„Das trifft mich sehr hart!“ Der Mutter eines fünfjährigen Mädchens war vom Hort an der Camerloher Straße mitgeteilt worden, für ihre Tochter gäbe es im Kindergarten „leider” keinen Platz. Deshalb wendete sich die Frau, die auf das Geld aus ihrer Berufstätigkeit angewiesen ist, mit der Bitte um Hilfe an den Bezirksausschuss Laim. Bei dessen jüngster Sitzung fragte sie die Lokalpolitiker, wie sie an einen Platz für ihr Kind kommen könne. Ihre Tochter werde in diesem Herbst in die Grundschule an der Camerloher Straße eingeschult werden. Das Kind müsse nach dem Unterricht am Nachmittag beaufsichtigt werden. Anders fürchte sie, ihren Arbeitsplatz zu verlieren. Das, was sie vortrug, kam den Bezirkspolitikern bekannt vor. Im Frühjahr vor zwei Jahren hatten 20 Mütter im BA laut und vernehmlich Alarm geschlagen, weil es für ihre Kinder am Nachmittag keine Betreuungsplätze gab. Auch für sie ging’s um alles oder nichts: „Wir verlieren unseren Job.!“ Hartnäckig blieben sie so lange an ihrer Sache dran bis das Problem gelöst war: Auf dem Hortgelände wurden Container aufgestellt, in denen der Nachwuchs noch heute betreut wird.
Das jedoch hilft der Mutter der Fünfjährigen so wenig wie den anderen Müttern, die in diesem Jahre Schlange stehen, um für ihren Nachwuchs einen Platz an der Sonne der Kinderbetreuung zu ergattern. Die Kapazität der Räume in den Containern ist ausgereizt. Und die von einer rührigen Elterninitiative organisierte Mittagsbetreuung an der Grundschule in der Camerloher Straße stößt sowohl organisatorisch als auch räumlich an ihre Grenzen. Nach Informationen von Stefanie Junggunst (SPD), die im Unterausschuss Soziales und Schule des BA Laim sitzt und Mitglied im Elternbeirat des Hortes ist, sind dort 60 Kinder angemeldet worden. Es wird jedoch vermutlich nur 14 Plätze geben. Bei der Mittagsaufsicht ist die Diskrepanz zwischen Wunsch und Wirklichkeit noch größer. 65 Mütter warten dort auf eine Zusage. 18 Plätze werden aber nur frei. Wobei diese Zahlen nicht verbindlich sind. Petra Heuser, Leiterin des Hortes und Karin Kerber von der Mittagsbetreuung „Camerloher kids“ sagen, sie hätten noch keinen genauen Überblick über die Situation, weil erfahrungsgemäß bis zum 23. April, dem Tag der Schuleinschreibung und darüber hinaus Anmeldungen eingingen. Eines stehe allerdings bereits fest, erklärt Karin Kerber: „Wir können der Nachfrage nicht gerecht werden.“ Geschieht also kein Wunder, werden nach jetzigem Stand im kommenden Herbst rund hundert Erstklässler der Camerloher Schule am Nachmittag auf der Straße stehen.
Die Laimer Lokalpolitiker kennen die Not, wenn’s darum geht, Kinder am Nachmittag zu betreuen. Der BA sei, das müsse klar sein, „nicht mächtig genug“, um Abhilfe zu schaffen, sagte dazu der stellvertretende BA-Vorsitzende Laurentius Pfäffl (CSU). Und Martha Mertens (SPD) erklärte in der Sitzung resigniert: „Wir werden Ihnen keinen Platz verschaffen können.“ Lisbeth Haas, Kinderbeauftragte des BA und Erzieherin, nennt die Situation „sehr schwierig“ und „dramatisch“. Die Tipps der BA-Mitglieder reichen von der Bewerbung in anderen Horten und Mittagsbetreuungen bis hin zu Gastschulanträgen an anderen Schulen. Mit der Liste von anderen Horten in Laim weiß die Mutter der Fünfjährigen nichts anzufangen. Denn: „Die Schule an der Camerloher Straße ist die Schule in der Nähe meiner Wohnung. Sie hat einen guten Ruf und ich möchte, dass meine Tochter dort als Einzelkind auch nach der Schule soziale Kontakte mit Klassenkameraden pflegen kann.“
„Wir haben einzelne Brennpunkte mit hohen Anmeldezahlen“, weiß die Sprecherin des Schul- und Kultusreferats, Eva-Maria Volland. Die Situation in Laim sei keine Ausnahme. Die Zahl der Vormerkungen am Camerloher Hort jedoch – Volland spricht von 42 – sei „schon sehr hoch“. Volland: „Wir werden alles tun, um die Lage zu entspannen.“ Eine Möglichkeit sei, die Mittagsbetreuung aufzustocken. Doch die Eltern seien bereits jetzt voll ausgelastet. Sie versorgten am Nachmittag 86 Kinder. Unter Umständen sei zu prüfen, ob eine „Hort-Notgruppe“ im Schulhaus untergebracht werden könne. Der anstelle des alten Hortes geplante Neubau – dort sollen 75 Kindergarten- und hundert Hortplätze entstehen – werde keine neuen Plätze bringen. Volland: „Das ist eine reine Ersatzlösung.“ Mit dem Baubeginn sei erst Ende des Jahres 2010 zu rechnen. Fertig werde der Pavillon aller Voraussicht nach im Frühjahr 2012. Ganztagesklassen und Ganztagsschulen wären für die Schulreferats-Sprecherin die einzig wirklich nachhaltige Lösung. Stefanie Junggunst versteht nicht, weshalb der Neubau nicht von vornherein größer angelegt worden ist: „Viele Familien ziehen nach Laim. Gerade in den Reihen- und Doppelhäusern der 50er Jahre vollzieht sich ein Generationenwechsel. Das sind Häuser, die sich Familien noch leisten können.” Auch angesichts des Neubaus von Reihenhäusern im Österreich-Viertel, die alle zum Sprengel der „Camerloher Schule” gehören, fragt sich die im Elternbeirat engagierte Mutter und SPD-Politikerin, ob das Schulreferat diese Entwicklung der Bevölkerungszahlen überhaupt in die Planungen habe einfließen lasse.