Ein Dauerbrenner-Thema könnte in eine entscheidende Phase gehen. Denn die Planungen für eine Untertunnelung der Landshuter Allee mit einer gleichzeitigen Wohnbebauung über dem Tunnel scheinen auch in der Stadtverwaltung auf positive Resonanz zu stoßen. Das zumindest betont Rolf Rossius auf einer Informationsveranstaltung im Neuhauser Kulturpavillon: „Die Planungsspitze zeigt Interesse. Die Stadt geht mit sehr viel Ernsthaftigkeit an das Thema heran.“
Rolf Rossius, der zusammen mit seinem Bruder Bodo eine Bauträgergesellschaft in vierter Generation führt und in Neuhausen aufgewachsen ist, plant im Rahmen einer Untertunnelung der Landshuter Allee in Zusammenarbeit mit Architekt Dieter Pöhlmann auf dem Deckel des Tunnels Wohnbebauung. „Die Wohnungen sollen für jedermann nutzbar sein“, erklärt Rolf Rossius. Geplant sind sechsgeschossige Wohnhäuser. „Auf München lastet ein enormer Wohnungsdruck. Wir planen nur eine begrenzte Zahl an Eigentumswohnungen. Hauptsächlich sollen es Miet- und Sozialwohnungen werden.“ Im Erdgeschoss sollen die Garage untergebracht werden. Und auch Grünflächen sind angedacht. „Wir haben auch schon Investoren, die sich für das Projekt interessieren. Wir reden hier immerhin von 80.000 Quadratmeter Wohnfläche“, so Rolf Rossius.
An der Kreuzung zur Nymphenburger Straße sind seinen Angaben zufolge zwei 45 Meter hohe Häuser geplant. Mit 15 Stockwerken wären die Gebäude in etwa so hoch wie der Mercedes-Turm an der Donnersberger Brücke „Die Türme brauchen wir, damit der Tunnel entlüftet werden kann.“ Neben der Entlüftungsanlage sollen auch hier Wohnungen entstehen. Wegen des „tollen Ausblicks“ könne im oberen Stockwerk auch ein Café angedacht werden.
Die Machbarkeitsstudie für einen Tunnelbau, die vom Referat für Stadtplanung und Bauordnung im vergangenen Jahr vorgestellt wurde, geht von einem Kostenpunkt von rund 530 Millionen Euro aus. Diese Summe ist aus Sicht von Rolf Rossius aufgeblasen. „Man kann alles tot rechnen“, betont er auf der Veranstaltung im Kulturpavillon, die von der SPD Neuhausen organisiert wurde. „Wir sind mit einer Sparversion an die Sache herangegangen.“ Auch damit sich der Tunnelbau für die Stadt wirtschaftlich gegenrechnet. „Wenn der Tunnel zweispurig bleibt, haben wir keine Probleme die Statik zu verteilen“, so Rolf Rossius. Er betont, dass seine Planung nur ein Vorschlag sei. Was die Stadt daraus mache, dem stehe er offen gegenüber. Dies gelte auch für die Anzahl der geplanten Wohnungen, die im jetzigen Entwurf auf 1133 beziffert ist. „Ich habe keine wirtschaftlichen Interessen an dem Projekt, sondern will vielmehr, dass die Untertunnelung gemacht wird.“
Auch die Bürgerinitiative (BI) „Pro Landshuter Allee Tunnel“ steht den Plänen der Gebrüder Rossius positiv gegenüber und ist nach Angaben von BI-Sprecher Michael Lotterschmid zu einem Kompromiss bereit. „Die Kosten müssen minimiert werden. Wir würden auch bei der Baumaßnahme Abstriche machen und können uns gut vorstellen, dass es eine wie auch immer geartete Bebauung über der Landshuter Allee gibt.“ Die BI fordert deshalb die Stadt auf, die Studie der Gebrüder Rossius zu berücksichtigen. „Hier wurden sehr viele Dinge aufgegriffen, die wir auch schon angedacht haben“, sagt BI-Sprecherin Susanne Mayer. Und Michael Lotterschmid ergänzt: „Sowohl Oberbürgermeister Dieter Reiter als auch Bürgermeister Josef Schmid haben angekündigt, dass sie die Verwaltung auffordern, den Vorschlag der Gebrüder Rossius in die neue Stadtratsvorlage mit einzuarbeiten.“
Nach langen Jahren ist 2013 die Machbarkeitsstudie vorgestellt worden. Untersucht wurde darin neben der Landshuter Allee auch der Ringabschnitt an der Tegernseer Landstraße. Beide weisen die höchsten Einwohnerdichten und gleichzeitig die höchsten Verkehrsbelastungen entlang des Mittleren Rings auf. Neben den damit verbundenen Lärm- und Luftschadstoffbelastungen, stelle der Mittlere Ring in beiden Bereichen für die angrenzenden Stadtteile eine Barriere mit hoher Trennwirkung dar, heißt es in der Machbarkeitsstudie des Referats für Stadtplanung und Bauordnung.
„Hinzu kommen die Planungen für das Verkehrskonzept im Münchner Norden. Es wäre naiv zu glauben, dass das Ganze keine Auswirkungen auch auf unser Stadtviertel haben wird. Im Zweifel bedeutet es für uns noch mehr Verkehr“, erklärt Susanne Mayer. Momentan befahren die Landshuter Allee täglich 122.000 bis 149.000 Fahrzeuge pro Tag. Die Machbarkeitsstudie prognostiziert einen Anstieg der Verkehrsströme bis 2025 auf 131.000 bis 165.000 Fahrzeuge pro Tag. In diesem Zusammenhang gehe es nicht mehr nur um Defizite in der Lebensqualität und die gesundheitliche Belastung, so Mayer weiter, „vielmehr stößt die Landshuter Allee auch an ihre Kapazitätsgrenze“. 80 Prozent des Verkehrs auf der Landshuter Allee ist Durchgangsverkehr.
„Die Machbarkeitsstudie kommt zu dem Schluss, dass die einzig machbare Möglichkeit die Tunnellösung ist“, betont Susanne Mayer. Von Seiten der BI ist es allerdings nicht nachvollziehbar, dass der angedachte Tunnel mehrere Ein- und Ausfahrten haben soll. Sie wären in kurzen Abständen am Tunnelbeginn nördlich der Arnulfstraße, im Bereich zwischen der Nymphenburger Straße und dem Platz der Freiheit/ Leonrodstraße sowie weiter nördlich des Platzes der Freiheit vorgesehen. Das geht der BI zu weit, auch weil die Kosten für den Tunnel auf dieser Nord-Süd-Achse damit in die Höhe getrieben werden. „Wir halten den in der Machbarkeitsstudie angesetzten Kostenwert von rund 530 Millionen Euro für zu hoch. Diese Schätzung ist ein Pferdefuß für die Umsetzung“, so Susanne Mayer. Für die Autofahrer, die ins Stadtviertel wollen, reicht nach Ansicht der BI je eine oberirdische Fahrspur. Für den Tunnel fordert auch die BI die Beibehaltung der beiden Fahrspuren in jede Richtung.
„Wir wissen, dass wir mit unseren Forderungen an die Stadt nicht alleine sind, sehen uns aber nicht in Konkurrenz zu den geplanten Tunnelprojekten am Englischen Garten oder in der Tegernseer Landstraße“, betont Michael Lotterschmid. „Dennoch beanspruchen wir für die Landshuter Allee eine besondere und bevorzugte Behandlung.“