„Service, Sicherheit, Sauberkeit“ nennt die Deutsche Bahn die „Philosophie“, die besagt, sie wolle Bahnhöfe und Haltepunkte ständig für ihre „Kunden” verbessern. Dazu sucht sie seit Neuem sogenannte Bahnhofspaten. Das sind Menschen, die sich für eine bestimmte Station zuständig fühlen und per Mobiltelefon Beschädigungen, Verschmutzungen und sonstige Auffälligkeiten einer dafür eingerichteten Stelle melden. In einem Brief an den Bezirksausschuss Schwanthalerhöhe wirbt die Bahn AG um die „aktive Mithilfe bei der Vermittlung von Interessenten“. Und berichtet von ihrem „erfolgreichreichen Konzept“: „Zwischenzeitlich konnten wir 75 Bahnhofspaten gewinnen! Diese decken rund ein Drittel unseres Verantwortungsbereichs ab und unterstützen unsere Arbeit sehr effektiv.“
Im Bezirksausschuss Schwanthalerhöhe (BA 8) kam die Idee der Bahn ganz und gar nicht gut an. Ludwig Wörner (SPD), Vorsitzender des BA, kommentierte deren Ansinnen unmissverständlich: „Die sucht Deppen, die das für sie machen, weil sie es selber nicht mehr machen will.“ Willy Mundigl (SPD) legte nach: „Ich sehe absolut nicht ein, dass ein börsenorientiertes Unternehmen, das Arbeitsplätze vernichtet, Ehrenamtliche einsetzt.“ Auch der CSU-Fraktionsvorsitzende Thomas Hofstätter blies in dieses Horn: „Die Bahn sollte lieber Arbeitsplätze schaffen.“
Es könne nicht sein, dass die Bahn Personal abbaue und versuche, Volkseigentum an der Börse zu verkaufen und dann plane „Paten” für etwas einzuspannen, das zu ihrem ureigensten Aufgabengebiet gehöre, schreibt Wörner an die Bahn, womit er begründet, weshalb der BA nicht bereit ist, derartige Patenschaften zu vermitteln. Und weiter: „Die Paten sollen wohl mit ihrem eigenen Handy Vorkommnisse melden, wobei die Kosten sicher nicht von der Bahn übernommen werden. Als nächster Schritt werden möglicherweise Besen bereitgestellt, mit denen die Ehrenamtlichen dann selbst den Bahnsteig fegen.“ Wörners Kritik gipfelt in: „Vielleicht ist es den Bahnmanagern entfallen, dass sie Volkseigentum verwalten und pfleglich behandeln sollen.” Der nun sichtbaren Entwicklung, dem allmählichen Herunterkommen der Bahnhöfe, versuche sie jetzt ehrenamtlich Herr zu werden. Das jedoch bestreitet die Bahn. Sie beteuert: „Unsere Qualitäts-Checks finden völlig unabhängig vom Vorhandensein und den Aktivitäten eines Bahnhofspaten statt.“
Geradezu wie Hohn erscheint den BA-Mitgliedern ein von der Bahn AG ausgelobter Preis, mit dem sie den „behindertengerechtesten Bahnhof“ prämiieren will. Hatte das Lokalparlament doch mehrmals vergeblich den behindertengerechten Ausbau der S-Bahn-Station Donnersbergerbrücke gefordert. Weil die Bahn als Förderer des Preises „Lebendige Stadt“ auftritt und die preisgebende Stiftung das Ziel verfolgt, zu „mehr Seniorenfreundlichkeit in Städten und Kommunen“ beizutragen, hatte Ludwig Wörner als Mitglied des Bayerischen Landstages kritisiert, dass sich München und einige weitere Gebiete Bayerns in Bezug auf die Barrierefreiheit von Bahnhöfen alles andere als seniorenfreundlich oder gar behindertengerecht verhalten. Wörner: „Ich denke dabei vor allem an den S-Bahnhof Donnersbergerbrücke. Dieser Bahnhof ist nicht nur ein baulicher Schandfleck, er ist auch absolut unzugänglich, wenn man an einen Rollstuhl gefesselt ist, einen Rollator benutzt oder einen Kinderwagen dabei hat.“ Der Umbau dieses wichtigen Umsteigebahnhofs sei erst für 2013 geplant. Aber selbst dieser Baubeginn sei fraglich. Dabei, so Wörner, seien für den barrierefreien Ausbau von 69 Bahnhöfen Bundesmittel in Höhe von 117 Millionen Euro geflossen. Die Bahn solle endlich ihre Hausaufgaben machen und dafür sorgen, dass alte und behinderte Menschen ihr Recht auf Transport in öffentlichen Verkehrsmitteln wahrnehmen können.