„Die verschwundene Arbeiterklasse” - unter diesem Titel ist bis Donnerstag, 15. Dezember, ein fotografisches Kunst- und Dokumentationsprojekt von Rudolf Stumberger in der Sendlinger Kulturschmiede (Daiserstr. 22) zu sehen.
„Alle Räder stehen still, wenn dein starker Arm es will”, hieß es früher zur gesellschaftlichen Bedeutung der Arbeiterschaft, für die sich sowohl die Politik wie auch die Soziologie oder die Literatur interessierte. Im Marxismus galten die Arbeiter als das revolutionäre Subjekt für den Übergang zum Sozialismus.
Im zweiten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts gibt es noch immer Arbeiter, doch in den westlichen Industrieländern ist ihre Zahl massiv geschrumpft. Aus dem Fokus der Medien, der politischen Ansprachen und der sozialwissenschaftlichen Studien sind sie fast völlig verschwunden.
Im dokumentarischen Teil wird auf 23 Tafeln die Geschichte der sozialdokumentarischen Fotografie im 20. Jahrhundert gezeigt, die zu einem beträchtlichen Teil die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Arbeiter zum Gegenstand hatte. Seien es die Stahlarbeiter in Pittsburgh, das ländliche Proletariat in Kalifornien, die Arbeitslosen in Hannover oder die Aufmärsche am 1. Mai in Berlin. Nach dem Zweiten Weltkrieg geraten die Arbeiter langsam aus dem Fokus der Fotografen, Ende der 1980er Jahre verschwinden sie allmählich völlig aus der sozialdokumentarischen Fotografie.
Nach 1960 und verstärkt in den 1980er Jahren zieht sich eine Spur der Deindustrialisierung quer durch Europa. Beginnend mit der Textilindustrie, deren Produktion zunehmend ins Ausland verlegt wird, schließen nach und nach die Fabrikhallen, die Stahlhütten, die Werften und die Bergwerke. Dieser Prozess zieht sich von den Häfen des Baskenlandes über die Minen von Okzitanien und Wales über die Stahlhütten in Belgien, dem Saarland und dem Ruhrgebiet bis zu den Schuhfabriken in Pirmasens oder der Porzellanindustrie in der Oberpfalz.
Im Kunstteil präsentiert die Ausstellung sechs Fotografien im Format 30x40 Zentimeter. Sie zeigen Orte des realen Verschwindens der Arbeiterklasse quer durch Europa, unter anderem Arzberg in der Oberpfalz, einst Standort der Porzellanindustrie, sowie Pirmasens, ehemalige Schuhindustrie. In diesem Teil der Ausstellung werden zudem Schwarz-weiß-Fotografien gezeigt, die zeitgenössische Arbeitssituationen im öffentlichen Raum sowie die 1. Mai-Feier 2022 in München zum Thema haben. Die Fotografien haben eine Originalgröße von 9x11 Millimeter. Eine Betrachtung ist daher nur mit Hilfe einer Lupe möglich. Dieses Kleinstformat steht für das Verschwinden der Arbeiterklasse als relevante Gruppe.
Die Ausstellung wird am Donnerstag, 10. November, um 19 Uhr eröffnet und kann zu folgenden Zeiten besucht werden: Donnerstag, 24. November, 17 bis 20 Uhr, Sonntag 27. November, 13 bis 16 Uhr, Donnerstag 1. Dezember, 17 bis 20 Uhr, Donnerstag, 8. Dezember, 17 bis 20 Uhr. Die Finissage ist am Donnerstag, 15. Dezember, um 19 Uhr.