Veröffentlicht am 05.05.2008 12:45

„Oberirdische Dreckschleuder”


Von SE
Dem Pasinger Bahnhof und seiner Umgebung stehen mit der Umsetzung des Verkehrskonzeptes in nächster Zeit massive Änderungen bevor. (Foto: se)
Dem Pasinger Bahnhof und seiner Umgebung stehen mit der Umsetzung des Verkehrskonzeptes in nächster Zeit massive Änderungen bevor. (Foto: se)
Dem Pasinger Bahnhof und seiner Umgebung stehen mit der Umsetzung des Verkehrskonzeptes in nächster Zeit massive Änderungen bevor. (Foto: se)
Dem Pasinger Bahnhof und seiner Umgebung stehen mit der Umsetzung des Verkehrskonzeptes in nächster Zeit massive Änderungen bevor. (Foto: se)
Dem Pasinger Bahnhof und seiner Umgebung stehen mit der Umsetzung des Verkehrskonzeptes in nächster Zeit massive Änderungen bevor. (Foto: se)

Die von der Stadt geplante Nordumgehung Pasing (NUP) spaltet die Meinungen der Pasinger Bürger. Einmal mehr ist dies auf der jüngsten Bürgerversammlung im überfüllten Festsaal des Gasthofes zur Post deutlich geworden. Mit dem Bau der Umgehungsstraße wurde bereits im April begonnen. Bis Herbst 2012 soll sie fertig sein und das Pasinger Zentrum vom Durchgangsverkehr entlasten. Der umstrittenste Punkt der Planung ist dabei, ob die NUP oberirdisch oder unterirdisch in Form eines Tunnels durch Pasing geführt werden soll. Zahlreiche Bürger befürchten, dass mit der Realisierung einer oberirdischen Straße, wie sie von der Stadt geplant ist, die Feinstaubbelastung der Pasinger Bürger insbesondere im Bereich des Bahnhofes, über den die NUP hinweg führt, massiv ansteigen würde.

Peter Hauber, Pasinger Mediziner und Delegierter der Landesärztekammer, bezeichnete diese Variante der NUP als „oberirdische Dreckschleuder”, da durch sie die gesundheitlichen Risiken der Anwohner und Durchreisenden um ein Vielfaches potenziert würden. Hauber setzt stattdessen auf die Tunnellösung, also einer unterirdischen Leitung der NUP, da hier die Feinstaubbelastung durch Filteranlagen verringert werden könnte. Insbesondere Reisende und Pendler sowie Bahnhofsangestellte seien durch die geplante oberirdische Leitung einem hohen Risiko ausgesetzt, stellte Hauber fest. „Da die Abgase der Kraftfahrzeuge schwerer als Luft sind, sinken sie in den Zugangstunnel und bleiben dort liegen, so dass sie von allen Fahrgästen und Pendlern eingeatmet werden müssen”, so der Mediziner. Bei seinen Patienten, die im Bahnhof arbeiten, sieht Hauber bereits jetzt einen Anstieg von Atemwegserkrankungen und Allergien. „Durch die geplante Variante der NUP werden sich diese Krankheiten noch verschlimmern”, so Hauber. Zudem stellte er die Bauweise der an der NUP vorgesehenen Lärmschutzwände in Frage: „Das sind aerodynamische Barrieren, an denen sich der Umgebungsstaub und der Feinstaub ablagern. Durch den Wind werden dann konzentrierte Portionen des Staubs wieder abgelöst und an die Umgebung und somit die Bürger abgegeben”, erklärte Hauber. Er frage sich zudem, inwiefern es von der Stadt zu verantworten sei, dass zum Beispiel die Bürger in Milbertshofen durch den Petueltunnel vor einer zu hohen Belastung geschützt seien, den Pasingern dies jedoch versagt werde.

Oberbürgermeister Christian Ude (SPD), der die Versammlung leitete, zeigte Verständnis dafür, dass die Pasinger Bürger durch die geplanten, zahlreichen Neuerungen in Pasing, zu der auch der Umbau des Bahnhofes sowie die Verlängerung der Tramlinie 19 gehört, verunsichert seien. Jedoch sei er weiterhin von den Plänen der Stadt überzeugt. Zudem warf er Hauber vor, die Tunnellösung allein aus egoistischen Gründen zu fordern: „Sie wollen durch den Tunnel die Feinstaubbelastung im Bereich ihrer Praxis reduzieren, aber denken nicht daran, dass die NUP zweihundert Meter vor und hinter Pasing ja wieder aus dem Tunnel hinaus und durchs Stadtgebiet führt. Die Bürger anderer Stadtteile hätten ja dann nach ihren Aussagen die gleiche Feinstaubbelastung zu tragen.” In insgesamt vier Anträgen forderten die Pasinger Bürger von der Stadt sich in Bezug auf die NUP für die Tunnelvariante zu entscheiden beziehungsweise deren Vorteile nochmals zu überdenken. Bei der Abstimmung sprachen sich rund sechzig Prozent der Bürger für die Tunnellösung aus. Nicht zuletzt dieses recht knappe Ergebnis zeigt, wie unterschiedlich das Thema NUP von den Pasinger gesehen wird.

Tram- Ja oder Nein?

Noch stärker entzweite sich die Pasinger Bevölkerung allerdings in Bezug auf die Trambahnverlängerung zum Pasinger Bahnhof. In Zusammenhang mit der Erneuerung des Pasingers Zentrum und der Verkehrsentlastung durch die NUP plant die Stadt derzeit die Trambahnlinie 19 in einer Schleife durch die Bäcker- und Gleichmannstraße zum Pasinger Bahnhof zu führen. Damit soll zum Einen den Fahrgästen das Umsteigen erleichtert werden und zum Anderen die Attraktivität der Umsteigemöglichkeit als auch der Einkaufsstadt Pasing gesteigert werden. Besonders den letzten Punkt sehen aber vor allem Geschäftsinhaber in der Bäcker- und Gleichmannstraße kritisch. Francesco Ansini, Inhaber eines Brillengeschäftes, und viele seiner Kollegen befürchten, dass durch die Trambahnverlängerung das Pasinger Zentrum abstirbt. Zudem beschäftigt Ansini die Sorge, dass sich die Pasinger Einkaufsstraßen zu einem richtigen „Bahnhofsviertel” entwickeln könnten, in dem sich vor allem Imbisse und „Schmuddelgeschäfte” ansiedeln. Ein anderer Bürger bat die Stadt zu überdenken, inwiefern es durch die Trambahnverlängerung zu Beeinträchtigungen beziehungsweise einer Erhöhung der Unfallgefahr in der Bäcker- und Gleichmannstraße kommen könnte: „Jedes Verkehrsmittel durch diese Straßen, stellt eine zusätzliche Belastung des Zentrums dar”, so der Bürger, der darum bat, das gesamte Verkehrskonzept für Pasing noch einmal auf die Agenda der Stadt zu setzen.

Oberbürgermeister Ude dagegen warf den Pasinger vor, sie wüssten nicht genau, was sie wollen: „Wenn Sie weniger Auto-Verkehr in Pasing möchten, dann müssen sie notgedrungen zur Alternative Ja sagen, nämlich den öffentlichen Verkehrsmitteln wie der Tram, und umgekehrt.” Zudem entkräftete Ude die Befürchtungen der Bürger mit einem Hinweis auf die Trambahnführung durch die Maffaistraße in der Münchner Innenstadt: „Hier siedeln sich die teuersten Geschäfte an und die Tram fährt seit Jahrzehnten unfallfrei. Außerdem haben viele Metropolen weltweit gezeigt, dass eine Trambahnverbindung die Attraktivität der Wohn- und Einkaufsmöglichkeiten steigert.” Am Ende der Debatte herrschte sichtbar Uneinigkeit in Bezug auf die Chancen und Risiken einer Trambahnverlängerung. Mit 129 gegen 109 Stimmen entschieden sich die Bürger für eine Trambahn zum Bahnhof und gegen eine kritische Überprüfung der Pläne.

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