Frische Trinkmilch macht in der Bevölkerung den größten Anteil verzehrter Milchprodukte aus. Im Handel gewinnt nun die so genannte „längerfrische“ Milch, bekannt als „Extended Shelf-Life-Milch“ (ESL-Milch), an Marktanteilen gegenüber der frischen, traditionell kurzzeiterhitzten Milch. Wie aber sieht es mit der Nährstoffqualität der verschiedenen Erhitzungsverfahren aus? Die Lebensmittel-Experten von TÜV SÜD haben zum Tag der Milch am 1. Juni den aktuellen Kenntnisstand zusammengetragen und geben Tipps für Aufbewahrung und Verzehr von Milch und Milchprodukten.
64 Kilogramm frische Trinkmilch verzehrt jeder Bundesbürger im Durchschnitt pro Jahr. Hinzu kommen gesäuerte oder gezuckerte Milchmixgetränke, Joghurt, Butter, Sahne und Käse unterschiedlichster Sorten. Mehr als 2000 verschiedene natürliche Inhaltsstoffe wurden bisher in der Milch identifiziert. Über ihre gesundheitlichen Wirkungen wird zum Teil noch intensiv geforscht. Täglich Milch zu trinken bzw. in verarbeiteter Form zu essen, wird von Experten fast durchwegs empfohlen: Nicht nur der hohe Gehalt an Kalzium, auch leicht verdauliche Milchfette und -eiweiße sowie B-Vitamine tragen zum positiven Gesundheitsimage bei.
Milch im Rohzustand hat eine hohe Zahl an bakteriellen Keimen. In den Handel gebrachte Milch muss deshalb hitzebehandelt werden. Durch Erhitzungsverfahren bewirken die Hersteller ein vollständiges Abtöten der pathogenen Keime und verbessern die Haltbarkeit der Milch. Damit wird eine gesundheitliche Gefahr für den Verbraucher, auch bei unsachgemäßer Handhabung oder längerem Transport, weitestgehend ausgeschlossen.
Milch wird im Wesentlichen pasteurisiert oder sterilisiert. Die beiden Verfahren unterscheiden sich durch verschiedenen Einsatz von Temperatur und Erhitzungszeit. Herkömmliche Frischmilch wird bei 72 bis 75 Grad 30 Sekunden lang erhitzt (pasteurisiert). Bei der sterilisierten Milch wird höher und länger erhitzt: H-Milch, auch ultrahocherhitzte Milch (UHT-Milch) wird zwei bis acht Sekunden auf mindestens 135° C erhitzt. Die längerfrische, so genannte ESL-Milch, kann in zwei verschiedene Verfahren hergestellt werden: Zum einen durch ein Erhitzungsverfahren mit etwas höheren Temperaturen als bei Frischmilch, zum anderen durch das Mikrofiltationsverfahren, bei dem Keime mechanisch entfernt werden, in Kombination mit der Pasteurisierung. Das Erhitzungsverfahren bei der ESL-Herstellung führt zu einer stärkeren Hitzeschädigung als bei herkömmlicher Frischmilch, jedoch ist die Hitzebelastung bei der UHT-Milch-Herstellung deutlich höher.
Gesetzlich muss ESL-Milch bisher nicht als solche gekennzeichnet werden. Verbraucherschützer fordern eine Kenntlichmachung, weil mit der thermischen ESL-Herstellung eine höhere Eiweiß- und Vitaminschädigung verbunden ist als bei der herkömmlichen Frischmilchherstellung. Menschen mit gutem Geruchs- und Geschmackssinn können das auch sensorisch bemerken. Zukünftig soll die Milch einheitlich gekennzeichnet werden: Die nach herkömmlichen Verfahren pasteurisierte Frischmilch wird mit dem Zusatz „traditionell hergestellt“ gekennzeichnet, ESL-Milch erhält die ergänzende Angabe „länger haltbar“. Bei der Konservierung der Milch mit Hitze treten nur geringe Verluste an Vitaminen bei den hitzelabilen Vitaminen (B1, B6, B12, C und Folsäure) auf. Als Faustregel geben Experten die Verluste bei der Pasteurisierung von Frischmilch mit weniger als 10 Prozent an, beim Sterilisieren (H-Milch) sind es maximal 20 Prozent. Der Kalziumgehalt bleibt in beiden Verfahren unbeeinflusst.
Für die Lagerung zu Hause ist die Haltbarkeit entscheidend. Je nach Erhitzungs-verfahren ergeben sich Unterschiede: H-Milch ist bei Zimmertemperatur zirka drei Monate haltbar. ESL-Milch ist gekühlt bei einer Maximaltemperatur von sieben Grad zwei bis drei Wochen haltbar. Kurzzeiterhitzte Milch (Frischmilch) hält gekühlt zirka acht bis zehn Tage. Die Haltbarkeiten beziehen sich auf die ungeöffnete Originalverpackung. Beim Einkauf ist das Mindesthaltbarkeitsdatum eine entscheidende Orientierungshilfe. Es gibt an, bis wann ungeöffnete Lebensmittel bei richtiger Lagerung mindestens haltbar sind und der Qualitätsstandard des Herstellers garantiert ist. Die TÜV SÜD-Experten raten dazu folgendes:
- Milch nach dem Öffnen so schnell wie möglich verbrauchen. Das gilt auch für die H-Milch. Sie verdirbt zwar deutlich langsamer und ohne Säuerung, ist aber spürbar an einem seifigen, unangenehmen Geschmack. - Die Lagerung im Kühlschrank ist bei drei bis acht Grad Celsius optimal. - Da Milch und Milchprodukte sehr leicht Geruch und Geschmack anderer Lebensmittel annehmen, sollte die Milchverpackung selbst verschlossen sein. - Milch dunkel lagern: Einwirkendes Licht – wie es zum Beispiel im Glas auf dem Frühstücksbuffet möglich ist – verringert die Milchqualität. Denn Licht zerstört empfindliche Vitamine und verschlechtert den Geschmack.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt im Rahmen einer ausgewogenen Ernährung 200 bis 250 Gramm Milch und Milchprodukte sowie 50 bis 60 Gramm Käse pro Tag in fettarmen Varianten. Vor allem Kinder erfüllen die Verzehrsempfehlungen nach aktuellen Studien bereits ab dem Grundschulalter meist nicht mehr. Da Milch und Milchprodukte jedoch die wichtigsten Kalziumquellen in der Ernährung sind, sollte jeder circa drei Portionen Milch und Milchprodukten pro Tag verzehren oder für Ersatz durch andere kalziumreiche Lebensmittel zu sorgen.