Veröffentlicht am 17.12.2013 00:00

Bogenhausen · Zu wenig Personal: komplette Etage soll umgebaut werden


Von red
Im dritten Stock des Effnerhauses sind Umbauarbeiten geplant. Start soll im Frühjahr sein. Angela Brändle und Sigi Benker sind beim Effnerhaus verschiedener Meinung.	 (Fotos: hgb/privat)
Im dritten Stock des Effnerhauses sind Umbauarbeiten geplant. Start soll im Frühjahr sein. Angela Brändle und Sigi Benker sind beim Effnerhaus verschiedener Meinung. (Fotos: hgb/privat)
Im dritten Stock des Effnerhauses sind Umbauarbeiten geplant. Start soll im Frühjahr sein. Angela Brändle und Sigi Benker sind beim Effnerhaus verschiedener Meinung. (Fotos: hgb/privat)
Im dritten Stock des Effnerhauses sind Umbauarbeiten geplant. Start soll im Frühjahr sein. Angela Brändle und Sigi Benker sind beim Effnerhaus verschiedener Meinung. (Fotos: hgb/privat)
Im dritten Stock des Effnerhauses sind Umbauarbeiten geplant. Start soll im Frühjahr sein. Angela Brändle und Sigi Benker sind beim Effnerhaus verschiedener Meinung. (Fotos: hgb/privat)

Blankes Entsetzen, verbaler Aufruhr, vehementer einstimmiger Protest bei und von den Mitgliedern des Bezirksausschusses (BA) – das waren die Reaktionen zu den Umbauplänen der städtischen MünchenStift für das Seniorenhaus an der Effnerstraße.

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Die 50 Pflegeplätze im dritten Stock des Hauses, 40 davon sind belegt, sollen aufgelöst, die Senioren in freie Zimmer im Gebäude, in dem sich jetzt 174 Pflegeräume befinden, oder in andere Münchner Einrichtungen verlegt werden.

Es sollen auf der Etage zwei Dutzend Mietappartements – wie im vierten Stock, da sind’s 33, genannt »Wohnen mit Service« – eingerichtet werden. Blieben also 124 Zimmer. Der Grund für das Vorhaben: Es fehlen 18 Pflegefachkräfte, die trotz intensiver Suche nicht gefunden werden konnten. Für das seniorengerechte Wohnen würden weniger Mitarbeiter benötigt.

Per Zufall hatten die Lokalpolitiker – worüber sie sehr verärgert waren und dies auch klar äußerten – von der Umrüstung erfahren. Am Nachmittag vor der Tagung des Kommunalparlaments waren die Betroffenen und ihre eingeladenen Angehörigen – rund 70 Personen – von der beabsichtigten Umwandlung durch MünchenStift-Geschäftsführer Siegfried »Sigi« Benker und Hausleiterin Barbara Mooser unterrichtet worden. Benker ist seit April in dieser Funktion tätig, war zuvor im Aufsichtsrat der Gesellschaft und 16 Jahre Fraktionssprecher der Grünen im Stadtrat. Bei dem Termin war auch Angela Brändle anwesend, deren Vater im Haus an der Effnerstraße lebt. Sie gehört der SPD-Fraktion des BA Bogenhausen an.

Die Abgeordnete reichte einen Dringlichkeitsantrag ein, den das Plenum einhellig verabschiedete, nachdem Benkers erzürnte Parteikollegin, die BA-Vorsitzende Angelika Pilz-Strasser, die Formulierung geschärft hatte: »Der BA fordert die Stadt auf, unter allen Umständen das Wohnen mit Pflegeleistung im dritten Stock zu erhalten. Eine Umwandlung in betreutes Wohnen wird abgelehnt. Der BA besteht auf einem Gespräch mit Geschäftsführung und Heimleitung«. Ein Treffen sicherte Marian Offman zu, CSU-Stadtrat und Aufsichtsrat der MünchenStift, der bei der Tagung des Stadtteilgremiums anwesend war. »Es wäre anständig gewesen, wenn uns das Gespräch zuvor angeboten worden wäre«, kommentierte Pilz-Strasser den Beschluss.

Umzug wäre

»eine Zumutung«

Brändle begründet ihren Antrag: »Die pflegebedürftigen Senioren, teils mit Orientierungsschwierigkeiten, in den vier Wohnbereichen im dritten Stock haben sich während der letzten eineinhalb Jahre an die Zimmer und die Mitbewohner gewöhnt. Ein Wechsel in andere Pflegeheime oder auch nur Stockwerke, in Zimmer mit anderen Lichtverhältnissen und Mitbewohnern, ist für die in der Regel über 90-Jährigen eine Zumutung. Auch unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse müssen alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, bevor die Schließung des Stocks gerechtfertigt ist. Darüber hinaus ist das Haus an der Effnerstraße das einzige Seniorenpflegeheim im Stadtbezirk, eine dauerhafte Reduzierung wäre gerade in Bogenhausen, wo mit großem Bevölkerungszuwachs zu rechnen ist, nicht zukunftsorientiert.«

Als »erstaunlich« bezeichnete es Brändle auf unsere Nachfrage, »dass in vier Monaten, im April, mit dem Umbau begonnen werden soll«. Benker, mit dieser Aussage konfrontiert, erklärte: »Wir haben den Bauantrag gestellt, im März/April wird begonnen, im Juli/ August ist alles fertig.« Mit anderen Worten: Planungstechnisch ist alles von langer Hand vorbereitet.

»Was ist das für eine hirnlose Planung? Würde man die Leute vernünftig bezahlen, hätte man genügend Pflegekräfte. Man muss es so lassen, wie es ist«, wetterte Andreas Nagel von David gegen Goliath. »Die Plätze müssen dringend erhalten werden, die Begründung ist unehrlich«, fügte FDP-Fraktionssprecher Berndt M. Hirsch an. Und seine Parteikollegin Christiane Bormann betonte: »Es hängt alles an der Bezahlung der Pflegekräfte.«

»Wir haben es in einem jahrelangen Kampf geschafft, dass das Effnerhaus gebaut wurde, die Einrichtung ist uns zu verdanken. Der Status muss beibehalten werden, er ist auf die Zukunft gerichtet«, stellte Xaver Finkenzeller (CSU) klar und erzählte: »Ich wollte im Mai meine Großmutter dort unterbringen, erhielt als Antwort: Wir haben keinen freien Platz.« Benker dazu befragt: »Das kann sein, das kann im Einzelfall sein.« Und weiter: »Seit der Eröffnung des Effnerhauses im Juli vergangenen Jahres sind im Gebäude verteilt 50 Plätze frei. Wir haben in unseren neun Häusern mit Pflegeleistung eine Auslastung von circa 99 Prozent.«

Zum Umbau, dessen Kosten bis dato nicht beziffert wurden, und zum Vorgehen erklärte der 56-jährige Geschäftsführer: »Wir haben lange, intensiv, ja verzweifelt europaweit nach Pflegefachpersonal gesucht und keines gefunden. Wir haben zuerst die Betroffenen informiert, nicht als Erstes die politische Ebene. Ich finde es bedauerlich, dass die Sache sofort auf die politische Ebene gehoben wird. Ich hätte heute (Anm. der Red.: einen Tag nach der BA-Sitzung) Frau Pilz-Strasser informiert, ich hab’ ja ihre Handynummer.« Und: »Der Umbau wurde zweimal im Aufsichtsrat diskutiert und einstimmig beschlossen. Die Einrichtung ist und bleibt ein Haus für die Senioren in Bogenhausen. Ich bin froh, dass es ein Gespräch mit den BA-Vertretern gibt.«

An die Tarife

gebunden

Offman betonte: »Wir können die Räume nicht leer stehen lassen, weil wir das Pflegepersonal nicht bekommen. Und bei der Bezahlung sind wir an die Tarife gebunden. Wir sollten miteinander reden. Eine Zwischenlösung zu finden, wäre schon ein Fortschritt.« H. G. Blessing

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