Laim ohne Hertie wäre wie München ohne Viktualienmarkt. So wie der Markt Kunden und Touristen geradezu magnetisch anzieht, so ist das Laimer Warenhaus an der Fürstenrieder Straße das Ziel für diejenigen Laimerinnen und Laimer, die Dinge des täglichen Bedarfs und allerlei andere Angebote brauchen und die nicht immer die Zeit haben, dafür weite Wege zurücklegen. Das sehen nicht nur die potentiellen Kunden so. Auch andere Einzelhändler, die sich an der Fürstenrieder Straße um die Gunst von Verbraucherinnen und Verbrauchern bemühen, fürchten zurzeit, diese Einkaufsmeile verlöre ihre Attraktivität, sollte es das Kaufhaus demnächst nicht mehr geben. Deswegen forderte die „aktive Laimer Geschäftswelt“ gemeinsam mit dem Werbe-Spiegel-Verlag mit einer Unterschriftenaktion „Rettet unser Warenhaus in Laim“. Die Aktion soll helfen, Hertie in Laim „zur Sicherung einer gesunden Infrastruktur und Rundumversorgung der Laimer Bevölkerung“ zu erhalten.
Genau das hat auch der Bezirksausschuss Laim (BA 25) im Sinn. Er kämpft dafür, dass das im Zentrum des Viertels angesiedelte Kaufhaus – es versorgt 50.000 Einwohner – bestehen bleibt, sodass die Einkaufsstraße nicht noch weiter verödet als das jetzt bereits der Fall ist. In einem Dringlichkeitsantrag fordert das Lokalparlament die Landeshauptstadt München auf, sich in die Diskussion um die Zukunft der Hertie-Immobilie an der Fürstenrieder Straße 51 einzuschalten. Der BA verweist in diesem Zusammenhang auf Medienberichte, wonach das Gebäude mittlerweile verkauft worden sein soll. Es bestehe also die akute Gefahr, dass das Kaufhaus seine Tore schließen müsse. Alle Fraktionen des BA sind sich einig: „Ein Fall wie der des Beck-Hauses an solch prominenter und sensibler Stelle darf sich nicht wiederholen.“ Hertie habe eine prägende Funktion im Mittelpunkt des Stadtteils. Das Kaufhaus sei ein Kristallisationspunkt für das Quartier.
Die Ruine des ehemaligen Beck-Hauses, das seit Jahren leer stand – zurzeit wird an dem Gebäude wieder gearbeitet – steht dem Bezirksausschuss als abschreckendes Beispiel vor Augen. „Seit mehr als 20 Jahren erwarten wir für das Haus eine Lösung“, trug die SPD-Fraktionsvorsitzende Martha Mertens vor. Das Lokalparlament müsse im Fall Hertie rechtzeitig darüber informiert werden, wie sich die Dinge entwickeln und überdies in die Diskussion über das Schicksal des Hauses eingebunden werden, heißt es in dem Antrag der SPD-Fraktion. Mertens: „Es sieht nicht gut aus für das Kaufhaus Hertie. Wir wollen wissen, was da passiert und nicht überrascht werden“, begründete sie die Forderung an die Stadt. Zweifel daran, dass die Stadt etwas bewirken könne, äußerte Peter Stöckle, Vorsitzender der CSU-Fraktion, gegenüber Mertens. „Ihr Optimismus in Ehren. Wir stimmen trotzdem zu.“
Die Hertie-Filialen in Laim und Giesing seien bereits veräußert worden, also werde Hertie über „kurz oder lang“ aus Laim verschwinden, fürchtet der Fraktionssprecher der Grünen, Ingo Benn. Und schlägt vor: „Wir sollten versuchen, über die Stadt mit dem Projektentwickler in Kontakt zu treten. Es wäre allzu schade, wenn wir die Gelegenheit verstreichen ließen, etwas zu erreichen.“
„Der Betrieb läuft uneingeschränkt weiter“, erklärt der Pressesprecher von Hertie in Essen, Wolfgang Weber-Thedy. Das gelte auch für die Münchner Filialen in Laim und Giesing. Dass das Insolvenzverfahren für die 54 verbliebenen Hertie-Häuser eröffnet worden sei, habe keinen Einfluss auf den Geschäftsbetrieb, so Weber-Thedy. „Das ist nichts Besonderes.“ Das Schicksal der Warenhauskette und ihrer Mitarbeiter, so der Hertie-Sprecher, werde sich voraussichtlich noch in diesem Monat klären. Weber-Thedy: „Wir verhandeln mit verschiedenen Investorengruppen. Entscheidend wird dabei sein, ob die Miete der Hertie-Häuser einem marktüblichen Niveau angepasst werden kann.“ Bisher habe es jedoch mit dem bestimmenden Hertie-Gesellschafter, dem britischen Finanzinvestor Dawnay Day, der ebenfalls insolvent sei, keine Verständigung auf einen angemessenen Mietzins gegeben.
Völlig neue Pläne verfolgen die Development Partner AG in Düsseldorf und die Münchner Bucher Properties GmbH mit dem Erwerb der Hertie-Immobilien in Laim und in Giesing. Ralf Bettges, Sprecher der gemeinsamen Projektentwicklungs-Gesellschaft, bestätigt: „Wir wollen die Immobilien neu entwickeln.“ Für die Gebäude an der Fürstenrieder Straße und an der Tegernseer Landstraße bedeutet das den Abriss. Bettges: „Sie sind unattraktiv und haben keinen optischen Wert.“ Zudem seien sie funktional nicht auf dem Stand, der heute bei einem modernen Kaufhaus erwartet werde. Was soll stattdessen kommen? Bettges: „Das wird Einzelhandel werden. Das ist unser Kerngeschäft.“ Zunächst sei jedoch der Insolvenzverwalter am Zug. Bettges: „Weil wir noch nicht ins Grundbuch eingetragen sind, wissen wir immer noch nicht, ob wir eine Immobilie mit oder ohne Mietvertrag gekauft haben. Wir sind noch nicht Eigentümer.“ Erst wenn fest stehe, dass der Mietvertrag mit Hertie nichtig sei, könne konkret geplant werden.