Leser Horst Fischer fragt:
Die Beschlussfähigkeit einer WEG-Versammlung richtet sich nach der Anwesenheit von mehr als der Hälfte der Miteigentumsanteile der erschienenen Wohnungseigentümer.
Sind nun beispielsweise von 15 Eigentümern nur drei persönlich körperlich anwesend mit ca. 30% Eigentumsanteilen, besitzen aber 5 Vollmachten mit denen dann über 50 % Eigentumsanteile vertreten wären, gilt dies dann als Beschlussfähigkeit ? Oder anders gefragt wie rechnen Vollmachten auf die Anwesenheit an ? Heißt „Erscheinen“ körperliche Anwesenheit oder gilt auch eine Vollmacht als „Erscheinen“ ?
Stefan Eder von der 5 Seen Hausverwaltung GmbH in Weßling antwortet:
Die Frage lässt sich nicht einfach mit Ja oder Nein beantragen.
Es gibt es grundsätzlich drei verschiedene Mehrheitsverhältnisse in WEG Abstimmungen:
a) Einfache Mehrheit (wie z.B. bei Abstimmungen über den Wirtschaftsplan oder die Abrechnung)
b) Qualifizierter (Doppelt Qualifizierter) Mehrheitsbeschluss z.B. für Modernisierungen mit Anpassung auf den Stand der Technik. Hier muss zum einen eine Mehrheit von drei Viertel aller stimmberechtigten Wohnungseigentümer nach dem Kopfprinzip des § 25 Abs. 2 WEG für den Beschlussgegenstand stimmen und dabei mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile repräsentieren.
c) Allstimmiger Beschluss: Für zum Beispiel bauliche Maßnahmen ist grundsätzlich ein allstimmiger Beschluss notwendig. Hier müssen alle Eigentümer anwesend sein und auch für den Antrag stimmen.
Insofern lässt sich die Frage des Leser wie folgt klären:
Zu Beginn der Versammlung wird die Beschlussfähigkeit festgestellt.
Im Normfall: Es sind x tausendstel Miteigentumsanteile anwesend oder durch Vollmacht vertreten. Die Vollmachten zählen hier grundsätzlich zu den „anwesenden / vertretenen” Miteigentümern. Also sind die durch Vollmacht vertretenen Miteigentümer in der Versammlung „erschienen”.
Bei den Abstimmungen ist dann allerdings Vorsicht geboten.
Im Falle einer normalen Abstimmung (Fall a) zählen die Vollmachten und die anwesenden Eigentümer ganz normal, wie wenn alle an der Versammlung teilnehmen würden.
Im Falle der doppelt qualifizierten Mehrheit schaut es leider schon anders aus: Bei der qualifizierten Beschlussfassung der §§ 16 Abs. 4 und 22 Abs. 2 WEG ist demnach zunächst zu beachten, dass nicht nur eine Dreiviertelmehrheit der in der Eigentümerversammlung erschienenen bzw. vertretenen Wohnungseigentümer ausreicht, sondern vielmehr eine Dreiviertelmehrheit sämtlicher im Grundbuch eingetragenen und stimmberechtigten Wohnungseigentümer erforderlich ist, die gleichzeitig mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile repräsentieren. Darüber hinaus muss die Abstimmung zwingend nach dem Kopfprinzip des § 25 Abs. 2 WEG erfolgen, auch wenn dies etwa durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer abbedungen wurde.
Nachdem gerade Modernisierungen sich im Laufe einer Diskussion ergeben und daraus dann der konkrete Beschluss formuliert wird, ist es hier meist unabdingbar, dass hier diese Dreiviertelmehrheit auch anwesend ist, da ansonsten ja keine konkrete Stimmabgabe möglich sein dürfte.
Im Falle eines Beschlusses nach Allstimmigkeit (Fall c)
Von einem allstimmigen Beschluss spricht man, wenn alle Miteigentümer für einen bestimmten Beschlussantrag stimmen. Voraussetzung für das Zustandekommen eines solchen Beschlusses in der Eigentümerversammlung ist, dass alle Miteigentümer vertreten sind.