Dong, dong, dong – drei Mal schlug Pfarrer Bernd Berger von der evangelischen Auferstehungskirche im Westend noch die neue „es-Glocke“, bevor sie in den hohen Turm gehievt wurde. Mit den drei Anschlägen wurde die Glocke mit dem Namen „Rogate“ zugleich zum dritten Mal gesegnet. Ihren ersten Segen bekam sie als sie frisch geliefert wurde, den zweiten im Rahmen eines feierlichen Gottesdienstes und nun den dritten, bevor sie vom Boden hinauf in den Kirchturm gehoben wurde. „Aller guten Dinge sind drei“, meint Pfarrer Berger, der sich darauf freut, dass das Geläut der evangelischen Kirche im Westend demnächst wieder erklingt und zum Gottesdienst ruft. Damit die neue Glocke an ihren Bestimmungsort, den Glockenstuhl der Auferstehungskirche gelangt, war es nötig, ein entsprechend großes Loch in den Turm zu schlagen. Per Spezialkran ließ man die Glocke in den hohen Turm verbringen, die nun das fünfteilige Geläut vervollständigt.
Über sechzig Jahre lang blieb der Platz von „Rogate“, der fünften Glocke im Geläut der evangelischen Auferstehungskirche im Westend leer. Ursprünglich waren es fünf Glocken, die am 9. November 1930 eingeweiht worden waren. Ihre Namen waren Reminiscere, Rogate, Cantate, Exaudi und Jubilate. Alle fünf Glocken wurden damals ausnahmslos gespendet. Im Protokoll der Jahresversammlung des Evangelischen Vereins vom 8. Februar 1931 wurde dazu festgehalten: „Das herrliche Geläute hat allseits großen Beifall gefunden.“ Im zweiten Weltkrieg wurden diese Glocken bis auf eine, die „Cantate“, zwangsweise eingeschmolzen. In den 50er Jahren kamen dann nach und nach neue Glocken dazu, die mit den alten Namen benannt wurden. Seit 1959 erklingen vier Glocken vom evangelischen Kirchturm aus. Die fünfte aber fehlte. Bis jetzt. Anlässlich des 90. Kirchenjubiläums entschloss sich der Kirchenvorstand, sowohl den Glockenstuhl zu erneuern als auch mit der fünften Glocke das Geläut zu vervollständigen.
„Vieles ist dem Bauausschuss unserer Gemeinde zu verdanken, der grandios selbstständig arbeitet“, freut sich Pfarrer Bernd Berger. Georg Ledig habe das Glockenthema angestoßen und gemeinsam mit den Mitstreitern aus dem Bauausschuss, namentlich Eva Brambach, Felix Brandl, Michael Jahn und Gerald Kistner die Sache vorangetrieben. Auf Beschluss des Kirchenvorstandes wurde „Rogate“ schließlich bei der Glockengießerei Bachert in Neunkirchen in Württemberg in Auftrag gegeben und im Sommer gegossen. Eingraviert ist: „Ich bin die Auferstehung und das Leben“ aus Johannes 11, Vers 25. Laut Pfarrer Berger belaufen sich die Kosten für die 1.200 Kilogramm schwere Glocke, aufgrund der gestiegenen Metallpreise und samt Zubehör, auf rund. 40.000 Euro.
Die Gemeinde aber freut sich über die Investition. Einige Gemeindemitglieder kamen, aber auch Passanten blieben stehen, um dem besonderen Moment beizuwohnen und die Glocke mit Gesang und Gebet in den Kirchturm zu entlassen. „Ich hoffe, dass am ersten Advent schon geläutet werden kann“, so Pfarrer Berger. Noch ist das ungewiss, denn zunächst muss der Dachstuhl instandgesetzt, das Geläut aufgehängt und das Loch, das für den Einzug der Glocke in den Turm eingeschlagen wurde, wieder zurückgebaut werden. Dann aber soll es von der Auferstehungskirche aus neu erklingen, vollmundig, mit komplettem, fünf-glockigem Geläut. „Trotz digitalisiertem Zeitalter hat so eine Glocke etwas ganz Archaisches, das uns tief berührt“, sagt Pfarrer Berger. „So ein Glockenschlag kann eine Atempause für die Seele schaffen, um sich Hineinzustellen in etwas Größeres.“