Noch bevor Daniela Hand, Leiterin der Polizeidienstelle 14, das Konzept der Sicherheitswacht im Bezirksausschuss Schwanthalerhöhe (BA 8) vorstellte, regte sich im Viertel Widerstand. Im Internet protestierten Institutionen, Vereine, Firmen und Bürger und wehrten sich gegen die Einführung von „Hilfssheriffs”. Auch gab es wenige Tage vor der BA-Sitzung eine Kundgebung, bei der sich rund 150 Teilnehmer klar gegen die Einführung einer Sicherheitswacht stellten. Bei der jüngsten BA-Sitzung, zu der Vertreter verschiedener Einrichtungen kamen, herrschte ein ähnlicher Tenor: „Wir brauchen keine Sicherheitswacht“, heißt hier von nahezu allen Anwesenden. Auch politisch wird das Projekt der Polizei, das ab Mai zunächst als Pilotversuch im Westend laufen könnte, mit großer Mehrheit abgelehnt.
Von einem Erfolgsmodell spricht Dienststellenleiterin Daniela Hand, die das Konzept der Sicherheitswacht im BA 8 vorstellte. Seit den 90er Jahren gibt es das Projekt in Bayern schon, seit zehn Jahren auch in verschiedenen Münchner Stadtvierteln. Durch „aktive Präsenz“ sollen Ehrenamtliche das „Sicherheitsgefühl in der Bevölkerung steigern“, erklärt Peter Werthmann von der Pressestelle der Münchner Polizei auf Anfrage. In Dienstkleidung und mit Funkgerät sowie Reizstoffsprühgerät ausgestattet, sollen die Wachleute ein Auge auf öffentliche Parkanlagen und Plätze haben und „Ordnungsstörungen im Vorfeld verhindern“.
Um die faktische Sicherheit in München sowie im Stadtbezirk Westend, ist es jedoch vergleichsweise gut bestellt. Bei der Bürgerversammlung, wo die PI 14 jährlich die Zahlen zur Kriminalitätsentwicklung und den verübten Straftaten aufzeigt, wird seit vielen Jahren „positive Bilanz“ gezogen, wie es der damalige Polizeidienststellenleiter Hans Reisbeck auch im Sommer 2021 noch betonte.
Eine Begründung für eine Sicherheitswacht sieht man im Westend nicht, der Protest ist entsprechend breit angelegt. „Man will durch die Sicherheitswacht den Leuten, die hier leben, das Gefühl von Unsicherheit vermitteln“, protestiert etwa Wolfgang Smuda vom „Haus mit der roten Fahne“. Das Westend aber sei vielfältig, bunt und multikulturell und halte zusammen, betonen politische Vertreter verschiedener Parteien. Man helfe einander, auch in Konfliktsituationen. Auch unter den Migranten herrsche kein Gefühl der Angst, erklärt Christina Chatziparasidou (SPD), Integrationsbeauftragte im BA 8. Klaus Grothe- Bortlik vom SHZ bestätigt, dass auch ihm nichts von einem unsicheren Gefühl im Westend zu Ohren gekommen sei. Seniorenbeauftragte Monika Obermeyer befürchtet indes, dass viele Senioren nicht einschätzen können, wer mit welchen Befugnissen patrouilliert. Man habe die Sorge vor „falschen Polizisten“. Mit vierzig Stunden Schulung seien die Ehrenamtlichen für die Praxis zudem nicht ausreichend ausgebildet. Claudia Jovanovic, Leiterin der IF-Feuerwache hat Bedenken, dass die Jugendlichen, die durch die Pandemie stark eingeschränkt wurden, die Sicherheitswacht als erneute Regulierung erleben. BA-Mitglied Katharina Jarrah (Linke) sieht durch die Sicherheitswacht das „subjektive Freiheitsgefühl“ bedroht.
Daniela Hands Argument, dass die Sicherheitswacht keine Hilfspolizei sei, sondern eher als Erste-Hilfe-Angebot gelten solle, überzeugte die meisten nicht. Sich von Nachbarn maßregeln lassen, will man im Westend vermeiden: „Ich möchte nicht, dass Ehrenamtliche z.B. Platzverweise aussprechen können oder zur Identitätsprüfung auffordern können“, erklärt Florian Kraus (Grüne). Er befürchtet, dass besonders Engagierte „auch mal über die Stränge schlagen“. Statt in die Sicherheitswacht solle in eine bessre Ausstattung der Polizei investiert werden. Eine Aufstockung der Kontaktbeamten oder auch Streetworker sowie eine stärkere Verkehrsüberwachung, auch Schulungen für Zivilcourage o.ä. kann man sich im Viertel vorstellen, eine Sicherheitswacht aber lehnen viele ab. Der BA verabschiedete sogleich einen entsprechenden, gemeinsam von Grüne, SPD, Linke und ÖDP gestellten Antrag.
Die Polizei wird jetzt die Argumente abwägen und dann über die Einführung der Sicherheitswacht entscheiden. Denn: „Rechtlich ist die Zustimmung der Kommune nicht erforderlich“, so die Polizeidirektorin.