Das neue Schuljahr hat begonnen und damit kehrt auch ein von vielen Schülern ungeliebter Begleiter zurück: die Mathematik.
Doch Kurvendiskussionen, binomische Formeln und spitze Winkel müssen kein Grund sein, zu verzagen: Fünf junge Bogenhauser haben ein Programm entwickelt, mit dem Schüler ganz individuell mathematische Inhalte lernen und üben können. Für ihre Smartphone-App »Scoobel« haben die Studenten schon viel positives Feedback bekommen. Ausruhen auf dem Erfolg wollen sie sich allerdings nicht.
»Etwas Sinnvolles
am Handy machen«
Hinter »Scoobel« stecken Ludwig, Simon, Jonas, Sebastian und Jeremias. Alle sind zwischen 21 und 23 Jahre alt, alle kommen aus dem Stadtbezirk Bogenhausen und haben im Wilhelm-Hausenstein-Gymnasium (WHG) ihr Abitur gemacht, wenn auch nicht alle im gleichen Jahr. Die Idee zu einem gemeinsamen Projekt kam ihnen nach dem Abschluss. Ihm sei aufgefallen, meint Simon, dass relativ viele Schüler Probleme mit dem Fach Mathematik hätten. »Ich habe während der Schulzeit viel Nachhilfe in Mathe gegeben«, erzählt der 23-Jährige. »Als ich mein Studium begonnen habe, fehlte mir allerdings die Zeit dafür.«
Daraufhin entwickelten er und seine Freunde die Vision eines Programms, das es jederzeit und nach eigenem Ermessen ermöglicht, mathematische Inhalte abzurufen, sich erklären zu lassen und Aufgaben zu lösen und das alles auf dem Smartphone. »Die Eltern sind froh, wenn ihre Kinder mal etwas Sinnvolles am Handy machen«, erklärt Simon.
Wer die App »Scoobel« nutzen möchte, benötigt dazu ein Smartphone mit Android und kann das Programm über Google Play herunterladen. Die Basisfunktionen sind kostenlos. Die App beinhaltet den kompletten Mathe-Lernstoff der 5. bis 10. Klasse nach dem Lehrplan der bayerischen Gymnasien. Insgesamt gibt es 150 Themenpakete. Angeboten werden ausführliche und möglichst einfach gehaltene Erklärungen, Übungen sowie Prüfungen. Wer diese fleißig durchzieht, kann Punkte sammeln und dann sein Resultat in einer Rangliste mit anderen Benutzern der App vergleichen. »Die Rangliste soll ein Anreiz sein, um die Übungen zu machen«, erläutert Ludwig. »Das motiviert die Leute«, ergänzt Simon.
Was der Benutzer vermutlich nicht sieht, ist wie viel Arbeit in die App geflossen ist. Ungefähr drei Jahre hat es gedauert, bis »Scoobel« das war, was es heute ist. Viele Diskussionen gingen dafür ins Land, erzählen die Entwickler. Zuerst mussten sie sich über das Design einig werden, dann über den Umfang der Aufgaben. Immer galt es, einen vernüftigen Konsens zwischen allen Beteiligten zu finden.
»Manche Wochen waren sehr schwer«, sagt Simon. »Doch wir hatten das große Ziel vor Augen. Und die guten Phasen haben überwogen.« Während seines Auslandssemesters in Los Angeles brachte sich der BWL-Student selbst Programmieren bei. »In der Zeit habe ich wenig geschlafen«, erinnert sich Simon. Als sie mit dem Programmieren dann doch an ihre Grenzen stießen, holten die jungen Entwickler noch den Informatikstudenten Sebastian mit ins Boot.
Erste Version
am WHG getestet
Nach unzähligen Arbeitsstunden war die erste Version fertig. »Die haben wir dann am WHG, unserer alten Schule, in insgesamt zehn Klassen getestet«, erläutert Simon. Das war im Januar 2016. Bei Schülern und Lehrern des Gymnasiums im Arabellapark sei das Programm gut angekommen, Verbesserungsvorschläge und Ideen setzten die Entwickler nach Möglichkeit um.
2017 erschien das erste Update von »Scoobel«, seit Anfang Juni 2018 ist nun die Version 2.0 zum Download verfügbar. Insgesamt haben bereits über 1000 Benutzer das Programm heruntergeladen.
»Wir bekommen viel positives Feedback«, erzählen Ludwig und Simon. So manch ein Schüler hätte sich mit Hilfe der App von einer Fünf auf eine Zwei verbessert. »Das ist ein schönes Gefühl«, sagt Ludwig. Der Erfolg treibt die fünf jungen Bogenhauser weiter an. Nachdem die App inzwischen wie gewünscht läuft, geht es jetzt an die Feinheiten. Dafür analysieren die Entwickler die Daten der Benutzer natürlich anonym und sind immer offen für Kritik, am besten per WhatsApp, einem Online-Nachrichtendienst auf dem Smartphone. Demnächst soll dann auch noch der Lernstoff der 11. und 12. Klasse in »Scoobel« integriert werden.
Videokonferenzen
mittwochs um halb elf
Um ihr Programm weiter zu verbessern, treffen sich die fünf jeden Mittwochabend um 22.30 Uhr zur Videokonferenz über Skype. Die späte Uhrzeit ergibt sich daraus, dass alle quasi »nebenbei« studieren oder arbeiten müssen. Mathematik studiert übrigens keiner von ihnen im Hauptfach. Zwar gehört ein Informatiker zum Team, doch die anderen streben ihren Abschluss in BWL oder Politikwissenschaften an. Zwei sind an der LMU eingeschrieben, einer an der Hochschule München, einer in Passau und einer in Mannheim. »Wir haben schon viel Ahnung von Mathe, sind aber keine Freaks«, betont Ludwig. »Ein gewisser Abstand ist hilfreich.«
Das Ziel der fünf Studenten ist es, deutschlandweit möglichst viele Schüler anzusprechen. »Mathe muss nicht schwer sein«, lautet ihr Credo. Daneben wollen sie mit dem Projekt »Scoobel« Erfahrung sammeln für ihren weiteren Berufs- und Lebensweg. »Wir haben alle fünf gemeinsam eine eigene Firma auf die Beine gestellt«, meint Ludwig. »Da kann man schon viel rausziehen für später.«
Ein weiteres Ziel ist es, das Programm immer weiterzuentwickeln und innovativ zu sein. Dafür soll nicht zuletzt der Name »Scoobel« stehen ein englisches Kunstwort aus »school« (Schule) und »rebel« (Rebell). Ein wenig sehen sie sich also als »Rebellen« in guter Sache. Rebellen im Dienste der Mathematik.
Benjamin Schuldt
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