Haben Sie heute schon den »Zachäus« gesehen? Wenn Sie am Nachmittag bei einem Spaziergang an der Kirche vorbei kommen, werden Sie ihn wahrscheinlich schon erblicken. Die rot-weiße Kirchweihfahne, die heute aus dem Kirchturm gehängt wird, heißt nämlich im Volksmund so.
Hoamat Bayern Die Kolumne von Markus Wasmeier
Markus Wasmeier-Kolumne Themenseite: Markus Wasmeier, ehemals Skirennläufer, ausgezeichnet als Sportler des Jahres, stellt das Bauernhof- und Wintersportmuseum am Schliersee vor
Morgen ist der dritte Sonntag im Oktober und seit 1866 wird an diesem Tag in Bayern Kirchweih gefeiert und eben einen Tag vorher besagte Fahne gehisst. Zachäus heißt sie, weil im Kirchweihevangelium vom Zöllner Zachäus die Rede ist, der auf einen Baum geklettert ist, um Jesus zu sehen. Morgen und übermorgen wird dann das Kirchweihfest gefeiert, es ist Kirta in Bayern oder Kerwa, wie die Franken sagen. Viele kulinarische Besonderheiten zeichnen das Kirtafest aus, zum Beispiel die Kirtagans oder Ente mit Blaukraut und Knödeln. Die Liebhaber des Schmalzgebäcks freuen sich sicher schon auf die Kirtanudeln, ein Gebäck, das im Schmalztopf herausgebacken wird. Die Kirtanudeln werden angeblich über die Knie der Bäckerinnen gezogen, um die richtige Form zu bekommen.
Wer dann bemerkt, dass diese ganz schön fett war, der möchte wahrscheinlich ein kleines Schnapserl angeboten bekommen. Den sogenannten Kirtaschnaps erhalten allerdings nur unverheiratete Männer, die wiederum bei unverheirateten Dirndln zu Besuch kommen. Der Schnaps stand freilich nicht im Vordergrund, vielmehr ging es ums Anbandeln. Aber nicht nur für die Erwachsenen und die Dorfjugend war etwas geboten, die Kinder konnten auf der Kirtahutschen, einem an Ketten oder Seilen befestigten Balken oder Brett, schaukeln bis ihnen schwindlig war. Zusätzlich gab es an Kirta oft einen richtigen Markt im Dorf, mit Schießbuden und manchmal sogar einem Karussell.
Früher stand das Fest mehr im Mittelpunkt als heute, die meisten Arbeiten auf dem Feld waren Mitte Oktober getan, es blieb genug Zeit zu feiern und zu danken, und so störte es nicht, dass auch der Kirtamontag wie selbstverständlich ein Feiertag war. Längst ist der Montag kein Feiertag mehr, aber bei uns im Freilichtmuseum in Schliersee haben wir ihn nicht vergessen. Natürlich haben wir unser altbayerisches Dorf am Kirtamontag geöffnet und verwöhnen Sie in unserem Wirtshaus »Beim Wofen« in bewährter Form mit den von mir angeführten Kirtaschmankerln. Und unser süffiges Museumsbier rundet das Kirtaessen entsprechend ab. Das Bier stellen wir selbst in unserer Schöpfbrauerei her wie vor 300 Jahren! Werfen Sie doch einen Blick hinein und bekommen Sie einen Eindruck vom geheimnisvollen Handwerk des Brauers.
Es heißt ja, a gscheide Kirta dauert bis zum Irda, also dem Dienstag und keine Angst, die Saison ist bei uns mit dem Kirtamontag nicht vorbei. Ich darf Sie ganz herzlich zu unserm Kinder-Kulturherbst kommendes Wochenende, am 26. Oktober, einladen. Der Eintritt für Kinder und Jugendliche bis 16 Jahren ist an diesem Tag frei. Mit uralten, aber faszinierenden Kinderspielen zeigen wir den Kleinen und Großen, mit welch einfachen Mitteln sich ihre Altersgenossen früher vergnügt haben und dabei sicher nicht weniger Spaß hatten als heute, da bin ich sicher.
Es geht mir ja oft so, dass ich die Kinder beobachte und merke, dass sie gar nicht viel brauchen, um mit Hilfe ihrer Fantasie die schönsten Spiele zu spielen, das ist ihr Geheimnis. Apropos Fantasie, viel Fantasie hat auf alle Fälle auch Gerhard Polt, und es freut mich ganz besonders, dass auch er am Kinder-Kulturherbst beteiligt ist. Er liest bei uns den »Pommfritz« und diese sehr lustigen Tellerrandgeschichten werden auch Sie zum Lachen bringen. Also dann, ich freue mich auf Sie!