Veröffentlicht am 28.07.2009 14:27

„Es muss ein Umdenken in Sachen Kinderbetreuung geben”

Wie viel Geld ist der Gesellschaft die Betreuung ihrer Kinder wert? (Foto: pixelio.de)
Wie viel Geld ist der Gesellschaft die Betreuung ihrer Kinder wert? (Foto: pixelio.de)
Wie viel Geld ist der Gesellschaft die Betreuung ihrer Kinder wert? (Foto: pixelio.de)
Wie viel Geld ist der Gesellschaft die Betreuung ihrer Kinder wert? (Foto: pixelio.de)
Wie viel Geld ist der Gesellschaft die Betreuung ihrer Kinder wert? (Foto: pixelio.de)

Der Tarifstreit für Erzieherinnen an kommunalen Kindertagesstätten ist beendet. „Das Verhandlungsergebnis, welches zwischen GEW, ver.di und der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) erzielt wurde, ist ein akzeptables Ergebnis, vor allem gemessen an den monatelangen harten Auseinandersetzungen mit der Arbeitgeberseite“, so die Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Bayern, Angelika Neubäcker. Ersten Erläuterungen des GEW-Verhandlungsteams zufolge werden die Gehälter der Erzieherinnen und Erzieher auf lange Frist betrachtet angehoben, für viele sogar deutlich. Es werden neue Entgeltgruppen für die Berufe des Sozial- und Erziehungsdienstes eingeführt.

„Die sozialpädagogischen Berufe konnten – wenn auch nicht im erforderlichen Maß – aufgewertet werden. In der Einschätzung der gesellschaftlichen Bedeutung und der Belastung in sozialpädagogischen Tätigkeiten scheint es eine starke Diskrepanz zwischen Gewerkschaften und Arbeitgeberseite zu geben“, so Neubäcker.

Die Urabstimmung findet in der Zeit bis zum 14. August statt. Gewerkschaften und Arbeitgeber haben eine Erklärungsfrist für den 21. August vereinbart. Sollten alle Seiten dem Verhandlungsergebnis zustimmen, tritt der Tarifvertrag zum 1. November in Kraft.

„Politischer Offenbarungseid”

Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags, Stephan Articus, hat in der Presse geäußert, eine bessere Entlohnung für die Erzieherinnen und ein gleichzeitiger Ausbau der Kinderbetreuung sei für viele Kommunen nicht bezahlbar. „Dies ist ein politischer Offenbarungseid allererster Güte“, wettert Jan-Ulrich Bittlinger, Pressesprecher des vor kurzem in München gegründeten Lobbyverbands von Eltern „Initiative Eltern für gute Kinderbetreuung”. Nicht die gerechtere Bezahlung von Erzieherinnen und Erziehern sei das Problem, sondern die Ignoranz der Politik, mehr Geld für Kinderbetreuung zur Verfügung zu stellen. „Wer Milliarden für Bankenrettungen, Abwrackprämie und Konjunkturpakete hat, muss eben auch Millionen für Kinderbetreuung zur Verfügung haben“, sagt Nina Landhofer, Vorsitzende der Initiative „Eltern für gute Kinderbetreuung“.

Die Münchner Eltern-Initiative stellt ernüchtert fest, dass die Politik immer noch nicht kapiert habe, dass es in Deutschland ein Umdenken in Sachen Kinderbetreuung geben muss. „Elterngeld alleine reicht nicht aus, um die Geburtenrate zu erhöhen“, sagt Jan-Ulrich Bittlinger. Nur wenn die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gewährleistet sei und vor allem, wenn die Eltern sich sicher sein könnten, dass sie ihre Kinder in qualifizierte Betreuungseinrichtungen geben, werde es auch mehr Kinder in Deutschland geben, ist sich Bittlinger sicher.

„Kein Personalabbau”

Die Initiative „Eltern für gute Kinderbetreuung“ gründete sich Ende Juni 2009. Bereits innerhalb weniger Wochen zählt die Initiative über 400 Unterstützer. Zu den Forderungen der Initiative zählen der Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen, kein Personalabbau bei Krippen, Kindergärten und Horten, eine bessere Bezahlung des Betreuungspersonals, die Beibehaltung und Ausbau der Frischküche in Kinderbetreuungseinrichtungen sowie die Weiterentwicklung und Anpassung der Qualitätsstandards auf Grundlage neuester Forschungsergebnisse.

Vorige Woche hat die Initiative eine neue Protest-Aktion gegen die schlechte Finanzausstattung von Kinderbetreuungseinrichtungen gestartet. Alle Unterstützer der Elterninitiative sind aufgefordert, einen Protestbrief an Oberbürgermeister Christian Ude und an Ministerpräsident Horst Seehofer zu schreiben. Damit soll erreicht werden, dass sich Ude und Seehofer auf Bundes- und Landesebene für mehr Geld für gute Kinderbetreuung einsetzen.

„Ja, der Streik schmerzt uns gewaltig! Aber nicht nur, weil wir uns schon seit Wochen immer wieder nach alternativen Betreuungsmöglichkeiten umsehen müssen, sondern weil wir begreifen, dass den bayerischen Landes- und Kommunalpolitikern eine gute Kinderbetreuung völlig egal ist”, heißt es im Protestbrief an Oberbürgermeister Ude.

Die neu gegründete Elterninitiative versteht sich als erster landesweiter Lobbyverband für Eltern. Im Protestbrief an Ministerpräsident Seehofer fordert die Initiative mehr Geld für gute Kinderbetreuung: „Herr Seehofer! Wo ist das Geld hingegangen, das der Bund dem Freistaat Bayern und vor allem den Kommunen für den schnellen Ausbau der Kinderbetreuung gegeben hat? Wo ist Ihr deutlicher Beitrag, dass Kinder in einem der reichsten Bundesländer einen Stellenwert haben? Wo spiegelt sich Ihr Beitrag im Bayerischen Haushalt?”

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