Es ist eine charmante Idee: Der alte, unterirdische Bunker auf dem Gelände der Real Estate Germany neben der Friedenheimer Brücke könnte zum Zeitprojekt werden und Botschaften in eine ferne Zukunft aufbewahren. Der Bezirksausschuss Neuhausen-Nymphenburg zeigte sich auf seiner letzten Sitzung jedenfalls von dem Projekt angetan und will es unterstützen.
Im Augenblick wird das Gebiet, das ehemals der Post und nun der Real Estate Germany gehört, für eine neue Bebauung von Büro- und Geschäftshäusern vorbereitet. Mit Planung und Bauleitung der Maßnahmen wurde das MAP Architektenbüro beauftragt. Zu den Gebäudeteilen, die abgerissen werden sollen, gehört auch der ehemalige Atombunker mit einer Grundfläche von ca. 150 Quadratmetern.
Da über dem einstigen Schutzraum ein Grünzug entstehen soll, kamen die Planer auf die Idee, den extrem massiv konstruierten Bunker zu belassen. Seine Oberkante würde etwa zwei Meter unter dem neuen Gebäudeniveau liegen und – wie es in der Projektbeschreibung 'Zeitkapsel' heißt – „keine Beeinträchtigung darstellen”.
Nun ist es ja üblich, dass bei einer Grundsteinlegung die aktuelle Tageszeitung, Münzen und oft auch der Bauplan in einem Behälter hinterlegt werden. Der Bunker könnte eine solche Funktion übernehmen. Die Initiatoren denken aber noch an mehr: Die Geschichte des Ortes (Post, Bahngelände usw.) könnte dokumentiert und eingelagert werden, Themen wie „Atomkrieg und „Bunkerbau” könnten hier angesprochen werden, Veranstaltungen in Zusammenarbeit mit dem „Tag des offenen Denkmals, der „Architektouren” oder ähnliches wären möglich, oder es könnten zum Beispiel Briefe an die Nachwelt gesandt werden. Dies sind nur einige der Ideen, zu denen auch der Mythos um einen vergrabenen Schatz zählt. Die Zeitkapsel, so wünschen es sich die Initiatoren, zu denen neben den Planern von MAP auch Künstler, Historiker, und Wissenschaftler gehören, sollte frühestens nach 500 Jahren, also erst im Jahr 2510 wieder geöffnet werden.
Der Unterausschussvorsitzende Kultur, Roland Zintl, hatte Anfang März gemeinsam mit seinen BA-Kollegen Barbara Marc und Nima Lirawi die Möglichkeit sich bei einer Ortsbesichtigung einen direkten Eindruck von der Bunkeranlage zu verschaffen und war beeindruckt. „Die außergewöhnliche Idee, diesen ehemaligen Atombunker bis zu seiner endgültigen Zuschüttung noch einige Wochen und Monate für verschiedenste Kunstaktionen offen zu halten, finde ich sehr reizvoll. Die Aufbewahrung eines 'Schatzes' für die nächsten 500 Jahre im Bunker wäre sogar noch interessanter. Dies könnten z.B. Kunstgegenstände/-objekte von Künstlern in Neuhausen sein”, meint Zintl.
Dem Bezirksausschuss ist jedoch klar, dass es nur mit dem Einverständnis des Grundstückseigentümer überhaupt Sinn macht, die Idee weiterzuverfolgen. Daher wandte sich das Stadtteilgremium nun schriftlich an die Real Estate Germany und setzte sich dafür ein, dass bis zur endgültigen Verfüllung des Bunkers die Möglichkeit zu verschiedensten Kunstaktionen im Sommer geschaffen wird. Am Ende des Schreibens heißt es: „Das Stadtteilgremium BA 9 und alle bisherigen vielzähligen Unterstützer dieser Idee, darunter auch die Neuhauser Geschichtswerkstatt e.V., würden Ihre Unterstützung und eine wohlwollende Antwort in dieser Angelegenheit außerordentlich begrüßen.”