„Ungleichbehandlung”


Von TG
Die Stadtwerke wollen die Fäustlestraße im Westend nicht mit Fernwärme versorgen. Der Antrag auf einen Anschluss ist als „unwirtschaftlich” abgelehnt worden. (Foto: tg)
Die Stadtwerke wollen die Fäustlestraße im Westend nicht mit Fernwärme versorgen. Der Antrag auf einen Anschluss ist als „unwirtschaftlich” abgelehnt worden. (Foto: tg)
Die Stadtwerke wollen die Fäustlestraße im Westend nicht mit Fernwärme versorgen. Der Antrag auf einen Anschluss ist als „unwirtschaftlich” abgelehnt worden. (Foto: tg)
Die Stadtwerke wollen die Fäustlestraße im Westend nicht mit Fernwärme versorgen. Der Antrag auf einen Anschluss ist als „unwirtschaftlich” abgelehnt worden. (Foto: tg)
Die Stadtwerke wollen die Fäustlestraße im Westend nicht mit Fernwärme versorgen. Der Antrag auf einen Anschluss ist als „unwirtschaftlich” abgelehnt worden. (Foto: tg)

Die Fäustlestraße im Münchner Westend ist kurz. Sie misst, wenn’s hoch kommt, 150 Meter. Das Gebäude mit der Hausnummer 8 steht gut 50 Meter von der Westendstraße entfernt. Die Rohre, durch die die Anlieger an der Westendstraße mit Fernwärme versorgt werden sollen, sind bereits verlegt worden. Die Bewohner der Landsberger Straße – an der endet die Fäustlestraße auf der Gegenseite – sollen schon bald ebenfalls in den Genuss der Fernwärme kommen. An der „Landsberger” entstehen zurzeit zwei riesige Bürogebäude. Den Bewohnern der Häuser in der Fäustlestraße jedoch wird die von den Stadtwerken München (SWM) gepriesene „wirtschaftliche und ökologische Wärmeversorgung“ vorenthalten.

Das ärgert die Ärztin Dr. Barbara Busch. Ihr gehört das Haus Nummer 8. Sie kämpft seit 2007 erfolglos um einen Anschluss ans Fernwärmenetz für das Gebäude. Aus diesem Grund hat sie jetzt den Bezirksausschuss Schwanthalerhöhe (BA8) um Hilfe gebeten. Bei der jüngsten Sitzung des Lokalparlaments trug sie empört vor, es sei ihr unbegreiflich, die Schwanthalerhöhe einerseits als Vorzugsgebiet für die Fernwärme auszuweisen, es andererseits jedoch abzulehnen, die Häuser in der Fäustlestraße in das Netz einzubinden. Und das mit der, aus ihrer Sicht, windigen Begründung, das sei „unwirtschaftlich”. Schließlich seien die Besitzer zweier weiterer von insgesamt neun anliegenden Häuser in der Fäustlestraße ebenfalls bereit, einen Anschluss vornehmen zu lassen. Wirtschaftlich sei doch wohl, die Fernwärme in alle Straßen der Schwanthalerhöhe zu legen, damit die Straßenaufreißerei endlich ein Ende habe. Die Mitglieder des BA sehen das so wie die Beschwerdeführerin. Sie bemängeln, dass die Schwanthalerhöhe nicht flächendeckend in den Genuss der Fernwärme kommt. Großabnehmer würden bevorzugt. Sie sicherten Barbara Busch zu, sie zu unterstützen.

„Sie brauchen sich um nichts zu kümmern”

Barbara Busch sagt von sich: „Ich bin umweltbewusst und gegen die Verschwendung von Ressourcen.“ Deshalb habe sie sich für die „innovative, umweltschonende und nachhaltige Fernwärmeversorgung“ ihres Hauses entschieden. Sie hat vor, das Dachgeschoss ausbauen zu lassen. Da dränge es sich sogar auf, die ökologische Fernwärme zu nutzen und Gasöfen sowie die mit Gas betriebene Etagenheizung auszumustern. Das Vorhaben sah anfänglich gut aus. Ende April 2007 unterbreiteten die Stadtwerke der Ärztin ein Angebot, in dem die Fernwärme als „preisgünstige, umweltschonende und bequeme Energieversorgung“ angepriesen wird. Sie leiste einen wichtigen Beitrag zur Reinhaltung der Münchner Luft. Überdies werde die Fernwärme direkt ins Haus geliefert, heißt es unter dem Stichwort „bequem“. Und: „Sie brauchen sich um nichts zu kümmern!“ Nach dem Besuch eines SWM-Mitarbeiters schien alles klar. Barbara Busch: „Man signalisierte mir, dass ich mit einem Anschluss rechnen kann. Ich sollte nur noch bis zum Ende des Jahres 2007 warten, weil der BA Schwanthalerhöhe der Westendstraße gerade einen ‚Deckenschutz’ verpasst hatte.“ Viele Bürger hatten sich seinerzeit über das ständige Aufreißen und Wiederzumachen der Straßen im Viertel beschwert.

„Kurzsichtige Entscheidung”

Als die SWM der Ärztin im März des vergangenen Jahres mitteilen, ihrem Antrag könne nicht entsprochen werden, versteht sie die Welt nicht mehr. Sie telefoniert, schreibt Briefe an die Stadtwerke und an den Oberbürgermeister. Sie argumentiert gegen die „kurzsichtige Entscheidung“ und trägt vor, der Anschluss Fäustlestraße rentiere sich zugegebenermaßen bei drei Anfragen nicht sofort. Aber – wenn er für ihren Dachgeschossausbau nicht alsbald komme, entfalle sie als Interessentin für die nächsten 20 Jahre. Die Fäustlestraße sei sehr kurz. Demzufolge werde es stets nur wenige Interessenten geben. Dafür müssten bei einem Anschluss nur wenige Meter Rohr verlegt werden. Das beeindruckt die Stadtwerke nicht. „Klar kalkulierte Wirtschaftskriterien“ gäben den Ausschlag für oder gegen Neuanschlüsse. SWM-Pressesprecherin Bettina Hess verlautbart dazu sinngemäß, die Lage habe sich seit 2007 nicht zum Positiven verändert. Die Preise für Bauleistungen seien sogar drastisch angestiegen. In der Fäustlestraße gebe es überdies außer Barbara Busch nach wie vor nur zwei weitere mögliche Fernwärme- Kunden. So könne die Fäustlestraße „nicht zu den erforderlichen wirtschaftlichen Konditionen“ erschlossen werden.

Wollte Barbara Busch umgehend zu einem Anschluss kommen, müsste sie tief in die Tasche greifen. Statt der 3000 Euro, die üblicherweise für einen Hausanschluss bezahlt werden müssen, wären dann 25 000 Euro fällig. Bettina Hess: „Die SWM würden dabei die aktuellen Interessenten an den Erschließungskosten beteiligen.“ Das liege im Rahmen des Zumutbaren. Sollten später in der Fäustlestraße weitere Abnehmer hinzukommen, würde den dreien ein Teil der 25 000 Euro zurückgezahlt werden, so Bettina Hess. Barbara Busch sieht in der ihr zugemuteten „Beteiligung“ eine Ungleichbehandlung gegenüber anderen SWM-Kunden. „Das ist nach meiner Meinung rechtlich nicht haltbar.“ Die SWM-Sprecherin setzt jetzt auf ein erneutes persönliches Gespräch. „Wir haben ein Interesse, hier zu einer einvernehmlichen Lösung zu kommen.“

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