Veröffentlicht am 02.06.2015 08:55

„Nicht auf dem Rücken der Kinder und Eltern dieser Stadt austragen”

Thomas Böhle ist Personalreferent der Stadt und Präsident der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeber. (Foto: LHM)
Thomas Böhle ist Personalreferent der Stadt und Präsident der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeber. (Foto: LHM)
Thomas Böhle ist Personalreferent der Stadt und Präsident der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeber. (Foto: LHM)
Thomas Böhle ist Personalreferent der Stadt und Präsident der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeber. (Foto: LHM)
Thomas Böhle ist Personalreferent der Stadt und Präsident der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeber. (Foto: LHM)

Von den gut 420 städtischen Kitas Münchens sind zwei Drittel geschlossen: Die Erzieher streiken - inzwischen seit 11. Mai. Nur die kommunalen Kitas sind von dem Streik betroffen, nicht die privaten oder die in Trägerschaft von Wohlfahrtsverbänden wie Caritas, AWO u.a. Frühestens am Donnerstag wollen die Gewerkschaften über ein Aussetzen oder Ende des Streiks nachdenken, sagte am Dienstag Björn Köhler (Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Bayern).

Seit Montag wird verhandelt

Seit Montag verhandeln die Tarifpartner wieder miteinander. Der städt. Personalreferent Thomas Böhle hatte Verdi München zuvor aufgefordert, die Streiks sofort zu beenden, denn unter diesen müssen vor allem die betroffenen Eltern und Kinder leiden. Böhle ist in Berlin Verhandlungsführer in den Tarifauseinandersetzungen für die Arbeitgeber. „Die Fortsetzung der Streiks wird die Verhandlungen nicht befördern, sondern eher belasten”, sagte Böhle. Es sei nicht nachvollziehbar, dass in „München, wo deutschlandweit die höchsten Gehälter an Erzieher gezahlt werden, die Streiks besonders intensiv durchgezogen werden.”

Plätze für „Härtefälle”

Laut städt. Bildungsreferat wurde mit der Gewerkschaft Verdi vereinbart, dass 1.000 Plätze für Härtefälle - in 40 Kitas über das Stadtgebiet verteilt - Familien zur Verfügung stehen. Zudem sollen in den vom Streik betroffenen städtischen Kitas mindestens 3.000 Plätze garantiert werden. Auskunft darüber, wo sich diese Einrichtungen befinden, gibt die Elternberatungsstelle des Bildungsreferats unter Tel. 23396771.

Kinder vermissen ihre Bezugspersonen

Einen Appell zu mehr Verantwortung gegenüber den betroffenen Kindern und Eltern hat der Elternbeirat der Kinderkrippe Johannes-Timm-Str. 7 an die Tarifpartner gerichtet. „Gewerkschaft und Arbeitgeber scheinen vollkommen auszublenden, dass die Leidtragenden des Streiks die Kleinkinder sind”, so der Elternbeirat. Er erklärt: „Unseren Kleinkindern wird nicht nur die für sie so wichtige Alltagsstruktur und damit Stabilität genommen, sie vermissen auch ihre Spielkameraden, Freunde und vertrauten Bezugspersonen. Eltern, die die Betreuung ihrer Kinder aufgrund unterschiedlichster beruflicher Gründe nicht vollständig selbst übernehmen können, sehen sich gezwungen, ihre Kinder irgendwo 'unterzubringen', teilweise bei anderen Eltern, die den Kindern fast vollkommen fremd sind. Dies widerspricht jeglichen psychologischen und pädagogischen Überlegungen und belastet die Eltern emotional, und auch finanziell.”

„Streik ist unverhältnismäßig”

Berufstätige Menschen mit einem Jahresurlaub von sechs Wochen können der Belastung durch den Streik nicht standhalten. Insbesondere für Selbständige sei der lange Streik zur Existenzbedroung geworden. Die Streikstrategie findet beim Elternbeirat der Kinderkrippe Johannes-Timm-Str. 7 deshalb keine Akzeptanz mehr. Die Mittel und Maßnahmen werden als unverhältnismäßig empfunden.

Mehr Anerkennung für Erzieher

Prinzipiell unterstützt der Elternbeirat die Belange der Erzieher, mehr Anerkennung und eine bessere Bezahlung für ihren wichtigen, zukunftsorientierten Beruf zu bekommen. „Wie sollen wir denn ohne diese Fachkräfte die Zukunft unseres Landes, und das sind nun mal unsere Kinder, sichern? Sollen junge Menschen gar keine Kinder mehr bekommen?” fragt der Elternbeirat.

Familien als Spielball des Konflikts

Viele Kommunen können den Forderungen der Gewerkschaften nicht nachkommen können, selbst wenn sie es wollten, räumt der Elternbeirat ein: „Die heutige Zeit bringt es offensichtlich mit sich, dass allerorten ein immer härterer Verteilungskampf stattfindet. Wo früher Gemeinsinn, Verantwortung, Verständnis und Menschlichkeit herrschte, macht sich immer mehr Egoismus und Bevorteilung breit. Die Familien als Basis und Zukunft der Gesellschaft werden dabei vernachlässigt und finden immer noch nicht in dem Maß Beachtung, in dem sie es verdienen.”

Es liege daher in der Verantwortung des Bundes und der Länder, intensiv und sofort zu überdenken, wie die Wertschätzung und Bezahlung dieser Fachkräfte angemessen honoriert werden kann. „Kinder und Eltern haben mehr verdient, als Spielball der Politik und unverantwortlicher Tarifauseinandersetzungen zu sein”, so der Elternbeirat.

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