Veröffentlicht am 19.04.2021 12:58

Flößerei will Kulturerbe werden


Von Tanja Beetz
Endstation Zentrallände: Hier kommen Passagierflöße im Sommer an. (Foto: Fotoclub Fürstenried-Neuried e.V.)
Endstation Zentrallände: Hier kommen Passagierflöße im Sommer an. (Foto: Fotoclub Fürstenried-Neuried e.V.)
Endstation Zentrallände: Hier kommen Passagierflöße im Sommer an. (Foto: Fotoclub Fürstenried-Neuried e.V.)
Endstation Zentrallände: Hier kommen Passagierflöße im Sommer an. (Foto: Fotoclub Fürstenried-Neuried e.V.)
Endstation Zentrallände: Hier kommen Passagierflöße im Sommer an. (Foto: Fotoclub Fürstenried-Neuried e.V.)

Die Bewerbung läuft: Die Flößerei will Kulturerbe der Menschheit werden. Diesem Wunsch schließt sich auch der Flößer-Kulturverein München-Thalkirchen e.V. an.

Bewerbung eingereicht

Eine multinationale Arbeitsgruppe mit Vertretern der Unesco-Kommission sowie der Flößereivereine und der Kulturministerien der Länder Spanien, Polen, Deutschland, Österreich, Tschechien und Lettland hat fristgerecht die Bewerbungsunterlagen zur Nominierung der Flößerei für die internationale Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit beimSekretariat der Unesco in Paris eingereicht. Die Koordination für alle deutschen Vereine lag bei der Deutschen Flößerei-Vereinigung Bremerhaven e.V. als Dachorganisation. Auch der Flößer-Kulturverein München-Thalkirchen e.V. unterzeichnete eine internationale Zustimmungserklärung. Nun folgt die lange Zeit desWartens bis die UN-Organisation voraussichtlich Ende 2022 über den Antrag entschieden haben wird.

Holz für die Frauenkirche

„In der Flößerei spiegelt sich unsere Wirtschaftsgeschichte wider. Ohne die Versorgung mit Floßholz wäre die Entwicklung vieler europäischer Städte nicht denkbar gewesen”, betont die Präsidentin der Deutschen Unesco-Kommission, Maria Böhmer. Das gilt auch für die 1158 durch Herzog Heinrich den Löwen gegründete Stadt München mit ihrer Lage nahe der Isar. Die Lände befand sich damals im Lehel vor der östlichen Stadtmauer. Bereits 1310 sind Vorschriften zur Floßfahrt im Ratsatzungsbuch zu finden. Kaiser Ludwig der Bayer förderte den Floßtransport, indem er Hindernisse im Flusslauf der Isar beseitigen ließ, um allzeit eine befahrbare Wasserstrecke zu garantieren. 1493 erschien in der berühmten Schedel'schen Weltchronik die erste Stadtansicht Münchens. Die typischen Holzlagerstätten und Flöße vor dem Isartor sind darauf zu sehen. Allein für das Wahrzeichender Stadt, die Frauenkirche, lieferten 147 Flöße aus dem Isarwinkel das Holz zum Bau des riesigen Dachstuhls. Vom Mittelalter bis Ende des 19. Jahrhunderts erlebte die Flößerei ihre Hochkonjunktur. Im Rekordjahr 1864 kamen 11.145 Flöße an den Münchner Länden an. Mit Ausbau der Eisenbahn und des Straßennetzes ging die Transportflößerei allmählich zu Ende.

Die Anerkennung der Flößerei als immaterielles Kulturerbe der Menschheit beruht auf weiteren Kriterien, wie die jahrhundertalte Handwerkskunst, die Floßbautechnik und eine eigene Fachsprache, die seit Generationen in den Flößerfamilien weitergegeben werden. Auch die Zusammenarbeit der Flößer ist Teil davon. Nur gemeinsam kann es gelingen, aus den einzelnen Holzstämmen ein schwimmendes Floß zu binden. Das Handwerk und die Arbeit haben das Leben der Flößer bis heute geprägt.

„Ein prägender Faktor”

„Für die Kultur der Isarstadt München und ihre Verbindungen in die umliegenden Regionen sowie weit darüber hinaus war das Handwerk der Flößerei jahrhundertelang ein prägender Faktor”, schreibt Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter und begrüßt die Bewerbung zur Anerkennung der Flößerei als Kulturerbe der Menschheit in seinem Unterstützerschreiben. Er betont sie als wichtiges Zeichen für die grenzüberschreitende Bedeutung von Kultur. Gleichzeitig dankt er dem Flößer-Kulturverein München-Thalkirchen e.V. dafür, dass die Erinnerung an das grundlegende Erbe der Stadt München mit Ausstellungen, Rundgängen, Exkursionen und Lesungen wachgehalten wird.

Schwere Gefährte

Von Mai bis September kann man einen Eindruck von der Geschichte der Passagierfloßfahrten gewinnen, wenn am Nachmittag die schweren Holzgefährte aus Wolfratshausen an der Zentrallände in München-Thalkirchen ankommen. „Heutzutage sind Floßfahrten auf der Isar ein sommerliches Vergnügen in der Freizeitgestaltung und nicht nur in touristischer Hinsicht ein Identitätsmerkmal der bayerischen Landeshauptstadt”, formuliert dies in seiner Unterstützererklärung Clemens Baumgärtner, Referent für Arbeit und Wirtschaft der Landeshauptstadt München.

Da auch für Floßfahrten die Corona-Sicherheitsmaßnahmen greifen, ist es noch offen, ob der Flößer-Kulturverein am 16. August seine Kulturfloßfahrt unter dem diesjährigen Motto „Immer montags nach Wien ...” durchführen kann. Sie wäre eine Reminiszenz an die Anerkennung der Passagierfloßfahrten als immaterielles Kulturerbe im Jahre 2020. Der Flößer-Kulturverein München-Thalkirchen hatte sich, zusammen mit den Floßmeistern von Isar und Loisach erfolgreich für die Aufnahme in das Bayerische Landesverzeichnis beworben.

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