Veröffentlicht am 10.06.2016 00:00

Schliersee · Auf geht’s zum Picherfest!


Von red

Wenn über den Regen, den wir die letzten Wochen hatten, geschimpft wird, heißt es immer »Aber der Natur tut es gut!« Wenn ich unsere Bauerngärten im Museum anschaue, sehe ich schon, dass das stimmt. Alles gedeiht prächtig.

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Aber ich freue mich momentan trotzdem über jeden Sonnenstrahl und denke, den meisten von Ihnen geht es wohl genauso. Außerdem ist zu viel Wasser für unsere Pflanzen auch nicht gut, Schädlinge und Pilze können sich vermehren und den Nutzpflanzen zu schaffen machen. Um das zu verhindern achtete man früher darauf, die Gärten so anzulegen, dass sich die Pflanzen einerseits gegenseitig ergänzten und es andererseits Schädlingen möglichst schwer machten. Dieses alte Wissen können Sie sich noch heute und morgen bei unseren Bauerngartentagen zu eigen machen. Unsere Gärtnerinnen führen Sie durch Bauern-, Kräuter- und Klostergarten und weihen Sie ein in die Geheimnisse des nachhaltigen Gärtnerns.

Aber eigentlich wollte ich Ihnen heute etwas über das Pech erzählen. Nicht das Pech mit dem Wetter, sondern das Pech aus Baumharz. Denn früher war Pech ein wichtiger Dichtstoff. Schon Noah benutzte es laut Bibel für seine Arche. Pech wurde meist aus Nadelhölzern gewonnen. Dazu wurde das Holz unter Luftabschluss verschwelt, ähnlich einem Kohlemeiler. Die Pechsieder waren gefragte Handwerker, denn der zunehmende Handel und das damit verbundene Wachstum im Schiffsbau erforderte große Mengen an Pech. Neben dem Schiffsbau wurde es aber ebenso zum Abdichten von Holzfässern benötigt.

So verwenden wir es auch im Museum. Das Bier, das wir in der Museumsbrauerei mit viel Handarbeit herstellen, lagern wir in Holzfässern. Diese sind im Inneren mit einer Pechschicht ausgepicht. Mit der Zeit wird das Pech im Fass jedoch rissig und das Fass somit undicht. Nicht nur das, auch Bakterien können sich an diesen Stellen besser festsetzen und das Bier würde schneller sauer werden. Die Braumeister prüften früher regelmäßig den Zustand ihrer Fässer und legten bei Bedarf einen sogenannten Pichtag ein. An diesem Tag wurde gepicht, das heißt die Fässer wurden mit frischem Pech abgedichtet. Das alte Pech wurde mit Hilfe von Feuer und Luft zum Ausfließen aus den Fässern gebracht.

Frisches Pech wurde im Pechkessel erhitzt und anschließend in das Fass geleitet. Das Fass wurde verschlossen und »geschwankt«. Dabei wurde es gedreht, gekippt und gerüttelt, damit sich im Inneren das Pech gleichmäßig verteilte. Anschließend wurde das Fass auf zwei Stangen gelegt und gerollt, damit sich eine möglichst dünne Pechschicht bildete. Sie können sich vorstellen, dass das mit einem 30-Liter-Fass ganz gut geht. Bei uns müssen allerdings Fässer mit 1000 Litern Fassungsvermögen gepicht werden! Da sind wir mittlerweile einer der Letzten, die das noch durchführen. Es ist eine sehr anstrengende Arbeit, deren Ende man früher verdientermaßen mit einem kleinen Umtrunk feierte. Und genau das tun wir kommenden Samstag bei unserem Picherfest.

An dem Tag, an dem sich alles um das Lieblingsgetränk der Bayern dreht, können Sie uns beim Pichen über die Schulter schauen. Zudem erleben Sie die Kunst des Bierbrauens in unserer hauseigenen historischen Brauerei und auch das Handwerk des Schäfflers, also des Fassmachers, können Sie bestaunen. Sie sehen schon, es ist einiges an Arbeit nötig, um ein Fass Bier herzustellen, sowohl von Seiten der Schäffler oder Pechsieder als auch von Seiten der Brauer. Das Ergebnis kann sich sehen lassen, aber davon überzeugen Sie sich in unserem Biergarten am besten selbst. Und dann werden Sie sehen, wie glücklich Pech machen kann!

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