Der bereits erwartete Freund war da: Der Maler Wilhelm Kaiser ist gestorben. Als er im vorigen Jahr, wenige Tage nach seinem 91. Wiegenfest, gefragt wurde, was er meine, dass denn noch kommen werde, erwiderte er: „Jetzt warte ich darauf, dass Freund Hein kommt.“ So gottergeben, wie er das Sterben und den Tod betrachtete, so gelassen hat er sein Leben gelebt. Und – es der Malerei gewidmet: „Das Malen bedeutet alles für mich. Ich trage das seit meinem fünften Lebensjahr bis heute in mir.“ Das war kein leicht dahin gesagter Satz für den gebürtigen Sendlinger, der seit 1953 in Laim wohnte.
In einem vor einiger Zeit gemachten Interview fiel, wie unabsichtlich, er handele und lebe nach der Erkenntnis: „Alles, was aus der Erde kommt, betrifft mich auch!“ Bäuerlicher Typ, der er sei, beziehe er die Kraft seines Denkens und Seins aus der Erde, in die er irgendwann zurückkehren werde. Das erklärte er ohne die Spur von Pathos. Und fügte hinzu, im Laufe seines Lebens sei ihm klar geworden: „Wir haben nichts anderes als die Kraft, die wir mitbekommen. Sonst nichts.“
Wilhelm Kaiser beherrschte verschiedenartige Maltechniken. Neben Wandmalereien zeugen Aquarelle, Tempera-Werke, Silber- und Lackbilder von seiner Vielseitigkeit. Das Malen mit Ölfarben bildete allerdings den wesentlichen Teil im Schaffen des Mannes, der sich zeitlebens mit der Münchner und der Dachauer Schule befasst hat. Seine bevorzugten Motive waren Landschaften, Stillleben, Porträts und Tiere. Die Liebe zu Oberbayerns Landschaft und das vertraute Verhältnis zu den Tieren prägen seine Werke. Für ihn war „die Form unabänderlich”. Denn: „Die physische Gestalt muss erhalten bleiben. Auch wenn ich den Bildraum durch ‘transzendente Linien’ zerlege, bleibt für mich eine Frau eine Frau, ein Baum ein Baum, ein Pferd ein Pferd. Ich suche die Vereinfachung, das Ursprüngliche, das Substanzielle.“ Wohl auch deswegen war ein einfacher Lebensstil in seiner „Gedankenwelt“ die einzige Möglichkeit, einen Menschen glücklich zu machen. Und so haben denn auch „die schönsten Augenblicke” im Leben dieses Wahl-Laimers so ausgesehen: „Ich sitze frühmorgens am Rand der Isar und male im Morgenlicht die Landschaft – in aller Stille, in Grau und Grün.“ Am 31. Januar hat Wilhelm Kaiser, dem schon im Frühling des vorigen Jahres klar war, „ ..., dass ich mich mit meinen 91 Jahren eines Tages bereit machen muss“ – drei Monate vor seinem 92. Geburtstag – seinen letzten Weg angetreten.