Veröffentlicht am 22.04.2008 00:00

„Erster Schritt zur Chancengleichheit”


Von SB

Die Zuordnung von Kindern im 5. Schuljahr in die Schularten Hauptschule, Realschule, Gymnasium, wie sie in Bayern praktiziert wird, ist nach Ansicht der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Bayern nachweislich falsch. Dies belege nicht nur die PISA-Studie, die Kinder mit gleichen Fähigkeiten in allen drei Schularten findet, sondern auch die Übertrittsquote in Bayern. Seit vielen Jahren wechseln nach GEW-Angaben etwa 37 Prozent aller GrundschülerInnen ans Gymnasium, aber nur zirka 19 Prozent bestehen das Abitur. Das heißt, knapp die Hälfte der Kinder, die das Prädikat „geeignet fürs Gymnasium“ erhalten, bleiben auf der Strecke.

Auch an der Realschule würden nicht alle Kinder, die „geeignet“ waren, diese nach sechs Jahren erfolgreich abschließen. Auf der anderen Seite rühme sich das Kultusministerium damit, dass vereinzelt auch HauptschülerInnen die allgemeine Hochschulreife erreichen können. „Allein schon diese Tatsachen rechtfertigen die Forderung der GEW nach der Aufhebung der frühen schulischen Selektion und nach längerem gemeinsamem Lernen“, argumentiert Gele Neubäcker, Vorsitzende der GEW Bayern. „Ein erster kleiner Schritt hin zu mehr Chancengleichheit wäre die sofortige Abschaffung der Übertrittszeugnisse, denn der sog. Eignungsvermerk hängt zu einem erheblichen Teil vom sozialen Status der Eltern ab, außerdem wesentlich von der Zusammensetzung und Leistungsstand der Grundschulklasse. Er hat wenig mit der tatsächlichen individuellen Leistungsfähigkeit eines Kindes zu tun, die ohnehin in diesem Alter nicht für die Zukunft prognostiziert werden kann.“

„Fehleinschätzung”

Würde es den Eltern endlich gemeinsam mit ihren Kindern und im Kontakt mit der Schule überlassen, wohin ihr Kind in der 5. Klasse geht, könne in der Grundschule viel angstfreier und damit effektiver gelernt werden. Eine Chance auf einen Übertritt hätten nach Ansicht der GEW dann auch Kinder, deren Eltern sich nicht am Kampf um Notenbruchteile beteiligen können oder wollen – sei es durch teuren Nachhilfeunterricht oder Drill am häuslichen Schreibtisch, oft schon von der zweiten Klasse an. Neubäcker: „Wenn man im Kultusministerium meint, mit dem Festhalten an der verbindlichen Schulzuweisung von Grundschulkindern die Hauptschule retten zu können, so ist das eine Fehleinschätzung. Davon sind wir in der GEW überzeugt. Die Akzeptanz der Hauptschule wird nicht größer, wenn mehr Kinder und Jugendliche sie gegen ihren eigenen Willen und den ihrer Eltern besuchen müssen.“

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