In seiner Einschätzung der Gefährlichkeit von Radwegen bestätigt sieht sich der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) München nach dem tödlichen Unfall einer Radfahrerin in München am vergangenen Dienstag 19. August. Ein Kraftfahrer hatte beim Abbiegen von der Arnulf- in die Sedlmayrstraße eine 26-jährige Büroangestellte übersehen, die mit ihrem Fahrrad den Radweg der Arnulfstraße benutzte. Die Radfahrerin geriet unter den LKW und erlitt schwerste Quetschungen. Auf dem Weg ins Krankenhaus starb sie an ihren inneren Verletzungen. Dies war bereits der dritte Unftall dieser Art innerhalb von nur fünf Wochen: Am Mittwoch, 23. Juli, bog ein LKW-Fahrer von der Baumkirchner Straße nach rechts in die Truderinger Straße ab und übersah dabei einen 42-Jährigen, der mit seinem Rad neben dem LKW die Truderinger Straße überquerte. Der Radfahrer wurde vom LKW überrollt und erlag im Krankenhaus seinen schweren Verletzungen. In der Offenbachstraße erfasste ein LKW-Fahrer am Mittwoch, 16. Juli, ebenfalls beim Abbiegen eine 47-Jährige Radlerin. Sie stürzte, verletzte sich schwer am Kopf und starb noch am Unfallort. In allen drei Fällen waren die Radler vorschriftsgemäß auf Radwegen unterwegs.
„Seit vielen Jahren schon fordern wir die Abschaffung der Benutzungspflicht von Radwegen, weil sie die Radler in einer Scheinsicherheit wiegen“, erklärt Christoph Zindel-Kostelecky, Vorsitzender des Münchner ADFC. Untersuchungen der Bundesanstalt für Straßenwesen bestätigen, dass Radfahrer an Kreuzungen, Einmündungen und Ausfahrten gerade aufgrund der Trennung von Rad- und KFZ-Verkehr deutlich höher gefährdet sind als ohne Radweg. Autofahrer und Radler haben sich gegenseitig weniger im Blickfeld und damit auch weniger im Bewusstsein als bei einer gemeinsamen Führung der beiden Verkehrsarten. „Besonders gefährlich an Kreuzungen sind verschwenkte Radwege“, so Zindel-Kostelecky. „Sie sollen rechtsabbiegenden Autos Platz schaffen, suggerieren dem abbiegenden Autofahrer aber indirekt ein vermeintliches Abbiegevorhaben des Radfahrers, auch wenn der geradeaus radeln will.“
Dass die Beschilderung von Radwegen nicht immer notwendig ist, bestätigte kürzlich auch Ulrich Kasparick, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, dem ADFC-Bundesvorstand in einem Brief: „Die Radwegebenutzungspflicht ist als Sonderfall zu behandeln.“ Und weiter: „Ist die Anordnung nicht zwingend geboten, so darf auch keine Benutzungspflicht des Radweges angeordnet werden.“ Vor diesem Hintergrund fordert der ADFC München ein grundsätzliches Umdenken in der Verkehrsplanung. Christoph Zindel-Kostelecky: „In München muss endlich die Benutzungspflicht für die Radwege fallen, die nicht der Rechtslage entsprechen!“ Die Straßenverkehrsordnung (StVO) und die Verwaltungsvorschrift zur StVO erlauben die Ausweisung benutzungspflichtiger Radwege nur für den Fall, dass die Führung des Radverkehrs dort erheblich sicherer ist, als auf der Fahrbahn.
Die Verwaltungsvorschrift beinhaltet für die Behörden Ausführungsbestimmungen zur StVO. Nach ihr muss ein solcher zwingend erforderlicher baulicher Radweg ausreichend breit und frei von Hindernissen sein; er sollte durchgängig möglichst zwei Meter, mindestens jedoch 1,50 Meter breit sein. In München trifft diese Vorgabe auf den überwiegenden Anteil der Radwege nicht zu. „Besser als Radwege sind Radfahrstreifen wie am Oberanger“, sagt Zindel-Kostelecky. Als Alternative zu Hauptstraßen und dort vorhandenen Radwegen sollte es außerdem überall attraktive, durchgängige Radrouten über Grünanlagen und verkehrsarme Straßen geben, auf denen Radler genauso schnell ans Ziel gelangen können sollten.