Über die wechselvolle Historie der Bahn Grafing – Ebersberg – Wasserburg berichtet am Mittwoch, 12. März, der Eisenbahnexperte Karl Bürger, Walpertskirchen, in einem reich bebilderten Vortrag. Er folgt mit seinen Ausführungen einer Einladung des Historischen Vereins für den Landkreis Ebersberg sowie des Archivs und Museums der Stadt Grafing. Die Veranstaltung, zu der alle Geschichtsinteressierten, Mitglieder wie Nichtmitglieder, eingeladen sind, findet im Vielzweckraum des Museums Grafing statt und beginnt um 19.30 Uhr. Der Eintritt ist frei.Die Geschichte der Bahn von Grafing über Ebersberg nach Wasserburg beginnt mit dem jahrzehntelangen Kampf um einen Bahnanschluss an einer West-Ost-Strecke, den die Stadt Wasserburg bereits in der Mitte des 19. Jahrhunderts aufnahm. Doch dieses Wunschprojekt einer Bahn von München über Ebersberg, Wasserburg und Trostberg nach Traunstein stieß in der Königlich Bayerischen Staatsregierung auf beharrliche Ablehnung.
Gleichwohl kam die West-Ost-Strecke trotz aller Widerstände der Ministerialbürokratie durch die unermüdlichen Bemühungen und durch große finanzielle Opfer der Wasserburger zwischen 1896 und 1905 schließlich doch noch zustande – allerdings nur in ihrer bescheidensten Form: als Lokalbahn – und in drei Etappen.
Windungsreich war sie, das gilt im Wortsinne sowohl für die Geschichte der Bahn Grafing – Ebersberg – Wasserburg als auch für ihre Streckenführung als typisch königlich bayerische Lokalbahn mit ihren bemerkenswerten Trassierungen um Ebersberg mit zwei S-Kurven und einer 180-Grad-Kehre hinunter ins Laufinger Moos sowie mit der steilen Stadtstrecke am Innufer vor der Wasserburger Altstadt.
Am 6. November 1899 ging die Lokalbahn von Grafing Bahnhof nach Ebersberg in Betrieb – nach einem heftigen Streit um den Standort des Ebersberger Bahnhofs. Drei Jahre später, am 24. Dezember 1902, konnte die steile Stichstrecke hinunter nach Wasserburg eröffnet werden. Doch es dauerte noch einmal drei Jahre, bis endlich ab dem 1. Oktober 1905 auch die Verbindungsbahn nach Ebersberg zur Verfügung stand. Acht Jahrzehnte später schien das Kapitel Bahnanschluss für Wasserburg wieder zu Ende zu gehen, als die Bundesbahndirektion München das Ziel verfolgte, die vermeintlich unrentable Nebenbahn Ebersberg – Wasserburg Bahnhof – Wasserburg Stadt stillzulegen. Zum Glück gelang dies der Bundesbahn vor ihrer Privatisierung nicht mehr, und die Regionalisierung des Schienenpersonennahverkehrs rettete die vom Volksmund liebevoll „Filzenexpress“ genannte Strecke. Für die Wasserburger Stadtstrecke dagegen kam das Ende über Nacht, als am 2. März 1987 der Bahndamm durch eine Unterspülung weggebrochen war – für die Bundesbahn der sehr willkommene Anlass, die Strecke auf kaltem Wege stillzulegen. Vom anfangs recht beschaulichen Betrieb mit ihren „Bockerln“ entwickelte sich die Strecke zweigeteilt, denn während sie auf dem Teilstück Grafing – Ebersberg als S-Bahn-Ast reüssierte, setzte östlich davon der Niedergang ein. Dort hielt sich ein beschauliches, aber morbides Lokalbahnflair – bis zur sogenannten Bahnreform 1994. Durch die damit einhergehende Regionalisierung blieb die Strecke östlich von Ebersberg erhalten.
Lange Zeit wurde dem „Filzenexpress“ jede Zukunft abgesprochen. – Zu Unrecht! Die Strecke wurde modernisiert und soll nun auch elektrifiziert werden. Und so präsentiert sie sich gemeinsam mit der Wasserburger Altstadtbahn als verkehrspolitisches Lehrstück, als ein Lehrstück, das bis weit ins 19. Jahrhundert zurückreicht und seinerzeit mit dem Widerwillen begann, den der mächtige königliche Staatsminister Krafft Freiherr von Crailsheim und die Generaldirektion der königlichen Staatseisenbahnen dem Bahnprojekt Grafing – Wasserburg entgegenbrachten.