Sie kommen entweder mit ihren Familien oder als „unbegleitete Minderjährige” nach Deutschland — und viele von ihnen sprechen bei ihrer Ankunft kein Wort Deutsch. Als Monika Schulte-Rentrop, Lehrerin an der Winthirschule, vor drei Jahren erstmals eine der Übergangsklassen übernahm, mit denen die Kinder ins deutsche Schulsystem eingegliedert werden sollen, merkte sie sehr schnell, dass es für ihre Schützlinge nicht nur wichtig ist, die Sprache zu erlernen und sich in die einzelnen Fächer einzuarbeiten, sondern dass sie individuelle Förderung und vor allem Zuwendung benötigen. Drei Übergangsklassen (jeweils eine 5./7. und 8 Klasse) und zwei Sprachlernklassen existieren an der Hauptschule am Winthirplatz.
Die Übersiedlung finde oft unter schwierigen Umständen statt. Die Eltern verstünden kein Deutsch und seien bisweilen sogar Analphabeten. Die Familien seien stark patriarchalisch geprägt und meist seien viele Geschwister vorhanden. In den Übergangsklassen, in denen nur ausländische Kinder aufeinander treffen, entstehe leicht eine Art Ghetto, fasst Monika Schulte-Rentrop die Situation vieler junger Migranten zusammen. „Die Kinder müssen es ausbaden”, sagt sie und meint die häuslichen Schwierigkeiten der Kinder zum einen und die Unzulänglichkeiten des Schulsystems zum anderen.
Aus diesen Erfahrungen heraus fragte die Lehrerin in ihrem Bekanntenkreis an, ob es möglich sei, jeweils eines der Kinder zu unterstützen. Und so entstand in Privatinitiative ein Patenschaftsprojekt. „Anfangs hatte ich zehn Paten”, erinnert sich Schulte-Rentrop. Im Moment sind es knapp 20, von denen 15 im Einsatz sind.”
Jeder der Paten unterstützt ein Kind, trifft sich einmal in der Woche mit ihm, sei es in der Lernwerkstatt der Schule oder zu einem Ausflug. „Der Pate macht das, was sich für das Kind im Moment als wichtig erweist — das kann Lernen sein, aber es kann sich auch ganz einfach darum handeln, erst einmal das Schweigen zu brechen. „Ich habe Kinder erlebt, die monatelang nichts sagten”, erklärt Monika Schulte-Rentrop. „Ziel ist dann, dass sich die Kinder in entspannter Atmosphäre zu sprechen trauen.” Ein Besuch im Zoo oder ein anderer Ausflug kann so ein Auslöser sein.
Monika Schulte-Rentrop hat die Schüler und die zu ihnen passenden Paten bislang immer selbst zusammengeführt. In das erste Treffen sind auch die Eltern der Kinder eingebunden.
Es sei nicht immer einfach, den richtigen Paten für das jeweilige Kind zu finden, gibt die Initiatorin des Projekts zu. „Manchmal stellt sich der richtige Draht einfach nicht ein.” Bislang sei es ihr aber bis auf wenige Ausnahmen immer geglückt. Sie erzählt von einer pensionierten Lehrerin, die zwei Jahre lang sogar mehrmals in der Woche mit zwei irakischen Mädchen gelernt und diese „alphabetisiert” hat. „Das war ein großer Glücksfall”, betont sie. Eine andere Patin hat ein unbegleitetes vietnamesisches Mädchen sogar in ihre Familie integriert und ihr den Übergang zum Gymnasium ermöglicht. Andererseits musste ein weiterer Pate den Kontakt zu seinem Schützling abbrechen — er war ihm schon zu sehr ans Herz gewachsen und eine Einbindung in die Familie nicht möglich.
„Es soll keine Dauerbegleitung sein, sondern Hilfe zur Selbsthilfe”, umreißt Monika Schulte-Rentrop den Patenschaftsgedanken. „Die Verpflichtung für einen Paten läuft ein halbes Jahr und kann optional verlängert werden.” Die meisten Patenkinder sind in der Übergangsklasse 5, einige wenige in der Ü7. „Die älteren Kinder haben oft schon eine gewisse Stabilität erreicht.” Dreimal im Jahr trifft sie sich mit allen Paten, zweimal im Jahr gibt es ein Schüler- und Patenfest, das meist im Rahmen eines Klassenfestes stattfindet.
Jetzt will Monika Schulte-Rentrop das Projekt auch auf andere Schulen mit Übergangsklassen ausdehnen. Zu diesem Zweck wird gerade ein gemeinnütziger Verein mit dem beziehungsreichen Namen „mitSprache” gegründet. Dafür sind natürlich auch neue Paten nötig. Die Kontaktlehrer an den jeweiligen Schulen sollen diese dann mit den „Patenkindern” zusammenbringen. Ziel des Vereins ist es unter anderem auch, den Paten Fortbildungen zum Thema Spracherwerb und Kulturstandards zu ermöglichen, um so die Kompetenzen zu erweitern. Interessierte Mitbürger, die sich ehrenamtlich als Pate oder anderweitig im neuen Verein engagieren wollen, können mit Monika Schulte-Rentrop unter M.Schulte-Rentrop@gmx, Betreff Patenschaft, Kontakt aufnehmen.