Florian Geiger unter Tel. 54702015. Hier erhalten interessierte Bürger auch Informationen zur Freiwilligenarbeit in München.

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