Veröffentlicht am 06.11.2020 08:42

"Auf Herz und Rampe"

"Die Straße überqueren und einkaufen gehen, war wirklich schwierig, trotzdem hat mir der Stadtteilcheck total viel Spaß gemacht", so das einstimmige Resümee der Viertklässler. Die Schüler der Grundschule an der Stuntzstraße 1 haben am Stadtteilcheck "Auf Herz und Rampe" des Kreis-Jugendrings (KJR) teilgenommen und ihr Viertel auf dessen Barrierefreiheit getestet. Dabei setzten sich die Schüler in Rollstühle, bekamen Brillen, die eine Sehbehinderung simulieren verpasst oder mussten sich komplett blind nur mit einem Blindenstock bzw. Führer im öffentlichen Raum bewegen.

"Die Bordsteine waren teilweise sehr schwer zu überwinden, auch wenn sie ganz flach waren", berichtet Sebastian, der mit einem Rollstuhl rund um die Grundschule an der Stuntzstraße unterwegs war.
Nico konnte durch seine Spezialbrille, die ihm nur 10 Prozent Sehleistung ermöglicht nur wage Umrisse erkennen. "Ich hatte keine Chance Straßenschilder oder Hausnummern zu lesen und hätte immer Hilfe von Fremden benötigt."
Seine Klassenkameradin Jana stand vor der Herausforderung, trotz verbundener Augen eine Straße zu überqueren. Obwohl sie von einem anderen Kind geführt wurde und ihr ein blinder Mann Tipps zur Orientierung gab, brauchte sie mehrere Ampelphasen, um die Straße zu passieren. Der Grund: Das akustische bzw. taktile Signal an der Ampel war defekt. Außerdem war die Ampelschaltung extrem kurz. "Da haben Menschen mit Handicap kaum eine Chance, die Straße sicher zu überqueren", stellt die Projektleiterin Lena Schreiber von KJR fest.
Aber dieses Problem ist nur eines von vielen, das die Schüler bei ihrem Stadtteilcheck feststellen mussten. Sie notierten alle Probleme und werden diese im Anschluss dem Bezirksausschuss übermitteln.

Nicht nur die Schüler, auch die Lehrerin der 4a ist von dem Projekt begeistert. "Die Projektleitung hat sich auch im Vorfeld viel Zeit genommen für die Fragen der Schüler. Das hat dazu geführt, dass die anfängliche Scheu und Verunsicherung der Schüler abnahm und sie sich immer mehr trauten, auch ungewöhnlichere oder persönliche Fragen zu stellen", berichtet Stefanie Magiera über die Unterrichtseinheit, die im Vorfeld zu den Stadtteilchecks stattgefunden hat.
Möglich gemacht haben das auch die behinderten Gäste, die den Kindern ausnahmslos alle Fragen offen und kindgerecht beantworteten. Ein idealer Start also, um die Schüler für die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderung zu sensibilisieren.

Dass den Initiatoren dies einmal mehr gelungen ist, zeigen die positiven Rückmeldungen der Schüler. Holly wird sich zum Beispiel künftig trauen, einem blinden Menschen an der Ampel ein Zeichen zu geben, wenn das Signal auf Grün schaltet. Auch Sebastian möchte Rollstuhlfahrer bei Hindernissen wie Rampen, Treppen oder Schwellen unterstützen. "Denn ich weiß jetzt wie schwierig das ist und habe auch keine Angst mehr, die Menschen anzusprechen."
Entsprechend positiv fällt auch das Fazit der Lehrerin der Projektklasse aus: "Die Grundschüler haben in den letzten Jahren viele Projekte mitgemacht. Die Erinnerung an einige dieser Aktionen wird in den nächsten Jahren verblassen. Der Stadtteilcheck bleibt ihnen sicherlich länger in Erinnerung." ahi

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