Veröffentlicht am 24.07.2008 17:12

„Minuten entscheiden”

In den Kursen des Notfallvereins werden auch die Grundlagen der Beatmung und Reanimation erklärt und geprobt. (Foto: SE)
In den Kursen des Notfallvereins werden auch die Grundlagen der Beatmung und Reanimation erklärt und geprobt. (Foto: SE)
In den Kursen des Notfallvereins werden auch die Grundlagen der Beatmung und Reanimation erklärt und geprobt. (Foto: SE)
In den Kursen des Notfallvereins werden auch die Grundlagen der Beatmung und Reanimation erklärt und geprobt. (Foto: SE)
In den Kursen des Notfallvereins werden auch die Grundlagen der Beatmung und Reanimation erklärt und geprobt. (Foto: SE)

Es ist eine Situation, die den meisten Menschen bereits in der Vorstellung Schauer über den Rücken laufen lässt: Beim Warten auf die U-Bahn beobachtet man eine junge Frau, die plötzlich stürzt und nicht mehr aufsteht. Was würde man in einem solchen Fall tun? Den Notarzt rufen, die Frau in die stabile Seitenlage bringen und warten, bis der Krankenwagen eintrifft? Das dauert in München meist acht bis zehn Minuten, wo der Rettungsdienst im Vergleich zu anderen Großstädten sehr schnell vor Ort ist. In bestimmten Fällen können aber auch diese wenigen Minuten der jungen Frau das Leben kosten. „Bei akutem Herzstillstand wird das Gehirn nicht mehr mit Sauerstoff versorgt und es kommt bereits nach drei Minuten zu Hirnschäden, die nicht mehr zu heilen sind. Deshalb kann der Notarzt in solchen Fällen oft nur noch den Tod feststellen, wenn er eintrifft”, erklärt Rettungsassistent Michael Laberer, dem genau diese Umstände Sorgen bereiten.

Mehr als 120.000 Todesfälle

Pro Jahr sterben in Deutschland mehr als 120.000 Menschen am plötzlichen Herztod. „Das sind wesentlich mehr Menschen als zum Beispiel durch Verkehrsunfälle ums Leben kommen. Vor allem aber kann es Menschen jeden Alters treffen”, so Laberer. Er hat sich zusammen mit dem gemeinnützigen Notfallverein e.V. das Ziel gesetzt, genau diese hohe Sterblichkeitsrate bei Herzstillstand und Rhythmusstörungen zu verringern. Der Notfallverein will deshalb möglichst viele öffentliche Plätze in München mit so genannten Defibrillatoren ausstatten, also Geräten, die dem Patienten kleine Stromstöße versetzen und sein Herz dazu bringen, wieder im richtigen Rhythmus zu schlagen. „Wenn ein Mensch zum Beispiel Kammerflimmern hat, dann bilden sich im Herzen zahlreiche kleine Zentren, die sozusagen verrückt spielen. Durch den Stromstoß bringt man die Einzelbewegungen zum Erliegen und gibt dem Herzen die Möglichkeit seinen normalen Rhythmus zu finden”, erklärt Laberer, der seit sechzehn Jahren im Rettungsdienst tätig ist. Das funktioniere also ähnlich wie bei einer Schulklasse, in der Kinder herumtoben. „Wenn man da einmal ordentlich auf den Tisch haut, sind die auch wieder ruhig und der Betrieb kann normal weitergehen”, so Laberer.

Tatsächlich sind zum Beispiel die Münchner U-Bahnhöfe bereits mit Defibrillatoren ausgestattet, doch die meisten Bürger wissen nicht, wie man sie anwendet oder haben Angst davor, dem Patienten zu schaden. Michael Laberer hält solche Sorgen allerdings für unbegründet: „Bei den Geräten handelt es sich um halbautomatische Defibrillatoren, die wirklich nur dann einen Impuls auslösen, wenn der Patient tatsächlich geschockt werden darf.” Beim Einschalten des Gerätes meldet sich eine Computerstimme, die den Anwender durch das Programm führt und ihm jeden Schritt der Reihe nach erklärt.

Kostenlose Kurse

„Nur wenige Minuten entscheiden darüber, ob der Patient überlebt. Zeit genug, um auf den Notarzt zu warten, bleibt da leider nicht”, so Laberer. Deshalb bietet der Notfallverein regelmäßig kostenlose Kurse an, in denen die Teilnehmer die Grundlagen der Beatmung und Wiederbelebung erlernen und den Defibrillator an einer Übungspuppe erproben können. Die drei- bis vierstündigen Kurse werden von geschulten Notärzten oder Rettungssanitätern durchgeführt, stellen aber keinen Ersatz für einen ausführlichen Erste-Hilfe-Kurs dar: „Andere wichtige Dinge, wie den Druckverband oder die Versorgung von Brandwunden, nehmen wir im Kurs nicht durch”, so Laberer.

Der Notfallverein möchte aber Aufklärungsarbeit leisten und den Münchnern zeigen, wie einfach es ist, anderen Menschen das Leben zu retten. Als gemeinnütziger Verein finanziert er sich aus Spenden. „Natürlich kostet es Geld, neue Übungspuppen anzuschaffen und die Stadt mit Defibrillatoren zu versorgen und deshalb sind wir auf Unterstützung von außen angewiesen”, so Laberer. In seinem Beruf findet er sich häufig in Situationen wieder, in denen der Rettungsdienst nicht mehr helfen kann. „Damit wir mehr Leben retten können, ist es wichtig, dass die Menschen im Notfall bereit sind, den Defibrillator anzuwenden. In unserem Kurs können sie sich darauf vorbereiten.”

Zu den kostenlosen Kursen kann sich jeder Interessierte auf der Internetseite des Notfallvereins ( www.notfallverein.de ) oder telefonisch unter 78005757 anmelden.

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