„Nach meinem Karriereende war es mir ein Bedürfnis, jungen Menschen meine eigenen Erfahrungen weiterzugeben.“ Oliver Kahn, Torwart a. D., ist in neuer Mission unterwegs: Als Motivator besucht er Schulen. Vergangenen Montag fiel im Städtischen St. Anna Gymnasium der Startschuss für die „ich schaff`s Tour mit Oliver Kahn“. Über 200 Schülerinnen und Schüler waren dabei, als Kahn gemeinsam mit Dr. Thomas Hegemann, Leiter des „ich schaff`s“-Institutes, und Heinz Hilgers, Präsident des Deutschen Kinderschutzbund Bundesverbands (DKSB), das Programm vorstellte. Hilgers wies auf die Bedeutung der Initiative hin: „Das Programm ‚ich schaff`s’ wird die Jugendlichen in ihrer Entwicklung stärken, ihnen Perspektiven aufzeigen und vermitteln, dass es sich mit selbst gesteckten Zielen leichter und motivierter lernt.“
Schulleiterin Dr. Ingrid Neuner freute sich darüber, dass ihre Einrichtung der erste Gastgeber der Tour sein durfte. „Vor allem in der Pubertät stellen wir immer wieder fest, dass auch intelligente Schülerinnen und Schüler in ein ‚Motivationsloch’ fallen“, sagte sie. „Doch Motivation ist wichtig, um Ziele zu erreichen.“ In Gesprächen äußerten die Schüler zwar immer wieder glaubhaft ihren guten Willen, „in der Praxis des Alltags aber scheitern sie dann doch.“ Leider seien Lehrkräfte nicht ausgebildet, mit Schülern ein systematisches, effektives Motivierungs-Programm durchzuführen. „Wir wollen den Schülern helfen, sich selbst zu motivieren“, erklärte Neuner. „Deshalb ist es für uns eine große Chance, durch die Fortbildung einer größeren Gruppe von Lehrkräften unserer Schule Hilfe dabei zu erhalten, möglichst viele Schülerinnen und Schüler zu einem erfolgreichen Abschluss zu führen.“
Dann kam er endlich, der Mann, auf den alle gewartet hatten: „Titan“ Oliver Kahn betrat unter tosendem Applaus die Aula. Dabei fühlte er sich einige Jahre zurückversetzt: „Ich bin ja froh, dass ihr mich rein gelassen habt – in meiner Schulzeit musste ich auch oft vor der Türe warten...“ Die Schüler erlebten mit „Olli“ eine Unterrichtsstunde der besonderen Art: Anhand seiner Karriere brachte Kahn zusammen mit Dr. Thomas Hegemann und Heinz Hilgers den Schülern das 15 Punkte umfassende Programm „ich schaff's“ nahe. Wichtigster Punkt: sich Ziele setzen. „Wisst ihr, was eine Vision ist?“, fragte Kahn in die Runde. Ratlose Gesichter bei den Schülern. „Das ist ein Megatraum, den ihr immer im Kopf behalten solltet.“ Doch diesen „Megatraum“ könne man nicht sofort erreichen. „Setzt euch erreichbare Ziele“, appellierte er an die Schüler. Kahn erzählte, wie er mit dem Fußballspielen begann und sich immer wieder neue Ziele steckte: In der Profimannschaft spielen, für den FC Bayern München spielen, Deutscher Meister werden, Welttorhüter werden. Ein zu großes Ziel gebe es nicht – „man muss es nur in Schritte aufteilen.“ Auch sei es wichtig, ein sinnvolles Ziel zu suchen. „Wenn ich mir mir vorgenommen hätte, beim FC Bayern Torschützenkönig zu werden, hätte das nicht gepasst.“
Wenn man sich Ziele gesetzt hat, so die „ich schaff's“-Philosophie, soll man sich Helfer suchen. „Jeder braucht ein Umfeld, dass ihn unterstützt“, sagt Oliver Kahn. „Bei mir waren das Trainer, aber auch die Familie und Freunde.“ Dabei sei es wichtig, dass diese Menschen einen auch auf Fehler hinweisen. Und dann muss man anpacken. Kahn: „Nur reden nützt nichts, irgendwann muss man auch loslegen. Schon ein kleiner Schritt kann alles in Gang setzen.“ Von Rückschlägen dürfe man sich nicht unterkriegen lassen. „Der zentralste Punkt ist, die Niederlagen verkraften zu können“, so Kahn.
Dass auch die Karriere des „Titans“ nicht ohne Rückschläge verlief, wurde den Schülern in einem Film vor Augen geführt: 26. Mai 1999, Finale der Champions League – der FC Bayern verspielt den Sieg gegen Manchester United in der Nachspielzeit; 30. Juni 2002, WM-Finale – nach einem Patzer von Oliver Kahn geht Brasilien mit 1:0 in Führung, gewinnt das Finale schließlich mit 2:0; 7. April 2006 – Jürgen Klinsmann macht Jens Lehmann zur Nummer Eins im Tor der Nationalmannschaft, Oliver Kahn bestreitet als Nummer Zwei die WM im eigenen Land. „Es gab immer wieder Momente, die schlimm waren“, so Kahn. „Doch wenn ich Eines gelernt habe, dann, dass sich kein Ziel ohne Niederlagen erreichen lässt.“ Niemals aufgeben – so lautet Oliver Kahns Philosophie, mit der er die Bayern 2001 zur Last-Minute-Meisterschaft führte, als er seine Mitspieler mit dem mittlerweile berühmt gewordenen Ausspruch „Weiter, immer weiter!“ antrieb. Man müsse lernen, mit Rückschlägen umzugehen, sagt Kahn, und solle versuchen, die Niederlage in einen Sieg zu verwandeln. „Das gibt saumäßige Kraft und macht dich stärker.“
Hat man sein Ziel schließlich erreicht, ist es Zeit zu feiern – und sich zu bedanken. „Ich habe mich immer bei allen möglichen Leuten bedankt“, so Oliver Kahn, „besonders bei den Fans.“ Abschließend fasste er die Schlüsselpunkte noch einmal zusammen: „Wir allen brauchen einen großen Traum, der uns antreibt. Es kommt nicht darauf an, was du kannst, sondern wie sehr du es willst. Der Hartnäckigste erreicht sein Ziel!“ Nun kamen die Schüler zu Wort und hatten die Möglichkeit, ihrem Idol Fragen zu stellen. „Was hast du gemacht, wenn du keine Lust hattest?“, wollte beispielsweise Xaver wissen. „Erinnere dich, was du erreichen willst“, sagte Kahn. „Es lohnt sich!“