Veröffentlicht am 16.03.2009 13:26

„Spieler fallen mit ihrer Sucht lange nicht auf”


Von ck
Diplom-Sozialpädagoge Daniel Ensslen ist bei der Suchtberatung Condrobs in Pasing für Glücksspielsüchtige zuständig. (Foto: pi)
Diplom-Sozialpädagoge Daniel Ensslen ist bei der Suchtberatung Condrobs in Pasing für Glücksspielsüchtige zuständig. (Foto: pi)
Diplom-Sozialpädagoge Daniel Ensslen ist bei der Suchtberatung Condrobs in Pasing für Glücksspielsüchtige zuständig. (Foto: pi)
Diplom-Sozialpädagoge Daniel Ensslen ist bei der Suchtberatung Condrobs in Pasing für Glücksspielsüchtige zuständig. (Foto: pi)
Diplom-Sozialpädagoge Daniel Ensslen ist bei der Suchtberatung Condrobs in Pasing für Glücksspielsüchtige zuständig. (Foto: pi)

Seit mittlerweile über 35 Jahren gibt es die Suchtberatung Condrobs in Schwaben und Oberbayern. Entstanden ist sie aus einer Selbsthilfegruppe von Eltern von drogenabhängigen Kindern. In Pasing ist Condrobs erst seit etwas über einem Jahr tätig. Neben Prävention und Suchthilfe für Drogenabhängige gibt es seit September 2008 auch eine Beratung für Glücksspielsüchtige durch den Dipl.-Sozialpädagogen Daniel Ensslen.

Die 16 Bundesländer haben sich in einem Staatsvertrag im Jahr 2003 darauf geeinigt, „das Entstehen von Glücksspielsucht und Wettsucht zu verhindern und die Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung zu schaffen”, so der Gesetzestext. Daraufhin wurde in Bayern eine Landesstelle eingerichtet, sowie zahlreiche Praxisstellen, an die sich betroffene Bürger wenden können.

Mangelnde Beratung im Münchner Westen

Da der Münchner Westen bisher nur sehr spärlich ausgestattet war mit Beratungsstellen und es keinerlei Anlaufstelle für Glücksspielsüchtige gab, wurde im letzten September eine solche Stelle geschaffen. Neben der Beratung sollen auch verlässliche Daten erhoben werden, da es bis heute keine eindeutige Zahl von Betroffenen gibt. Diese schwanke je nach Studie zwischen 100.000 und 290.000 Süchtigen, so Ensslen. Er gehe von ca. 150.000 pathologischen Süchtigen aus. Als „pathologischer Fall” gilt ein Spieler dann, „wenn eine gewisse Freiwilligkeit verloren geht”, „es Probleme verursacht” oder „Schulden auflaufen”. Dass Bedarf an einer solchen Beratung vorhanden ist, zeigt, dass Daniel Ensslen seit Beginn seiner Arbeit ausgebucht ist. Ca. 20 Glücksspieler und Angehörige suchen derzeit bei ihm Hilfe.

80 Prozent der Patienten seien Automatenspieler. Diese gelten nicht als Glücksspiel im rechtlichen Sinne, erläuterte Ensslen. Allerdings seien diese eines der größten Probleme, da sie in großer Zahl und überall verfügbar seien.

„Pathologische Lügner”

Der Großteil der Patienten seien Männer und befänden sich bereits in einem weit fortgeschrittenen Stadium ihrer Sucht, wenn sie sich zur Beratung anmeldeten. Anders als ein Alkoholabhängiger können sie viele Jahre unerkannt bleiben ohne, dass man ihnen anmerke, dass sie einer Sucht verfallen sind. „Spieler fallen mit ihrer Sucht lange nicht auf”. Ein weiteres Problem sei, dass viele Spieler auch pathologische Lügner seien. Sie seien es gewohnt, ihre Umwelt über Jahre hinweg zu täuschen und zu belügen. Dies sei auch bei der Therapie in manchen Fällen ein Problem, da sie selbst dann nicht vollkommen ehrlich sind und sich ihrem Problem oftmals nicht gänzlich stellen können.

„Große Erleichterung”

Der wichtigste, aber auch schwerste Schritt, sei die Anmeldung zu einer Beratung und das erste Gespräch, erläuterte Daniel Ensslen. Nach diesem sei allerdings bei allen Betroffenen eine große Erleichterung zu bemerken. Viele Patienten würden sich zum ersten Mal einem Menschen komplett anvertrauen mit all ihren Problemen. „Sie müssen keine Angst vor der moralischen Peitsche haben”, so Ensslen. Vertrauen sei das Wichtigste für diese Menschen.

Hohe Beschaffungskriminalität

Die meisten pathologischen Glücksspieler brauchen, je länger sie spielen, eine „Dosissteigerung”. Nach einer gewissen Zeit reicht nicht mehr das Spiel um Cent-Beträge am Automaten. Entweder sie erhöhen ihre Einsätze in zwei- und dreistellige Bereiche oder sie wechseln das Spiel. Durch die Steigerung der Einsätze entstehen in schneller Zeit sehr hohe Schulden. Ergebnis ist bei vielen Spielern eine hohe Beschaffungskriminalität. Darin sind sie Drogenabhängigen sehr ähnlich. Ihre Gedanken kreisen oftmals nur um das nächste Spiel und wie sie an das Geld dafür kommen. Daraus resultiere in zahlreichen Fällen eine soziale Isolation und eine sehr eingeschränkte Freizeitgestaltung. Trotzdem den Schritt zur Beratungsstelle zu machen, entsteht oft aus Problemen mit dem Partner, der Familie, der Arbeit oder auch der Selbsterkenntnis, dass man mit den Problemen nicht mehr fertig wird.

Die Beratungsstelle Pasing in der Gleichmannstraße 8 hat Montag und Donnerstag von 15 bis 19 Uhr und Dienstag, Mittwoch und Freitag von 9 bis 13 Uhr geöffnet. Die Beratung ist kostenlos. Weitere Informationen und Anmeldung unter Tel. 9207568-0, pasing@condrobs.de und www.condrobs.de .

north