Etwa jedes dritte Kind und jeder zehnte Erwachsene tun es: Sie beißen Fingernägel und es fällt ihnen schwer, damit aufzuhören. Manche kauen nur selten und in unbedenklichem Maß, andere hingegen beißen regelmäßig ihre Nägel bis zur Wundbildung. Ist die Angewohnheit krankhaft, sollte unbedingt ein Ausweg gefunden werden. Die Vizepräsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes, Waltraud Lucic weiß, was zu tun ist:
Wenn Kinder Fingernägel beißen ist das kein Grund zur Sorge, aber zur Vorsicht. Eltern sollten beobachten, in welchen Situationen ihr Kind Nägel beißt. Kaut es aus Langweile, in Stresssituationen, beim Angespannt sein oder kaut es immer?
Hinter sporadischem Nägelbeißen liegt meist keine psychische Störung. Die Gründe können eine leichte Überbelastung oder auch schlicht Langeweile sein. Eltern sollten in diesem Fall am besten darauf verzichten, das Kind zu rügen. Dies erhöht den Stress für das Kind und verschlimmert so im ungünstigsten Fall das Nägelkauen.
Problematisch hingegen wird es, wenn Kinder zwanghaft an ihren Fingernägeln beißen. Kaut ein Kind sehr häufig an den Nägeln, so dass diese stark abgebissen, blutig oder entzündet sind, sollten die Eltern hellhörig werden. Ein weiteres Warnsignal ist es, wenn das Kind mit dem Kauen nicht mehr aufhören zu können scheint. Auf alle Fälle ist professionelle Hilfe erforderlich, wenn die Nägel so weit abgebissen werden, dass das Nagelbett verletzt wird und Entzündungen entstehen.
Die Gründe für das Nägel beißen können vielfältig sein: Angst vor einer Schularbeit, Konflikte mit den Klassenkameraden oder Freunden, Belastung durch familiäre Probleme. Nehmen sich Eltern Zeit und hören sie ihrem Kind zu, können die Schwierigkeiten, mit denen sich der Nachwuchs plagt, beseitigt werden. In der Regel verschwindet dann auch die Ersatzhandlung. Wenn ein Kind allgemein nervös ist, können Sport und Bewegung im Freien helfen, die innere Anspannung abzubauen. Beim Nägelkauen in aufregenden Situationen, zum Beispiel bei einem spannenden Film, kann ein Händedrücken Abhilfe schaffen.
Es gibt auch „ traditionelle Lösungsmöglichkeiten“ wie Handschuhe tragen, Kunststoffnägel aufkleben oder das Auftragen einer schlecht schmeckenden Flüssigkeit. Das sind allerdings nur Symptombehandlungen, die die Nervosität nicht beheben und die Probleme nicht lösen. Das Schlüsselwort heißt Zeit: Zeit zum Zuhören, zum Aussprechen, zum Verstehen, zum Problemlösen. Zeit, Miteinander etwas zu unternehmen. Zeit, das Kind in die Arme zu nehmen.