Gutes aus der Region
Tönnies-Skandal, kombiniert mit einem Jahr Gesetzgebung zum Artenschutz, basierend auf dem umstrittenen Volksbegehren „Rettet die Bienen“ – in diesem gesamtpolitischen Umfeld ist der Bauernmarkt in Bockhorn auf dem Weg, eine Dauereinrichtung zu werden. Die achtköpfige Gruppe, die noch im Auftrag der Gemeinde tätig ist, Gemeindegrund nutzt, und auch sicherstellt, dass die Standgebühren zur Deckung der Unkosten auch bei der Gemeinde ankommen, traf jedenfalls bei der zweiten Auflage des Angebots ins Schwarze: 16 Stände waren zusammen gekommen, vorzugsweise aus Bockhorn selbst. Nur die Dinge, die in Bockhorn selbst nicht angebaut oder erzeugt werden kamen aus anderen Regionen des Landkreises, wobei eine Durchsicht der Stände ergab, dass praktisch alle Lieferanten aus dem Kreisgebiet stammen. Katha Berger, ein Mitglied im Team, geht angesichts der Schlangen vor den Ständen, die sich schon eine halbe Stunde nach Marktöffnung gebildet haben, den entscheidenden Schritt weiter: Es wird an eine Vereinsgründung gedacht, ein „Bauernmarkt e.V.“. Derlei gibt es schon andernorts, die Initiatoren müssen das Rad nicht neu erfinden. Aber sie haben jetzt die Nase vorn, schaffen für Direktvermarkter aus dem ganzen Kreisgebiet neue Absatzmöglichkeiten, und wollen ab sofort an jedem ersten Samstag im Monat diesen Markt durchführen. Dass es dabei nicht nur um Gemüse, Eier, Kartoffeln, Brot geht bekommt Odile Binding, Chefin am Gutshof in Grünbach, hautnah mit. Gerade mal 12 Schweine sind dort gleichzeitig aufgestallt, wie sie vorrechnete. Der Betrieb arbeite dennoch mit schwarzen Zahlen, wenn diese auch nicht imposant ausfallen. Natürlich sind die Preise andere als an den Selbstbedienungstheken im Discounter, aber sie machte gegenüber der Presse deutlich, dass gerade der neuerliche Lebensmittelskandal – und es sind ja immer die Großfabriken – das Interesse an Produkten aus den kleinen Betrieben gesteigert haben. „Hoffen wir, dass das anhält“, meinte sie. Fast gleichzeitig sind im Land Leute unterwegs, die auf politischer Ebene das Ihre dazu beitragen wollen: Wolfgang Drobny, Kreisgeschäftsführer des Bund Naturschutz hatte erst unlängst eine Exkursion mit nicht weniger als 40 Teilnehmern. Haupttenor: Die Gräben, die das umstrittene Volksbegehren aufgerissen hat, müssten geschlossen werden. Die frühere Umweltministerin und Stimmkreisabgeordnete Ulrike Scharf (CSU) hatte das ganze Volksbegehren sehr kritisch gesehen. „Da sind viele Unwahrheiten unterwegs“, hatte sie einmal vorsichtig gegenüber der Presse gesagt. Drobny ist, was den Umgang mit der Landwirtschaft allgemein und der konventionellen Landwirtschaft im Besonderen angeht, tatsächlich enorm differenziert in seiner Argumentation, will zusammenführen, will darstellen, dass auch konventionell wirtschaftende Betriebe sehr viel leisten können und das auch tun. Die immer wieder erlebte Frontstellung: Hier die „guten“ Ökobauern, dort die „bösen“ konventionellen Landwirte – bei ihm war nichts davon zu hören. Die kritischen Fragen richten sich vielmehr an die Förderpolitik der EU und anderer, die Initiativen von Landwirten, etwas für die Artenvielfalt zu tun, wieder zunichte machen, beispielsweise dadurch, dass die Landwirte den „Ackerstatus“ für ihre Flächen nicht riskieren dürfen zu verlieren und diese darum umbrechen. Dazu steigt die Kritik, dass die Förderpolitik, gleich von welcher Ebene, die Großen bevorzuge – womit man wieder bei den Agrarfabriken im Stil von Tönnies war. kw
06.11.2020 03:10 Uhr
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