Wo die Fußballer der SpVgg Unterhaching stehen, wusste im Sommer keiner so genau. Einer starken Hinrunde hatten die Rot-Blauen eine frustrierende Rückrunde folgen lassen, Spieler wie Stammkeeper Lukas Königshofer und Eigengewächs Orestis Kiomourtzoglou hatten den Verein verlassen, andere wie Top-Torjäger Stephan Hain fehlten immer noch verletzt. Nach elf Spieltagen, also mehr als einem Viertel der Saison, lässt sich schwarz auf weiß festhalten, wo Haching steht: Ganz oben!
Obwohl die Münchner Vorstädter zuletzt "nur" zwei Unentschieden schafften, bleiben sie auch während der Länderspielpause Tabellenführer der 3. Liga, da die Verfolger aus Halle, Braunschweig und Duisburg ebenfalls durchweg Federn ließen. Erst ein Spiel (0:3 gegen den Halleschen FC) hat Haching verloren, auf fremdem Platz noch gar keines. 19 Tore und 14 Gegentore sind ordentliche, aber keine herausragenden Werte in der Liga. Was für die SpVgg spricht, ist die Ausgeglichenheit: Die Mannschaft, die in der Rückrunde 2018/19 von den Toren von Stephan Hain und Stefan Schimmer abhängig war (und dann wegen Verletzungen und Formkrisen der beiden Angreifer wochenlang überhaupt keinen Treffer erzielte), hat nun bereits zehn verschiedene Schützen, wobei kein Akteur mehr als drei Tore aufweist.
Dass die SpVgg die Tabelle anführt, mag überraschend und auch etwas glücklich sein, ist aber kein Zufall. Vor allem bei den personellen Entscheidungen haben Trainer Claus Schromm und Präsident Manfred Schwabl vieles richtig gemacht. So war es ein gewisses Risiko, nach dem Abgang von Keeper Königshofer zum zahlungskräftigen KFC Uerdingen 05 den erst 19-jährigen Nico Mantl zur neuen Nummer eins zu machen. Das Eigengewächs, das 2011 vom FC Deisenhofen in die Jugend der SpVgg wechselte, hatte zwar den einen oder anderen Wackler, lieferte aber diverse gute Partien und sicherte mit starken Paraden so manchen Punkt für seine Mannschaft.
Der Lohn: Nico Mantl ist erstmals für die deutsche U20-Nationalmannschaft nominiert worden, steht im Kader für die beiden Länderspiele gegen Polen (10. Oktober) und in der Schweiz (13. Oktober). „Das macht uns unheimlich stolz und bestätigt seine Entwicklung“, erklärt Trainer Claus Schromm. „Der ganze Verein freut sich für Nico, dass er diese tolle Chance bekommt. Das ist die logische Konsequenz für seine guten Leistungen.“
Im Angriff ist Haching trotz des Abgangs von Stefan Schimmer, der erst nach Saisonstart zum Zweitligisten Heidenheim wechselte, nun breiter aufgestellt: Mit Felix Schröter und Dominik Stroh-Engel haben zwei neue Angreifer gut eingeschlagen und schon je drei Tore beigesteuert. Letzterer war ein Jahr lang ohne Spielpraxis gewesen und deswegen nicht von allen Fans begeistert empfangen worden. Jetzt nennen ihn die Hachinger Anhänger liebevoll "Strohnaldo". Auch weitere Neuverpflichtungen wie der ehemalige Löwen-Jugendspieler Moritz Heinrich (ebenfalls drei Tore) und Paul Grauschopf haben ihre Tauglichkeit nachgewiesen.
Alles gut also beim frisch gebackenen Börsenclub? Bisher ja, da die Hachinger trotz einiger Ausfälle konstant punkten und anscheinend die richtigen Lehren aus der verkorksten Rückserie gezogen haben. Ob die gute Form diesmal im neuen Jahr anhält, wird sich zeigen. Und auch 2019 warten noch schwere Aufgaben wie die Auswärtspartien in Braunschweig, Magdeburg oder Mannheim sowie schon diesen Freitag, 11. Oktober, im Toto-Pokal das Derby beim TSV München 1860. Anstoß ist um 19.30 Uhr im Grünwalder Stadion. B. Schuldt