„Überlegt, was fürs Viertel besser ist und stimmt für unseren Antrag.“ Der Appell der Grünen Myriam Schippers an die SPD-Fraktion, unabhängig vom Bau der zweiten S-Bahn-Stammstrecke die Planung für den Ausbau des Südrings voranzutreiben, war erfolgreich. Nach langer Diskussion erwärmte sich die SPD bei der jüngsten BA-Sitzung des Bezirksausschusses Schwanthalerhöhe (BA) für den Grünen-Antrag, die Ausbauvariante für den Südring prüfen zu lassen. Die CSU-Fraktion hatte sich beim Für und Wider zum Südring bekannt. „Was bringt das für unsere Bürger?“, fragte Thomas Hofstätter, ihr Vorsitzender, und stellte fest: „Der zweite Tunnelstrang bringt nur Verschlechterungen. Eine S-Bahn, die nicht bei uns hält, bringt nichts.“
Detailliert hatte Myriam Schippers, Vorsitzende des Verkehrsausschusses im BA 8, ihren BA-Kollegen die Schwachpunkte eines Ausbaus der Stammstrecke vor Augen geführt. Die angepeilte Verwirklichung im Jahr 2022 komme viel zu spät, trug sie vor. Die geschätzten Kosten für das Projekt in Höhe von 1,6 Milliarden Euro seien durch die bis dahin zu erwartenden Preissteigerungen nicht zu halten. Realistischer sei ein Betrag von 2,5 Milliarden Euro. Das vorgesehene Ausdünnen des Netzes betreffe den Stadtteil direkt. Beim Innenstadttunnel seien von den ursprünglich geplanten Stationen nur die am Hauptbahnhof und am Marienhof übrig geblieben. Schippers: „Wir wären benachteiligt, weil die Bahn an unserem Stadtteil vorbeifährt.“
Die geplante neue S-Bahn-Stammstrecke – sie soll die überlastete und störanfällige Stammstrecke entlasten – würde parallel zur bestehenden von Laim bis zum Ostbahnhof beziehungsweise zum Leuchtenbergring verlaufen. Am Marienhof und am Hauptbahnhof ist je eine neue Haltestelle vorgesehen. Weil der Untergrund in München sehr dicht bebaut ist, werden die U-Bahn-Stationen in rund 40 Meter Tiefe errichtet. Das ist für die Grüne der Nachteil, der am stärksten ins Gewicht fällt. In Zeiten, in denen mit Terroranschlägen gerechnet werden müsse, gebe es für einen Tunnel in 42 Meter Tiefe kein wirklich greifendes Sicherheitskonzept. Schon ein Brand könne zu einer Katastrophe führen, warnt Schippers. Der S-Bahn-Südring könne das vorhandene Streckennetz nutzen, er führe in einem weiten Bogen südlich der S-Bahn-Stammstrecke von Laim über den Heimeranplatz, die Poccistraße, den Kolumbusplatz zum Ostbahnhof und zum Leuchtenbergring. Die Vorteile dieses Weges liegen für die Grüne auf der Hand. Schippers: „Weil bestehende Gleisnetze genutzt werden, wäre er mit rund 400 Millionen Euro wesentlich kostengünstiger.” Er verbessere den Nahverkehr und entlaste alle Münchner schneller als die geplante Strecke.
Das so freigewordene Geld könne in längst fällige Infrastrukturmaßnahmen sowie in den Ausbau bereits bestehender Haltestellen investiert werden. Der BA 8 will seit langem, dass die Haltestelle Donnersberger Brücke ausgebaut und ein Zugang geschaffen wird, der Behinderten gerecht wird. Überdies könne die Station am Heimeranplatz endlich durch Schallschutzwände aufgewertet werden. Angesichts der erwarteten steigenden Fahrgastzahlen im Zusammenhang mit dem Bau der ADAC-Zentrale an der Garmischer Straße müsse die Station auf diese neuen Bedürfnisse ausgerichtet werden. Gleichzeitig fordert der BA, die Stadt solle sich für eine ständige Weiterführung der U-Bahn-Linie 4 bis zur Endhaltestelle Laimer Platz einsetzen und die U 5 müsse spätestens bis zum Jahr 2018 nach Pasing verlängert werden.
Immer mehr Bezirksausschüsse wollen einen aktuellen Vergleich zwischen S-Bahn-Südring und dem Ausbau der Stammstrecke. Sie folgen damit einer Forderung der Grünen und der Rosa Liste im Stadtrat, die sich erneut dafür ausgesprochen haben, den S-Bahn-Südring als Alternative zum zweiten S-Bahn-Tunnel zu untersuchen. Die deutlich erkennbaren Vorteile des Südrings und die zustimmende Haltung vieler betroffener BAs, mache es zum Gebot der Vernunft, sich mit den Chancen und Risiken beider Projekte auseinanderzusetzen, so Grünen-Stadtrat Paul Bickelbacher. Endgültige Klarheit soll ein „Expertenhearing” im März bringen.